Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
der sinnlichen Triebe.
§. 270.

Die Triebfedern der Triebe sind dunkle sinnliche ange-
nehme oder unangenehme Vorhersehungen, §. 262. un-
vollständige Theile einer künftigen angenehmen Empfin-
dung, oder des Gegentheils einer unangenehmen, die bey
der Erfüllung oder Befriedigung des Triebes vollständig
werden wird. §. 94. Solche dunkle angenehme oder un-
angenehme Vorhersehungen sind äußerst sinnliche und fast
in dem Grade wie die äußern Empfindungen selbst unei-
genmächtige, natürlich nothwendiger Weise hervorgebrach-
te Vorstellungen, §. 107. 66. deren sich die Seele, als
dunkler Vorstellungen nicht einmal bewußt ist, die sich in
den Tiefen des Grundes der Seele, zur eignen Bewunde-
rung des Thieres, das ihre Wirkungen bemerket, kaum
einigermaßen entwickeln, und die also die Bezauberung bey
den Trieben unterhalten. §. 263. So, wie sie von den
natürlichen Veranlassungen der Triebe verschieden sind, §.
264. so kann man sie auch vom Triebe selbst, welcher die
durch sie gewirkte Anstrengung der Vorstellungskraft zur
Hervorbringung der vorhergesehenen angenehmen Empfin-
dung, oder des Gegentheils der unangenehmen ist, unter-
scheiden, ob sie gleich in und mit ihm zugleich wirken, §.
80. So ist beym Triebe des Hungers die angenehme
dunkle Vorhersehung der Sättigung; beym Triebe der
Selbstvertheidigung, die von dem Gegentheile der Gefahr;
beym Triebe der Fortpflanzung, die von der Begattung,
und beym Triebe der Säugung der Jungen, die von der
Entledigung der Brüste, die eigentliche dunkle sinnliche
Reizung zu dem Bestreben der Seele, zum Triebe. §.
94. 268.

§. 271.

Die Seelenwirkungen der Triebfedern, als solcher, sind
die von sinnlicher Lust oder Unlust, §. 88. und verändern
also, für sich betrachtet, die Lebensbewegungen, §. 250.
als Vorhersehungen aber drücken sie unvollständig die See-

lenwir-
der ſinnlichen Triebe.
§. 270.

Die Triebfedern der Triebe ſind dunkle ſinnliche ange-
nehme oder unangenehme Vorherſehungen, §. 262. un-
vollſtaͤndige Theile einer kuͤnftigen angenehmen Empfin-
dung, oder des Gegentheils einer unangenehmen, die bey
der Erfuͤllung oder Befriedigung des Triebes vollſtaͤndig
werden wird. §. 94. Solche dunkle angenehme oder un-
angenehme Vorherſehungen ſind aͤußerſt ſinnliche und faſt
in dem Grade wie die aͤußern Empfindungen ſelbſt unei-
genmaͤchtige, natuͤrlich nothwendiger Weiſe hervorgebrach-
te Vorſtellungen, §. 107. 66. deren ſich die Seele, als
dunkler Vorſtellungen nicht einmal bewußt iſt, die ſich in
den Tiefen des Grundes der Seele, zur eignen Bewunde-
rung des Thieres, das ihre Wirkungen bemerket, kaum
einigermaßen entwickeln, und die alſo die Bezauberung bey
den Trieben unterhalten. §. 263. So, wie ſie von den
natuͤrlichen Veranlaſſungen der Triebe verſchieden ſind, §.
264. ſo kann man ſie auch vom Triebe ſelbſt, welcher die
durch ſie gewirkte Anſtrengung der Vorſtellungskraft zur
Hervorbringung der vorhergeſehenen angenehmen Empfin-
dung, oder des Gegentheils der unangenehmen iſt, unter-
ſcheiden, ob ſie gleich in und mit ihm zugleich wirken, §.
80. So iſt beym Triebe des Hungers die angenehme
dunkle Vorherſehung der Saͤttigung; beym Triebe der
Selbſtvertheidigung, die von dem Gegentheile der Gefahr;
beym Triebe der Fortpflanzung, die von der Begattung,
und beym Triebe der Saͤugung der Jungen, die von der
Entledigung der Bruͤſte, die eigentliche dunkle ſinnliche
Reizung zu dem Beſtreben der Seele, zum Triebe. §.
94. 268.

§. 271.

Die Seelenwirkungen der Triebfedern, als ſolcher, ſind
die von ſinnlicher Luſt oder Unluſt, §. 88. und veraͤndern
alſo, fuͤr ſich betrachtet, die Lebensbewegungen, §. 250.
als Vorherſehungen aber druͤcken ſie unvollſtaͤndig die See-

lenwir-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0277" n="253"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der &#x017F;innlichen Triebe.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 270.</head><lb/>
              <p>Die Triebfedern der Triebe &#x017F;ind dunkle &#x017F;innliche ange-<lb/>
nehme oder unangenehme Vorher&#x017F;ehungen, §. 262. un-<lb/>
voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Theile einer ku&#x0364;nftigen angenehmen Empfin-<lb/>
dung, oder des Gegentheils einer unangenehmen, die bey<lb/>
der Erfu&#x0364;llung oder Befriedigung des Triebes voll&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
werden wird. §. 94. Solche dunkle angenehme oder un-<lb/>
angenehme Vorher&#x017F;ehungen &#x017F;ind a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;innliche und fa&#x017F;t<lb/>
in dem Grade wie die a&#x0364;ußern Empfindungen &#x017F;elb&#x017F;t unei-<lb/>
genma&#x0364;chtige, natu&#x0364;rlich nothwendiger Wei&#x017F;e hervorgebrach-<lb/>
te Vor&#x017F;tellungen, §. 107. 66. deren &#x017F;ich die Seele, als<lb/>
dunkler Vor&#x017F;tellungen nicht einmal bewußt i&#x017F;t, die &#x017F;ich in<lb/>
den Tiefen des Grundes der Seele, zur eignen Bewunde-<lb/>
rung des Thieres, das ihre Wirkungen bemerket, kaum<lb/>
einigermaßen entwickeln, und die al&#x017F;o die Bezauberung bey<lb/>
den Trieben unterhalten. §. 263. So, wie &#x017F;ie von den<lb/>
natu&#x0364;rlichen Veranla&#x017F;&#x017F;ungen der Triebe ver&#x017F;chieden &#x017F;ind, §.<lb/>
264. &#x017F;o kann man &#x017F;ie auch vom Triebe &#x017F;elb&#x017F;t, welcher die<lb/>
durch &#x017F;ie gewirkte An&#x017F;trengung der Vor&#x017F;tellungskraft zur<lb/>
Hervorbringung der vorherge&#x017F;ehenen angenehmen Empfin-<lb/>
dung, oder des Gegentheils der unangenehmen i&#x017F;t, unter-<lb/>
&#x017F;cheiden, ob &#x017F;ie gleich in und mit ihm zugleich wirken, §.<lb/>
80. So i&#x017F;t beym Triebe des Hungers die angenehme<lb/>
dunkle Vorher&#x017F;ehung der Sa&#x0364;ttigung; beym Triebe der<lb/>
Selb&#x017F;tvertheidigung, die von dem Gegentheile der Gefahr;<lb/>
beym Triebe der Fortpflanzung, die von der Begattung,<lb/>
und beym Triebe der Sa&#x0364;ugung der Jungen, die von der<lb/>
Entledigung der Bru&#x0364;&#x017F;te, die eigentliche dunkle &#x017F;innliche<lb/>
Reizung zu dem Be&#x017F;treben der Seele, zum Triebe. §.<lb/>
94. 268.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 271.</head><lb/>
              <p>Die Seelenwirkungen der Triebfedern, als &#x017F;olcher, &#x017F;ind<lb/>
die von &#x017F;innlicher Lu&#x017F;t oder Unlu&#x017F;t, §. 88. und vera&#x0364;ndern<lb/>
al&#x017F;o, fu&#x0364;r &#x017F;ich betrachtet, die Lebensbewegungen, §. 250.<lb/>
als Vorher&#x017F;ehungen aber dru&#x0364;cken &#x017F;ie unvoll&#x017F;ta&#x0364;ndig die See-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lenwir-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0277] der ſinnlichen Triebe. §. 270. Die Triebfedern der Triebe ſind dunkle ſinnliche ange- nehme oder unangenehme Vorherſehungen, §. 262. un- vollſtaͤndige Theile einer kuͤnftigen angenehmen Empfin- dung, oder des Gegentheils einer unangenehmen, die bey der Erfuͤllung oder Befriedigung des Triebes vollſtaͤndig werden wird. §. 94. Solche dunkle angenehme oder un- angenehme Vorherſehungen ſind aͤußerſt ſinnliche und faſt in dem Grade wie die aͤußern Empfindungen ſelbſt unei- genmaͤchtige, natuͤrlich nothwendiger Weiſe hervorgebrach- te Vorſtellungen, §. 107. 66. deren ſich die Seele, als dunkler Vorſtellungen nicht einmal bewußt iſt, die ſich in den Tiefen des Grundes der Seele, zur eignen Bewunde- rung des Thieres, das ihre Wirkungen bemerket, kaum einigermaßen entwickeln, und die alſo die Bezauberung bey den Trieben unterhalten. §. 263. So, wie ſie von den natuͤrlichen Veranlaſſungen der Triebe verſchieden ſind, §. 264. ſo kann man ſie auch vom Triebe ſelbſt, welcher die durch ſie gewirkte Anſtrengung der Vorſtellungskraft zur Hervorbringung der vorhergeſehenen angenehmen Empfin- dung, oder des Gegentheils der unangenehmen iſt, unter- ſcheiden, ob ſie gleich in und mit ihm zugleich wirken, §. 80. So iſt beym Triebe des Hungers die angenehme dunkle Vorherſehung der Saͤttigung; beym Triebe der Selbſtvertheidigung, die von dem Gegentheile der Gefahr; beym Triebe der Fortpflanzung, die von der Begattung, und beym Triebe der Saͤugung der Jungen, die von der Entledigung der Bruͤſte, die eigentliche dunkle ſinnliche Reizung zu dem Beſtreben der Seele, zum Triebe. §. 94. 268. §. 271. Die Seelenwirkungen der Triebfedern, als ſolcher, ſind die von ſinnlicher Luſt oder Unluſt, §. 88. und veraͤndern alſo, fuͤr ſich betrachtet, die Lebensbewegungen, §. 250. als Vorherſehungen aber druͤcken ſie unvollſtaͤndig die See- lenwir-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/277
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/277>, abgerufen am 21.11.2024.