wie z. E. der Trieb zum Selbstmord, sich zu quälen, §. 280. zur Sodomiterey. §. 289. u. a. [°] Bey Thieren, die sich in ihren Trieben lediglich der Natur überlassen, oder aus Mangel eines sinnlichen Willkührs lediglich und lei- dentlich überlassen müssen, giebt es keine unnatürlichen Triebe; sondern nur bey solchen, die sie mit willkührlichen Vorstellungen eigenmächtig vereinigen und sie zu unnatür- lichen künsteln. §. 265. Der Trieb eines Thieres zu derje- nigen Art der Vorstellungen, die ihm am gewöhnlichsten sind, weil es daran das meiste Vergnügen findet, und wornach es seine willkührlichen Handlungen mehrentheils bestimmet, heißt sein Haupttrieb, (die Hauptneigung, sein natürlicher Hang.) Da nun bey jedem Thiere eine gewisse Art der Vorstellungen die gewöhnlichste, (die herr- schende) ist, so hat jedes Thier seine Hauptneigung, welche, in so fern es darnach seine willkührlichen Handlungen meh- rentheils bestimmet, den Character seiner Sinnlichkeit (den thierischen Character) bildet. Die Natur giebt den Thieren alle ihre sinnlichen Triebe, also auch die Haupt- triebe nach vorher festgestellten und in ihrer Natur gegrün- deten Bedürfnissen zu ihrer Erhaltung, Vertheidigung, Wohlfahrt und Fortpflanzung, und daher ist im thierischen sinnlichen Character eben das Göttliche, (Wunderbare,) wie in den Trieben. §. 263. Nachdem übrigens ein Thier mit vielen oder starken sinnlichen Trieben, oder mit weni- gen oder schwachen versehen ist, nennt man seinen sinn- lichen Character wirksam, belebt, (activ) oder träge, schläfrig, unthätig.
Die Affektentriebe.
§. 296.
Die ursprünglichen Leidenschaften werden nicht durch solche von der Natur dazu vorbereitete Veranlassungen er- reget, noch auch durch ihren Vorschub so geflissentlich be- friediget, als die Triebe. §. 263. Wir gerathen mehren-
theils
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
wie z. E. der Trieb zum Selbſtmord, ſich zu quaͤlen, §. 280. zur Sodomiterey. §. 289. u. a. [°] Bey Thieren, die ſich in ihren Trieben lediglich der Natur uͤberlaſſen, oder aus Mangel eines ſinnlichen Willkuͤhrs lediglich und lei- dentlich uͤberlaſſen muͤſſen, giebt es keine unnatuͤrlichen Triebe; ſondern nur bey ſolchen, die ſie mit willkuͤhrlichen Vorſtellungen eigenmaͤchtig vereinigen und ſie zu unnatuͤr- lichen kuͤnſteln. §. 265. Der Trieb eines Thieres zu derje- nigen Art der Vorſtellungen, die ihm am gewoͤhnlichſten ſind, weil es daran das meiſte Vergnuͤgen findet, und wornach es ſeine willkuͤhrlichen Handlungen mehrentheils beſtimmet, heißt ſein Haupttrieb, (die Hauptneigung, ſein natuͤrlicher Hang.) Da nun bey jedem Thiere eine gewiſſe Art der Vorſtellungen die gewoͤhnlichſte, (die herr- ſchende) iſt, ſo hat jedes Thier ſeine Hauptneigung, welche, in ſo fern es darnach ſeine willkuͤhrlichen Handlungen meh- rentheils beſtimmet, den Character ſeiner Sinnlichkeit (den thieriſchen Character) bildet. Die Natur giebt den Thieren alle ihre ſinnlichen Triebe, alſo auch die Haupt- triebe nach vorher feſtgeſtellten und in ihrer Natur gegruͤn- deten Beduͤrfniſſen zu ihrer Erhaltung, Vertheidigung, Wohlfahrt und Fortpflanzung, und daher iſt im thieriſchen ſinnlichen Character eben das Goͤttliche, (Wunderbare,) wie in den Trieben. §. 263. Nachdem uͤbrigens ein Thier mit vielen oder ſtarken ſinnlichen Trieben, oder mit weni- gen oder ſchwachen verſehen iſt, nennt man ſeinen ſinn- lichen Character wirkſam, belebt, (activ) oder traͤge, ſchlaͤfrig, unthaͤtig.
Die Affektentriebe.
§. 296.
Die urſpruͤnglichen Leidenſchaften werden nicht durch ſolche von der Natur dazu vorbereitete Veranlaſſungen er- reget, noch auch durch ihren Vorſchub ſo gefliſſentlich be- friediget, als die Triebe. §. 263. Wir gerathen mehren-
theils
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0314"n="290"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I</hi> Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.</hi></fw><lb/>
wie z. E. der Trieb zum Selbſtmord, ſich zu quaͤlen, §.<lb/>
280. zur Sodomiterey. §. 289. u. a. <supplied>°</supplied> Bey Thieren, die<lb/>ſich in ihren Trieben lediglich der Natur uͤberlaſſen, oder<lb/>
aus Mangel eines ſinnlichen Willkuͤhrs lediglich und lei-<lb/>
dentlich uͤberlaſſen muͤſſen, giebt es keine unnatuͤrlichen<lb/>
Triebe; ſondern nur bey ſolchen, die ſie mit willkuͤhrlichen<lb/>
Vorſtellungen eigenmaͤchtig vereinigen und ſie zu unnatuͤr-<lb/>
lichen kuͤnſteln. §. 265. Der Trieb eines Thieres zu derje-<lb/>
nigen Art der Vorſtellungen, die ihm am gewoͤhnlichſten<lb/>ſind, weil es daran das meiſte Vergnuͤgen findet, und<lb/>
wornach es ſeine willkuͤhrlichen Handlungen mehrentheils<lb/>
beſtimmet, heißt ſein <hirendition="#fr">Haupttrieb, (die Hauptneigung,</hi><lb/>ſein <hirendition="#fr">natuͤrlicher Hang.</hi>) Da nun bey jedem Thiere eine<lb/>
gewiſſe Art der Vorſtellungen die gewoͤhnlichſte, (die herr-<lb/>ſchende) iſt, ſo hat jedes Thier ſeine Hauptneigung, welche,<lb/>
in ſo fern es darnach ſeine willkuͤhrlichen Handlungen meh-<lb/>
rentheils beſtimmet, den <hirendition="#fr">Character ſeiner Sinnlichkeit<lb/>
(den thieriſchen Character)</hi> bildet. Die Natur giebt<lb/>
den Thieren alle ihre ſinnlichen Triebe, alſo auch die Haupt-<lb/>
triebe nach vorher feſtgeſtellten und in ihrer Natur gegruͤn-<lb/>
deten Beduͤrfniſſen zu ihrer Erhaltung, Vertheidigung,<lb/>
Wohlfahrt und Fortpflanzung, und daher iſt im thieriſchen<lb/>ſinnlichen Character eben das Goͤttliche, (Wunderbare,)<lb/>
wie in den Trieben. §. 263. Nachdem uͤbrigens ein Thier<lb/>
mit vielen oder ſtarken ſinnlichen Trieben, oder mit weni-<lb/>
gen oder ſchwachen verſehen iſt, nennt man ſeinen ſinn-<lb/>
lichen Character <hirendition="#fr">wirkſam, belebt, (activ)</hi> oder <hirendition="#fr">traͤge,<lb/>ſchlaͤfrig, unthaͤtig.</hi></p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die Affektentriebe.</hi></head><lb/><divn="4"><head>§. 296.</head><lb/><p>Die urſpruͤnglichen Leidenſchaften werden nicht durch<lb/>ſolche von der Natur dazu vorbereitete Veranlaſſungen er-<lb/>
reget, noch auch durch ihren Vorſchub ſo gefliſſentlich be-<lb/>
friediget, als die Triebe. §. 263. Wir gerathen mehren-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">theils</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[290/0314]
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
wie z. E. der Trieb zum Selbſtmord, ſich zu quaͤlen, §.
280. zur Sodomiterey. §. 289. u. a. ° Bey Thieren, die
ſich in ihren Trieben lediglich der Natur uͤberlaſſen, oder
aus Mangel eines ſinnlichen Willkuͤhrs lediglich und lei-
dentlich uͤberlaſſen muͤſſen, giebt es keine unnatuͤrlichen
Triebe; ſondern nur bey ſolchen, die ſie mit willkuͤhrlichen
Vorſtellungen eigenmaͤchtig vereinigen und ſie zu unnatuͤr-
lichen kuͤnſteln. §. 265. Der Trieb eines Thieres zu derje-
nigen Art der Vorſtellungen, die ihm am gewoͤhnlichſten
ſind, weil es daran das meiſte Vergnuͤgen findet, und
wornach es ſeine willkuͤhrlichen Handlungen mehrentheils
beſtimmet, heißt ſein Haupttrieb, (die Hauptneigung,
ſein natuͤrlicher Hang.) Da nun bey jedem Thiere eine
gewiſſe Art der Vorſtellungen die gewoͤhnlichſte, (die herr-
ſchende) iſt, ſo hat jedes Thier ſeine Hauptneigung, welche,
in ſo fern es darnach ſeine willkuͤhrlichen Handlungen meh-
rentheils beſtimmet, den Character ſeiner Sinnlichkeit
(den thieriſchen Character) bildet. Die Natur giebt
den Thieren alle ihre ſinnlichen Triebe, alſo auch die Haupt-
triebe nach vorher feſtgeſtellten und in ihrer Natur gegruͤn-
deten Beduͤrfniſſen zu ihrer Erhaltung, Vertheidigung,
Wohlfahrt und Fortpflanzung, und daher iſt im thieriſchen
ſinnlichen Character eben das Goͤttliche, (Wunderbare,)
wie in den Trieben. §. 263. Nachdem uͤbrigens ein Thier
mit vielen oder ſtarken ſinnlichen Trieben, oder mit weni-
gen oder ſchwachen verſehen iſt, nennt man ſeinen ſinn-
lichen Character wirkſam, belebt, (activ) oder traͤge,
ſchlaͤfrig, unthaͤtig.
Die Affektentriebe.
§. 296.
Die urſpruͤnglichen Leidenſchaften werden nicht durch
ſolche von der Natur dazu vorbereitete Veranlaſſungen er-
reget, noch auch durch ihren Vorſchub ſo gefliſſentlich be-
friediget, als die Triebe. §. 263. Wir gerathen mehren-
theils
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/314>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.