Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.1 Kap. Die Nervenkräfte überhaupt. die daraus folgenden thierischen Bewegungen ihrer mecha-nischen Maschinen so wenig in ihrer Gewalt und in ihrem Belieben haben, daß sie dieselben stets einerley bleiben, und auf einerley Weise erfolgen lassen müssen, es möchte ihnen nun heilsam oder schädlich seyn. Bey denkenden Thieren hingegen bringt jede äußere Empfindung, vermöge einer Reihe dadurch veranlaßter, aber von ihnen doch willkühr- lich, wenigstens eigenmächtig beygeselleter Nebenvorstel- lungen, eine Menge neuer thierischer Bewegungen hervor, die aus dem unempfundenen äußern sinnlichen Eindrucke nicht in dieser Verbindung, und vielleicht gar nicht gefol- get seyn würden, und die also blos die Vorstellungskraft allein zwingt, ihr zu folgen, es mag nun die Seele nach Absichten, oder doch eigenmächtig handeln. Ob nun gleich die Natur bey hirnlosen Thieren das, was ihnen an den eigenmächtigen und willkührlichen Vorstellungen zur eignen Besorgung ihrer Wohlfahrt abgeht, durch die natürlich nothwendigen Folgen der blos sinnlichen Eindrücke noth- dürftig ersetzet hat, wie solches bey den natürlichen Trieben besonders in die Augen fällt, §. 266. so mußte sie doch andern, die eigenmächtig und willkührlich handeln und weit mehrerer thierischer Bewegungskräfte fähig seyn, oder sie eigenmächtig in Wirkung setzen sollten, die Fähigkeit dazu dadurch ertheilen, daß sie die äußern sinnlichen Ein- drücke zugleich empfinden, und diesen Empfindungen gemäß handeln konnten. Vergl. §. 184. N. 2. §. 371. Mit den innern sinnlichen Eindrücken hat es eben die- her
1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt. die daraus folgenden thieriſchen Bewegungen ihrer mecha-niſchen Maſchinen ſo wenig in ihrer Gewalt und in ihrem Belieben haben, daß ſie dieſelben ſtets einerley bleiben, und auf einerley Weiſe erfolgen laſſen muͤſſen, es moͤchte ihnen nun heilſam oder ſchaͤdlich ſeyn. Bey denkenden Thieren hingegen bringt jede aͤußere Empfindung, vermoͤge einer Reihe dadurch veranlaßter, aber von ihnen doch willkuͤhr- lich, wenigſtens eigenmaͤchtig beygeſelleter Nebenvorſtel- lungen, eine Menge neuer thieriſcher Bewegungen hervor, die aus dem unempfundenen aͤußern ſinnlichen Eindrucke nicht in dieſer Verbindung, und vielleicht gar nicht gefol- get ſeyn wuͤrden, und die alſo blos die Vorſtellungskraft allein zwingt, ihr zu folgen, es mag nun die Seele nach Abſichten, oder doch eigenmaͤchtig handeln. Ob nun gleich die Natur bey hirnloſen Thieren das, was ihnen an den eigenmaͤchtigen und willkuͤhrlichen Vorſtellungen zur eignen Beſorgung ihrer Wohlfahrt abgeht, durch die natuͤrlich nothwendigen Folgen der blos ſinnlichen Eindruͤcke noth- duͤrftig erſetzet hat, wie ſolches bey den natuͤrlichen Trieben beſonders in die Augen faͤllt, §. 266. ſo mußte ſie doch andern, die eigenmaͤchtig und willkuͤhrlich handeln und weit mehrerer thieriſcher Bewegungskraͤfte faͤhig ſeyn, oder ſie eigenmaͤchtig in Wirkung ſetzen ſollten, die Faͤhigkeit dazu dadurch ertheilen, daß ſie die aͤußern ſinnlichen Ein- druͤcke zugleich empfinden, und dieſen Empfindungen gemaͤß handeln konnten. Vergl. §. 184. N. 2. §. 371. Mit den innern ſinnlichen Eindruͤcken hat es eben die- her
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1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
die daraus folgenden thieriſchen Bewegungen ihrer mecha-
niſchen Maſchinen ſo wenig in ihrer Gewalt und in ihrem
Belieben haben, daß ſie dieſelben ſtets einerley bleiben, und
auf einerley Weiſe erfolgen laſſen muͤſſen, es moͤchte ihnen
nun heilſam oder ſchaͤdlich ſeyn. Bey denkenden Thieren
hingegen bringt jede aͤußere Empfindung, vermoͤge einer
Reihe dadurch veranlaßter, aber von ihnen doch willkuͤhr-
lich, wenigſtens eigenmaͤchtig beygeſelleter Nebenvorſtel-
lungen, eine Menge neuer thieriſcher Bewegungen hervor,
die aus dem unempfundenen aͤußern ſinnlichen Eindrucke
nicht in dieſer Verbindung, und vielleicht gar nicht gefol-
get ſeyn wuͤrden, und die alſo blos die Vorſtellungskraft
allein zwingt, ihr zu folgen, es mag nun die Seele nach
Abſichten, oder doch eigenmaͤchtig handeln. Ob nun gleich
die Natur bey hirnloſen Thieren das, was ihnen an den
eigenmaͤchtigen und willkuͤhrlichen Vorſtellungen zur eignen
Beſorgung ihrer Wohlfahrt abgeht, durch die natuͤrlich
nothwendigen Folgen der blos ſinnlichen Eindruͤcke noth-
duͤrftig erſetzet hat, wie ſolches bey den natuͤrlichen Trieben
beſonders in die Augen faͤllt, §. 266. ſo mußte ſie doch
andern, die eigenmaͤchtig und willkuͤhrlich handeln und
weit mehrerer thieriſcher Bewegungskraͤfte faͤhig ſeyn, oder
ſie eigenmaͤchtig in Wirkung ſetzen ſollten, die Faͤhigkeit
dazu dadurch ertheilen, daß ſie die aͤußern ſinnlichen Ein-
druͤcke zugleich empfinden, und dieſen Empfindungen gemaͤß
handeln konnten. Vergl. §. 184. N. 2.
§. 371.
Mit den innern ſinnlichen Eindruͤcken hat es eben die-
ſelbe Bewandtniß. Denn wenn ſie nicht von Vorſtellun-
gen gewirket werden, ſo entſtehen ſie auf eine natuͤrlich
nothwendige Weiſe, aus blos thieriſchen Reizen des Ner-
venmarks im Urſprunge, oder in den Staͤmmen der Ner-
ven, und eben ſo folgen in den mechaniſchen Maſchinen aus
ihnen die Nervenwirkungen natuͤrlich nothwendig, entwe-
der indem ein blos phyſiſcher Einfluß die Nerven von oben
her
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