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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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1 Kap. Die Nervenkräfte überhaupt.
ins Gehirn geht, und darinn materielle äußere Empfin-
dungen erzeuget; §. 46. und der innere sinnliche Eindruck
bringt alle Seelenwirkungen im Körper, doch nur unter
der Bedingung hervor, daß er von Vorstellungen der See-
le erreget wird. §. 123. Wenn nun aber diese Bedin-
gungen wegfallen; wenn der äußere sinnliche Eindruck nicht
bis ins Gehirn fortgeht, oder wenigstens darinn keine äu-
ßern Empfindungen machet; und wenn ein innerer sinnli-
cher Eindruck in die Ursprünge der Nerven im Gehirne,
oder in das Mark der Nervenstämme, nicht von Vorstel-
lungen, sondern von andern Eindrücken hervorgebracht
wird: haben in solchen Fällen beyde Arten der sinnlichen
Eindrücke gar keine thierische Wirkungen im Körper? Al-
lerdings! und eben dieß sind die Nervenwirkungen der Ner-
venkräfte. §. 253. Eine jede thierische Bewegung ist also
nur im Verhältniß auf die thierische Kraft, die sie hervor-
bringt, entweder eine Seelenwirkung, oder eine Nerven-
wirkung, und wenn sie durch eine thierische Seelenkraft
und eine Nervenkraft zugleich gewirket wird, so ist sie bey-
des. §. 193. Es würde ein Jrrthum seyn, wenn man
die Nervenwirkungen für eine an sich selbst besondre und
von den Seelenwirkungen verschiedene, oder die Seelen-
wirkungen für eine an sich selbst besondre und von den Ner-
venwirkungen verschiedene Art thierischer Bewegungen hal-
ten wollte: denn sie sind in beyden Fällen dieselben, so wie
ein musicalisches Stück eben dasselbe ist, es mag das Glo-
ckenspiel durch einen Künstler, oder durch ein Triebwerk in
Bewegung gesetzet werden. "Ein Muskel, dessen Nerve
"gereizet wird, zieht sich zusammen, und verrichtet die-
"jenige Bewegung, wozu ihn die Natur bestimmet
"hat,
und er biegt oder strecket sein Glied aus, oder er be-
"weget dasselbe auf irgend eine andre Weise." H. gr. P.
4 Th. 10 B. 7 Abschn. §. 24. S. 506. Es kömmt nur
darauf an, zu beweisen, daß die thierischen Bewegungen,
welche die thierischen Seelenkräfte, wie im ersten Theile
dargethan worden, durch die sinnlichen Eindrücke der Vor-

stellun-
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1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
ins Gehirn geht, und darinn materielle aͤußere Empfin-
dungen erzeuget; §. 46. und der innere ſinnliche Eindruck
bringt alle Seelenwirkungen im Koͤrper, doch nur unter
der Bedingung hervor, daß er von Vorſtellungen der See-
le erreget wird. §. 123. Wenn nun aber dieſe Bedin-
gungen wegfallen; wenn der aͤußere ſinnliche Eindruck nicht
bis ins Gehirn fortgeht, oder wenigſtens darinn keine aͤu-
ßern Empfindungen machet; und wenn ein innerer ſinnli-
cher Eindruck in die Urſpruͤnge der Nerven im Gehirne,
oder in das Mark der Nervenſtaͤmme, nicht von Vorſtel-
lungen, ſondern von andern Eindruͤcken hervorgebracht
wird: haben in ſolchen Faͤllen beyde Arten der ſinnlichen
Eindruͤcke gar keine thieriſche Wirkungen im Koͤrper? Al-
lerdings! und eben dieß ſind die Nervenwirkungen der Ner-
venkraͤfte. §. 253. Eine jede thieriſche Bewegung iſt alſo
nur im Verhaͤltniß auf die thieriſche Kraft, die ſie hervor-
bringt, entweder eine Seelenwirkung, oder eine Nerven-
wirkung, und wenn ſie durch eine thieriſche Seelenkraft
und eine Nervenkraft zugleich gewirket wird, ſo iſt ſie bey-
des. §. 193. Es wuͤrde ein Jrrthum ſeyn, wenn man
die Nervenwirkungen fuͤr eine an ſich ſelbſt beſondre und
von den Seelenwirkungen verſchiedene, oder die Seelen-
wirkungen fuͤr eine an ſich ſelbſt beſondre und von den Ner-
venwirkungen verſchiedene Art thieriſcher Bewegungen hal-
ten wollte: denn ſie ſind in beyden Faͤllen dieſelben, ſo wie
ein muſicaliſches Stuͤck eben daſſelbe iſt, es mag das Glo-
ckenſpiel durch einen Kuͤnſtler, oder durch ein Triebwerk in
Bewegung geſetzet werden. „Ein Muskel, deſſen Nerve
„gereizet wird, zieht ſich zuſammen, und verrichtet die-
„jenige Bewegung, wozu ihn die Natur beſtimmet
„hat,
und er biegt oder ſtrecket ſein Glied aus, oder er be-
„weget daſſelbe auf irgend eine andre Weiſe.“ H. gr. P.
4 Th. 10 B. 7 Abſchn. §. 24. S. 506. Es koͤmmt nur
darauf an, zu beweiſen, daß die thieriſchen Bewegungen,
welche die thieriſchen Seelenkraͤfte, wie im erſten Theile
dargethan worden, durch die ſinnlichen Eindruͤcke der Vor-

ſtellun-
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[345/0369] 1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt. ins Gehirn geht, und darinn materielle aͤußere Empfin- dungen erzeuget; §. 46. und der innere ſinnliche Eindruck bringt alle Seelenwirkungen im Koͤrper, doch nur unter der Bedingung hervor, daß er von Vorſtellungen der See- le erreget wird. §. 123. Wenn nun aber dieſe Bedin- gungen wegfallen; wenn der aͤußere ſinnliche Eindruck nicht bis ins Gehirn fortgeht, oder wenigſtens darinn keine aͤu- ßern Empfindungen machet; und wenn ein innerer ſinnli- cher Eindruck in die Urſpruͤnge der Nerven im Gehirne, oder in das Mark der Nervenſtaͤmme, nicht von Vorſtel- lungen, ſondern von andern Eindruͤcken hervorgebracht wird: haben in ſolchen Faͤllen beyde Arten der ſinnlichen Eindruͤcke gar keine thieriſche Wirkungen im Koͤrper? Al- lerdings! und eben dieß ſind die Nervenwirkungen der Ner- venkraͤfte. §. 253. Eine jede thieriſche Bewegung iſt alſo nur im Verhaͤltniß auf die thieriſche Kraft, die ſie hervor- bringt, entweder eine Seelenwirkung, oder eine Nerven- wirkung, und wenn ſie durch eine thieriſche Seelenkraft und eine Nervenkraft zugleich gewirket wird, ſo iſt ſie bey- des. §. 193. Es wuͤrde ein Jrrthum ſeyn, wenn man die Nervenwirkungen fuͤr eine an ſich ſelbſt beſondre und von den Seelenwirkungen verſchiedene, oder die Seelen- wirkungen fuͤr eine an ſich ſelbſt beſondre und von den Ner- venwirkungen verſchiedene Art thieriſcher Bewegungen hal- ten wollte: denn ſie ſind in beyden Faͤllen dieſelben, ſo wie ein muſicaliſches Stuͤck eben daſſelbe iſt, es mag das Glo- ckenſpiel durch einen Kuͤnſtler, oder durch ein Triebwerk in Bewegung geſetzet werden. „Ein Muskel, deſſen Nerve „gereizet wird, zieht ſich zuſammen, und verrichtet die- „jenige Bewegung, wozu ihn die Natur beſtimmet „hat, und er biegt oder ſtrecket ſein Glied aus, oder er be- „weget daſſelbe auf irgend eine andre Weiſe.“ H. gr. P. 4 Th. 10 B. 7 Abſchn. §. 24. S. 506. Es koͤmmt nur darauf an, zu beweiſen, daß die thieriſchen Bewegungen, welche die thieriſchen Seelenkraͤfte, wie im erſten Theile dargethan worden, durch die ſinnlichen Eindruͤcke der Vor- ſtellun- Y 5

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/369>, abgerufen am 22.11.2024.