sie hervorzubringen im Stande seyn, in so fern er entweder vorgestellet, (empfunden) wird, oder in so fern ihn Vor- stellungen gemachet haben. §. 362.
3. Wenn eine Seelenwirkung zugleich eine Nervenwir- kung seyn soll, so muß sie der sinnliche Eindruck auf beyder- ley Weise wirken können. §. 364. N. 1. 2.
§. 366.
Da die Nerven- und Seelenwirkungen einerley thieri- sche Bewegungen von sinnlichen Eindrücken in die Nerven, und nur darinn verschieden sind, daß von diesen die sinn- lichen Eindrücke entweder vorgestellet werden, oder von Vorstellungen herrühren, die von jenen aber nicht; §. 193. 364. N. 3. so ist es schlechterdings möglich, daß in einem Thiere alle thierische Bewegungen, die in einem andern entweder nur Seelenwirkungen allein, oder Seelen- und Nervenwirkungen zugleich sind, bloße Nervenwirkungen von den sinnlichen Eindrücken allein wären; so daß seine äußern sinnlichen Eindrücke nie empfunden, und seine in- nern nie von Vorstellungen, sondern von andern Reizen hervorgebracht würden, und das Thier solchergestalt zu allen seinen thierischen Handlungen weder materielle Jdeen, noch ein beseeltes Gehirn, weder Vorstellungen, noch Seele bedürfte. Dieser Fall scheint aller Wahrscheinlichkeit nach, in der Natur bey allen solchen Thieren wirklich Statt zu finden, die gar kein Gehirn, aber nervenartige Faden ha- ben, die sinnlicher Eindrücke fähig sind, wie z. E. die Po- lypen, deren Nerven sich in keinem Gehirne versammlen, sondern nur in viele Knoten verwebet sind. Bey Thieren, die ein beseeltes Gehirn haben, geht jeder äußere sinnliche Eindruck, der empfunden wird, gerade fort ins Gehirn und erreget darinn eine materielle Jdee und in der Seele eine Vorstellung. §. 35. Hier im Gehirne aber wird er umgewendet, oder gleichsam reflektiret, und geht, als in- nerer sinnlicher Eindruck von der Vorstellung, in denjeni- gen Nervenfaden zurück, die das Glied bewegen, welches
dieser
II Th. Nervenkraͤfte.
ſie hervorzubringen im Stande ſeyn, in ſo fern er entweder vorgeſtellet, (empfunden) wird, oder in ſo fern ihn Vor- ſtellungen gemachet haben. §. 362.
3. Wenn eine Seelenwirkung zugleich eine Nervenwir- kung ſeyn ſoll, ſo muß ſie der ſinnliche Eindruck auf beyder- ley Weiſe wirken koͤnnen. §. 364. N. 1. 2.
§. 366.
Da die Nerven- und Seelenwirkungen einerley thieri- ſche Bewegungen von ſinnlichen Eindruͤcken in die Nerven, und nur darinn verſchieden ſind, daß von dieſen die ſinn- lichen Eindruͤcke entweder vorgeſtellet werden, oder von Vorſtellungen herruͤhren, die von jenen aber nicht; §. 193. 364. N. 3. ſo iſt es ſchlechterdings moͤglich, daß in einem Thiere alle thieriſche Bewegungen, die in einem andern entweder nur Seelenwirkungen allein, oder Seelen- und Nervenwirkungen zugleich ſind, bloße Nervenwirkungen von den ſinnlichen Eindruͤcken allein waͤren; ſo daß ſeine aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke nie empfunden, und ſeine in- nern nie von Vorſtellungen, ſondern von andern Reizen hervorgebracht wuͤrden, und das Thier ſolchergeſtalt zu allen ſeinen thieriſchen Handlungen weder materielle Jdeen, noch ein beſeeltes Gehirn, weder Vorſtellungen, noch Seele beduͤrfte. Dieſer Fall ſcheint aller Wahrſcheinlichkeit nach, in der Natur bey allen ſolchen Thieren wirklich Statt zu finden, die gar kein Gehirn, aber nervenartige Faden ha- ben, die ſinnlicher Eindruͤcke faͤhig ſind, wie z. E. die Po- lypen, deren Nerven ſich in keinem Gehirne verſammlen, ſondern nur in viele Knoten verwebet ſind. Bey Thieren, die ein beſeeltes Gehirn haben, geht jeder aͤußere ſinnliche Eindruck, der empfunden wird, gerade fort ins Gehirn und erreget darinn eine materielle Jdee und in der Seele eine Vorſtellung. §. 35. Hier im Gehirne aber wird er umgewendet, oder gleichſam reflektiret, und geht, als in- nerer ſinnlicher Eindruck von der Vorſtellung, in denjeni- gen Nervenfaden zuruͤck, die das Glied bewegen, welches
dieſer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><list><item><pbfacs="#f0384"n="360"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II</hi> Th. Nervenkraͤfte.</hi></fw><lb/>ſie hervorzubringen im Stande ſeyn, in ſo fern er entweder<lb/>
vorgeſtellet, (empfunden) wird, oder in ſo fern ihn Vor-<lb/>ſtellungen gemachet haben. §. 362.</item><lb/><item>3. Wenn eine Seelenwirkung zugleich eine Nervenwir-<lb/>
kung ſeyn ſoll, ſo muß ſie der ſinnliche Eindruck auf beyder-<lb/>
ley Weiſe wirken koͤnnen. §. 364. <hirendition="#aq">N.</hi> 1. 2.</item></list></div><lb/><divn="3"><head>§. 366.</head><lb/><p>Da die Nerven- und Seelenwirkungen einerley thieri-<lb/>ſche Bewegungen von ſinnlichen Eindruͤcken in die Nerven,<lb/>
und nur darinn verſchieden ſind, daß von dieſen die ſinn-<lb/>
lichen Eindruͤcke entweder vorgeſtellet werden, oder von<lb/>
Vorſtellungen herruͤhren, die von jenen aber nicht; §. 193.<lb/>
364. <hirendition="#aq">N.</hi> 3. ſo iſt es ſchlechterdings moͤglich, daß in einem<lb/>
Thiere alle thieriſche Bewegungen, die in einem andern<lb/>
entweder nur Seelenwirkungen allein, oder Seelen- und<lb/>
Nervenwirkungen zugleich ſind, bloße Nervenwirkungen<lb/>
von den ſinnlichen Eindruͤcken allein waͤren; ſo daß ſeine<lb/>
aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke nie empfunden, und ſeine in-<lb/>
nern nie von Vorſtellungen, ſondern von andern Reizen<lb/>
hervorgebracht wuͤrden, und das Thier ſolchergeſtalt zu<lb/>
allen ſeinen thieriſchen Handlungen weder materielle Jdeen,<lb/>
noch ein beſeeltes Gehirn, weder Vorſtellungen, noch Seele<lb/>
beduͤrfte. Dieſer Fall ſcheint aller Wahrſcheinlichkeit nach,<lb/>
in der Natur bey allen ſolchen Thieren wirklich Statt zu<lb/>
finden, die gar kein Gehirn, aber nervenartige Faden ha-<lb/>
ben, die ſinnlicher Eindruͤcke faͤhig ſind, wie z. E. die Po-<lb/>
lypen, deren Nerven ſich in keinem Gehirne verſammlen,<lb/>ſondern nur in viele Knoten verwebet ſind. Bey Thieren,<lb/>
die ein beſeeltes Gehirn haben, geht jeder aͤußere ſinnliche<lb/>
Eindruck, der empfunden wird, gerade fort ins Gehirn<lb/>
und erreget darinn eine materielle Jdee und in der Seele<lb/>
eine Vorſtellung. §. 35. Hier im Gehirne aber wird er<lb/>
umgewendet, oder gleichſam reflektiret, und geht, als in-<lb/>
nerer ſinnlicher Eindruck von der Vorſtellung, in denjeni-<lb/>
gen Nervenfaden zuruͤck, die das Glied bewegen, welches<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dieſer</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[360/0384]
II Th. Nervenkraͤfte.
ſie hervorzubringen im Stande ſeyn, in ſo fern er entweder
vorgeſtellet, (empfunden) wird, oder in ſo fern ihn Vor-
ſtellungen gemachet haben. §. 362.
3. Wenn eine Seelenwirkung zugleich eine Nervenwir-
kung ſeyn ſoll, ſo muß ſie der ſinnliche Eindruck auf beyder-
ley Weiſe wirken koͤnnen. §. 364. N. 1. 2.
§. 366.
Da die Nerven- und Seelenwirkungen einerley thieri-
ſche Bewegungen von ſinnlichen Eindruͤcken in die Nerven,
und nur darinn verſchieden ſind, daß von dieſen die ſinn-
lichen Eindruͤcke entweder vorgeſtellet werden, oder von
Vorſtellungen herruͤhren, die von jenen aber nicht; §. 193.
364. N. 3. ſo iſt es ſchlechterdings moͤglich, daß in einem
Thiere alle thieriſche Bewegungen, die in einem andern
entweder nur Seelenwirkungen allein, oder Seelen- und
Nervenwirkungen zugleich ſind, bloße Nervenwirkungen
von den ſinnlichen Eindruͤcken allein waͤren; ſo daß ſeine
aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke nie empfunden, und ſeine in-
nern nie von Vorſtellungen, ſondern von andern Reizen
hervorgebracht wuͤrden, und das Thier ſolchergeſtalt zu
allen ſeinen thieriſchen Handlungen weder materielle Jdeen,
noch ein beſeeltes Gehirn, weder Vorſtellungen, noch Seele
beduͤrfte. Dieſer Fall ſcheint aller Wahrſcheinlichkeit nach,
in der Natur bey allen ſolchen Thieren wirklich Statt zu
finden, die gar kein Gehirn, aber nervenartige Faden ha-
ben, die ſinnlicher Eindruͤcke faͤhig ſind, wie z. E. die Po-
lypen, deren Nerven ſich in keinem Gehirne verſammlen,
ſondern nur in viele Knoten verwebet ſind. Bey Thieren,
die ein beſeeltes Gehirn haben, geht jeder aͤußere ſinnliche
Eindruck, der empfunden wird, gerade fort ins Gehirn
und erreget darinn eine materielle Jdee und in der Seele
eine Vorſtellung. §. 35. Hier im Gehirne aber wird er
umgewendet, oder gleichſam reflektiret, und geht, als in-
nerer ſinnlicher Eindruck von der Vorſtellung, in denjeni-
gen Nervenfaden zuruͤck, die das Glied bewegen, welches
dieſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/384>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.