z. E. das Schreyen, das Krümmen und das Zurückzie- hen bey Schmerzen, das schnellere Gehen und Andrücken der Glieder an den Leib in großer Kälte, das Zusammen- ziehen der Augenlieder bey starkem Lichte, und tausend an- dre, sonst willkührlich gewesene, nun aber durch öftere Wiederholung mechanisch gewordene Bewegungen, als Ge- genstände der Triebe. Man kann also nicht schließen, daß die Seelenwirkungen eines Triebes, die itzt, oder bey ei- nem andern Thiere willkührliche Bewegungen der mechani- schen Maschinen sind, es auch von je her gewesen, oder stets künftig, oder bey einem jeden andern Thiere seyn müssen.
Die Triebe zur Ruhe, und zur Ermunterung.
§. 287.
1. Die thierischen Seelenkräfte erschöpfen sich durch lange Wirksamkeit, und dieses würde den Untergang der Thiere nach sich ziehen, wenn nicht die Natur bey ihrer An- ordnung dafür gesorget hätte, daß sie nicht zu lange unun- terbrochen wirken können. Wenn die Thiere die thierischen Seelenkräfte des Gehirns, das ist, die Kräfte zu materiel- len Jdeen, §. 6. 25. sie mögen nun betrachtet werden, in so fern sie Vorstellungen in der Seele, oder Seelenwirkun- gen in den thierischen oder mechanischen Maschinen veranlas- sen, so lange ununterbrochen gebrauchet haben, daß eine länge- re Anstrengung derselben ihrer Erhaltung oder ihrem Wohl- seyn nachtheilig seyn würde, so empfinden sie beym Denken und bey der Ausübung der Seelenwirkungen im Körper eine unangenehme Schwierigkeit, die man Trägheit, Ermat- tung oder Müdigkeit nennet. §. 280. Diese Unlust der Sinne beym Denken und bey den Bewegungen, die See- lenwirkungen sind, ist die sinnliche Reizung des Triebes zur Ruhe, zum Schlafe, welcher in einem Bestreben besteht, das Gegentheil dieser un genehmen Empfindung hervor- zubringen, das ist, von den so beschwerlichen Gedanken zu
abstra-
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
z. E. das Schreyen, das Kruͤmmen und das Zuruͤckzie- hen bey Schmerzen, das ſchnellere Gehen und Andruͤcken der Glieder an den Leib in großer Kaͤlte, das Zuſammen- ziehen der Augenlieder bey ſtarkem Lichte, und tauſend an- dre, ſonſt willkuͤhrlich geweſene, nun aber durch oͤftere Wiederholung mechaniſch gewordene Bewegungen, als Ge- genſtaͤnde der Triebe. Man kann alſo nicht ſchließen, daß die Seelenwirkungen eines Triebes, die itzt, oder bey ei- nem andern Thiere willkuͤhrliche Bewegungen der mechani- ſchen Maſchinen ſind, es auch von je her geweſen, oder ſtets kuͤnftig, oder bey einem jeden andern Thiere ſeyn muͤſſen.
Die Triebe zur Ruhe, und zur Ermunterung.
§. 287.
1. Die thieriſchen Seelenkraͤfte erſchoͤpfen ſich durch lange Wirkſamkeit, und dieſes wuͤrde den Untergang der Thiere nach ſich ziehen, wenn nicht die Natur bey ihrer An- ordnung dafuͤr geſorget haͤtte, daß ſie nicht zu lange unun- terbrochen wirken koͤnnen. Wenn die Thiere die thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns, das iſt, die Kraͤfte zu materiel- len Jdeen, §. 6. 25. ſie moͤgen nun betrachtet werden, in ſo fern ſie Vorſtellungen in der Seele, oder Seelenwirkun- gen in den thieriſchen oder mechaniſchen Maſchinen veranlaſ- ſen, ſo lange ununterbrochen gebrauchet haben, daß eine laͤnge- re Anſtrengung derſelben ihrer Erhaltung oder ihrem Wohl- ſeyn nachtheilig ſeyn wuͤrde, ſo empfinden ſie beym Denken und bey der Ausuͤbung der Seelenwirkungen im Koͤrper eine unangenehme Schwierigkeit, die man Traͤgheit, Ermat- tung oder Muͤdigkeit nennet. §. 280. Dieſe Unluſt der Sinne beym Denken und bey den Bewegungen, die See- lenwirkungen ſind, iſt die ſinnliche Reizung des Triebes zur Ruhe, zum Schlafe, welcher in einem Beſtreben beſteht, das Gegentheil dieſer un genehmen Empfindung hervor- zubringen, das iſt, von den ſo beſchwerlichen Gedanken zu
abſtra-
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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
z. E. das Schreyen, das Kruͤmmen und das Zuruͤckzie-
hen bey Schmerzen, das ſchnellere Gehen und Andruͤcken
der Glieder an den Leib in großer Kaͤlte, das Zuſammen-
ziehen der Augenlieder bey ſtarkem Lichte, und tauſend an-
dre, ſonſt willkuͤhrlich geweſene, nun aber durch oͤftere
Wiederholung mechaniſch gewordene Bewegungen, als Ge-
genſtaͤnde der Triebe. Man kann alſo nicht ſchließen, daß
die Seelenwirkungen eines Triebes, die itzt, oder bey ei-
nem andern Thiere willkuͤhrliche Bewegungen der mechani-
ſchen Maſchinen ſind, es auch von je her geweſen, oder
ſtets kuͤnftig, oder bey einem jeden andern Thiere ſeyn
muͤſſen.
Die Triebe zur Ruhe, und zur Ermunterung.
§. 287.
1. Die thieriſchen Seelenkraͤfte erſchoͤpfen ſich durch
lange Wirkſamkeit, und dieſes wuͤrde den Untergang der
Thiere nach ſich ziehen, wenn nicht die Natur bey ihrer An-
ordnung dafuͤr geſorget haͤtte, daß ſie nicht zu lange unun-
terbrochen wirken koͤnnen. Wenn die Thiere die thieriſchen
Seelenkraͤfte des Gehirns, das iſt, die Kraͤfte zu materiel-
len Jdeen, §. 6. 25. ſie moͤgen nun betrachtet werden, in
ſo fern ſie Vorſtellungen in der Seele, oder Seelenwirkun-
gen in den thieriſchen oder mechaniſchen Maſchinen veranlaſ-
ſen, ſo lange ununterbrochen gebrauchet haben, daß eine laͤnge-
re Anſtrengung derſelben ihrer Erhaltung oder ihrem Wohl-
ſeyn nachtheilig ſeyn wuͤrde, ſo empfinden ſie beym Denken und
bey der Ausuͤbung der Seelenwirkungen im Koͤrper eine
unangenehme Schwierigkeit, die man Traͤgheit, Ermat-
tung oder Muͤdigkeit nennet. §. 280. Dieſe Unluſt der
Sinne beym Denken und bey den Bewegungen, die See-
lenwirkungen ſind, iſt die ſinnliche Reizung des Triebes zur
Ruhe, zum Schlafe, welcher in einem Beſtreben beſteht,
das Gegentheil dieſer un genehmen Empfindung hervor-
zubringen, das iſt, von den ſo beſchwerlichen Gedanken zu
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/300>, abgerufen am 23.11.2024.
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