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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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der Affektentriebe.
sen nicht, warum sie brüten, noch was sie bebrüten oder
gebähren, warum sie für die Jungen Sorge tragen, und
warum sie dieselben so genau beobachten. Sie pflegen,
locken, bedecken, nähren und schützen sie, ohne zu wissen,
was für Vortheile sie den Jungen dadurch gewähren, §.
265. 266. 290. ja, sie leisten diese Dienste jungen Thie-
ren, die sie nicht einmal kennen, die nicht die ihrigen sind,
und die eine ganz andre Pflege haben müßten, als sie ihnen
anbieten, mithin ohne die geringste Erkenntniß des Gegen-
standes ihres Triebes und seiner Absichten. §. 269. Wenn
sie sich aber in diesem Triebe seines Gegenstandes, der Ver-
pflegung ihrer Jungen, bewußt werden, so vereinigen sie
ihre eigne Absicht, sie zu verpflegen, mit der Absicht der
Natur, und wirken wissentlich und eigenmächtig dazu mit.
Die Handlungen (Seelenwirkungen) dieses Pflegetriebes
werden nun, ob sie gleich natürlich nothwendig aus dem
Triebe folgen, zugleich Wirkungen des sinnlichen Belie-
bens der Thiere. Sie folgen nun gern dem Zwange der
Natur, die Jhrigen zu pflegen, dem sie im Triebe nur blind
folgeten, seitdem er durch das Bewußtwerden seines Gegen-
standes, der Pflege der Jhrigen, in ihnen zum Affekten-
triebe, zur natürlichen Liebe für die Jungen, (Ael-
ternliebe, Muttertreue,)
geworden ist. §. 297. Durch
diese Erkenntniß werden sie veranlasset, andre Vorstellun-
gen, Begierden, Triebe, Leidenschaften, welche nach den
Gesetzen der Vorstellungskraft in ihnen entstehen, §. 273.
sinnlich willkührlich auf diesen erkannten Gegenstand anzu-
wenden, um die Erfüllung des Triebes zu erreichen, wor-
aus sich die willkührlichen Handlungen ihrer Fürsorge
und Wachsamkeit, die sich durch Anlockung zur Nah-
rung, durch Anweisung, wie sie zu genießen sey, durch
Warnung vor Gefahren und Anzeige der Mittel sich dafür
zu beschützen, und ihres Gebrauchs etc. offenbaren, wie auch
die Unterscheidung ihrer und andrer Jungen, die Verfol-
gung der Fremden und Annehmung der Eignen, und die
partheyische Sorgfalt für die letztern, erklären lassen, wo-

durch

der Affektentriebe.
ſen nicht, warum ſie bruͤten, noch was ſie bebruͤten oder
gebaͤhren, warum ſie fuͤr die Jungen Sorge tragen, und
warum ſie dieſelben ſo genau beobachten. Sie pflegen,
locken, bedecken, naͤhren und ſchuͤtzen ſie, ohne zu wiſſen,
was fuͤr Vortheile ſie den Jungen dadurch gewaͤhren, §.
265. 266. 290. ja, ſie leiſten dieſe Dienſte jungen Thie-
ren, die ſie nicht einmal kennen, die nicht die ihrigen ſind,
und die eine ganz andre Pflege haben muͤßten, als ſie ihnen
anbieten, mithin ohne die geringſte Erkenntniß des Gegen-
ſtandes ihres Triebes und ſeiner Abſichten. §. 269. Wenn
ſie ſich aber in dieſem Triebe ſeines Gegenſtandes, der Ver-
pflegung ihrer Jungen, bewußt werden, ſo vereinigen ſie
ihre eigne Abſicht, ſie zu verpflegen, mit der Abſicht der
Natur, und wirken wiſſentlich und eigenmaͤchtig dazu mit.
Die Handlungen (Seelenwirkungen) dieſes Pflegetriebes
werden nun, ob ſie gleich natuͤrlich nothwendig aus dem
Triebe folgen, zugleich Wirkungen des ſinnlichen Belie-
bens der Thiere. Sie folgen nun gern dem Zwange der
Natur, die Jhrigen zu pflegen, dem ſie im Triebe nur blind
folgeten, ſeitdem er durch das Bewußtwerden ſeines Gegen-
ſtandes, der Pflege der Jhrigen, in ihnen zum Affekten-
triebe, zur natuͤrlichen Liebe fuͤr die Jungen, (Ael-
ternliebe, Muttertreue,)
geworden iſt. §. 297. Durch
dieſe Erkenntniß werden ſie veranlaſſet, andre Vorſtellun-
gen, Begierden, Triebe, Leidenſchaften, welche nach den
Geſetzen der Vorſtellungskraft in ihnen entſtehen, §. 273.
ſinnlich willkuͤhrlich auf dieſen erkannten Gegenſtand anzu-
wenden, um die Erfuͤllung des Triebes zu erreichen, wor-
aus ſich die willkuͤhrlichen Handlungen ihrer Fuͤrſorge
und Wachſamkeit, die ſich durch Anlockung zur Nah-
rung, durch Anweiſung, wie ſie zu genießen ſey, durch
Warnung vor Gefahren und Anzeige der Mittel ſich dafuͤr
zu beſchuͤtzen, und ihres Gebrauchs ꝛc. offenbaren, wie auch
die Unterſcheidung ihrer und andrer Jungen, die Verfol-
gung der Fremden und Annehmung der Eignen, und die
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[299/0323] der Affektentriebe. ſen nicht, warum ſie bruͤten, noch was ſie bebruͤten oder gebaͤhren, warum ſie fuͤr die Jungen Sorge tragen, und warum ſie dieſelben ſo genau beobachten. Sie pflegen, locken, bedecken, naͤhren und ſchuͤtzen ſie, ohne zu wiſſen, was fuͤr Vortheile ſie den Jungen dadurch gewaͤhren, §. 265. 266. 290. ja, ſie leiſten dieſe Dienſte jungen Thie- ren, die ſie nicht einmal kennen, die nicht die ihrigen ſind, und die eine ganz andre Pflege haben muͤßten, als ſie ihnen anbieten, mithin ohne die geringſte Erkenntniß des Gegen- ſtandes ihres Triebes und ſeiner Abſichten. §. 269. Wenn ſie ſich aber in dieſem Triebe ſeines Gegenſtandes, der Ver- pflegung ihrer Jungen, bewußt werden, ſo vereinigen ſie ihre eigne Abſicht, ſie zu verpflegen, mit der Abſicht der Natur, und wirken wiſſentlich und eigenmaͤchtig dazu mit. Die Handlungen (Seelenwirkungen) dieſes Pflegetriebes werden nun, ob ſie gleich natuͤrlich nothwendig aus dem Triebe folgen, zugleich Wirkungen des ſinnlichen Belie- bens der Thiere. Sie folgen nun gern dem Zwange der Natur, die Jhrigen zu pflegen, dem ſie im Triebe nur blind folgeten, ſeitdem er durch das Bewußtwerden ſeines Gegen- ſtandes, der Pflege der Jhrigen, in ihnen zum Affekten- triebe, zur natuͤrlichen Liebe fuͤr die Jungen, (Ael- ternliebe, Muttertreue,) geworden iſt. §. 297. Durch dieſe Erkenntniß werden ſie veranlaſſet, andre Vorſtellun- gen, Begierden, Triebe, Leidenſchaften, welche nach den Geſetzen der Vorſtellungskraft in ihnen entſtehen, §. 273. ſinnlich willkuͤhrlich auf dieſen erkannten Gegenſtand anzu- wenden, um die Erfuͤllung des Triebes zu erreichen, wor- aus ſich die willkuͤhrlichen Handlungen ihrer Fuͤrſorge und Wachſamkeit, die ſich durch Anlockung zur Nah- rung, durch Anweiſung, wie ſie zu genießen ſey, durch Warnung vor Gefahren und Anzeige der Mittel ſich dafuͤr zu beſchuͤtzen, und ihres Gebrauchs ꝛc. offenbaren, wie auch die Unterſcheidung ihrer und andrer Jungen, die Verfol- gung der Fremden und Annehmung der Eignen, und die partheyiſche Sorgfalt fuͤr die letztern, erklaͤren laſſen, wo- durch

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/323>, abgerufen am 22.11.2024.