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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenkräfte.
Seele durch die materiellen Jdeen. §. 359. Diese
Bewegungen sind thierisch: denn sie lassen sich gar nicht
aus physischen und mechanischen Gesetzen erklären. §. 121.
H. P. 412. Sie erfolgen nicht nothwendig mit den Vor-
stellungen der Seele übereinstimmend, weil der innere sinn-
liche Eindruck, der sie wirket, gar keine materielle Jdee zu
seyn brauchet, und es keinesweges nöthig ist, daß Vorstel-
lungen ihn erregen. Sie sind in so fern auch keine See-
lenwirkungen, §. 123. ob sie es gleich im natürlichen Zu-
stande zugleich seyn können, und oft sind. §. 183. Also
sind es Nervenwirkungen von der Nervenkraft des innern
sinnlichen Eindrucks, §. 353. die dieser im Körper für
sich hervorbringt, ob sie gleich eine Vorstellung der Seele
entweder zugleich mit, oder nicht mitwirket.

§. 361.

Aus diesen beyden Hauptgrundsätzen §. 358. 360. fol-
get die in der Physiologie der thierischen Natur unumstöß-
liche Wahrheit: daß die thierischen Maschinen nicht
blos das Vermögen haben, und nicht blos von der
Natur dazu bestimmet sind, die äußern sinnlichen
Eindrücke zum Gehirn zu führen, um daselbst ma-
terielle Jdeen zu Empfindungen zu erregen, und
alle ihre innern sinnlichen Eindrücke nur von Vor-
stellungen zu empfangen: sondern daß sie auch noch
ein ganz andres Vermögen besitzen, und von der
Natur bestimmet sind, durch die äußern sinnlichen
Eindrücke, die sie empfangen, sie mögen bis zum
Gehirn fortgehen und empfunden werden, oder nicht,
dennoch diejenigen thierischen Bewegungen im Kör-
per zu wirken, welche sie vermittelst der thierischen
Seelenkräfte des Gehirns wirken, wenn sie bis da-
hin gelangen und empfunden werden; und durch in-
nere sinnliche Eindrücke, die sie von irgend einer
Berührung oder einem Reize, den keine Vorstellung
machet, empfangen, eben diejenigen thierischen Be-

wegun-

II Th. Nervenkraͤfte.
Seele durch die materiellen Jdeen. §. 359. Dieſe
Bewegungen ſind thieriſch: denn ſie laſſen ſich gar nicht
aus phyſiſchen und mechaniſchen Geſetzen erklaͤren. §. 121.
H. P. 412. Sie erfolgen nicht nothwendig mit den Vor-
ſtellungen der Seele uͤbereinſtimmend, weil der innere ſinn-
liche Eindruck, der ſie wirket, gar keine materielle Jdee zu
ſeyn brauchet, und es keinesweges noͤthig iſt, daß Vorſtel-
lungen ihn erregen. Sie ſind in ſo fern auch keine See-
lenwirkungen, §. 123. ob ſie es gleich im natuͤrlichen Zu-
ſtande zugleich ſeyn koͤnnen, und oft ſind. §. 183. Alſo
ſind es Nervenwirkungen von der Nervenkraft des innern
ſinnlichen Eindrucks, §. 353. die dieſer im Koͤrper fuͤr
ſich hervorbringt, ob ſie gleich eine Vorſtellung der Seele
entweder zugleich mit, oder nicht mitwirket.

§. 361.

Aus dieſen beyden Hauptgrundſaͤtzen §. 358. 360. fol-
get die in der Phyſiologie der thieriſchen Natur unumſtoͤß-
liche Wahrheit: daß die thieriſchen Maſchinen nicht
blos das Vermoͤgen haben, und nicht blos von der
Natur dazu beſtimmet ſind, die aͤußern ſinnlichen
Eindruͤcke zum Gehirn zu fuͤhren, um daſelbſt ma-
terielle Jdeen zu Empfindungen zu erregen, und
alle ihre innern ſinnlichen Eindruͤcke nur von Vor-
ſtellungen zu empfangen: ſondern daß ſie auch noch
ein ganz andres Vermoͤgen beſitzen, und von der
Natur beſtimmet ſind, durch die aͤußern ſinnlichen
Eindruͤcke, die ſie empfangen, ſie moͤgen bis zum
Gehirn fortgehen und empfunden werden, oder nicht,
dennoch diejenigen thieriſchen Bewegungen im Koͤr-
per zu wirken, welche ſie vermittelſt der thieriſchen
Seelenkraͤfte des Gehirns wirken, wenn ſie bis da-
hin gelangen und empfunden werden; und durch in-
nere ſinnliche Eindruͤcke, die ſie von irgend einer
Beruͤhrung oder einem Reize, den keine Vorſtellung
machet, empfangen, eben diejenigen thieriſchen Be-

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[352/0376] II Th. Nervenkraͤfte. Seele durch die materiellen Jdeen. §. 359. Dieſe Bewegungen ſind thieriſch: denn ſie laſſen ſich gar nicht aus phyſiſchen und mechaniſchen Geſetzen erklaͤren. §. 121. H. P. 412. Sie erfolgen nicht nothwendig mit den Vor- ſtellungen der Seele uͤbereinſtimmend, weil der innere ſinn- liche Eindruck, der ſie wirket, gar keine materielle Jdee zu ſeyn brauchet, und es keinesweges noͤthig iſt, daß Vorſtel- lungen ihn erregen. Sie ſind in ſo fern auch keine See- lenwirkungen, §. 123. ob ſie es gleich im natuͤrlichen Zu- ſtande zugleich ſeyn koͤnnen, und oft ſind. §. 183. Alſo ſind es Nervenwirkungen von der Nervenkraft des innern ſinnlichen Eindrucks, §. 353. die dieſer im Koͤrper fuͤr ſich hervorbringt, ob ſie gleich eine Vorſtellung der Seele entweder zugleich mit, oder nicht mitwirket. §. 361. Aus dieſen beyden Hauptgrundſaͤtzen §. 358. 360. fol- get die in der Phyſiologie der thieriſchen Natur unumſtoͤß- liche Wahrheit: daß die thieriſchen Maſchinen nicht blos das Vermoͤgen haben, und nicht blos von der Natur dazu beſtimmet ſind, die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke zum Gehirn zu fuͤhren, um daſelbſt ma- terielle Jdeen zu Empfindungen zu erregen, und alle ihre innern ſinnlichen Eindruͤcke nur von Vor- ſtellungen zu empfangen: ſondern daß ſie auch noch ein ganz andres Vermoͤgen beſitzen, und von der Natur beſtimmet ſind, durch die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke, die ſie empfangen, ſie moͤgen bis zum Gehirn fortgehen und empfunden werden, oder nicht, dennoch diejenigen thieriſchen Bewegungen im Koͤr- per zu wirken, welche ſie vermittelſt der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns wirken, wenn ſie bis da- hin gelangen und empfunden werden; und durch in- nere ſinnliche Eindruͤcke, die ſie von irgend einer Beruͤhrung oder einem Reize, den keine Vorſtellung machet, empfangen, eben diejenigen thieriſchen Be- wegun-

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/376>, abgerufen am 22.11.2024.