man nur den Versuch des Entwurfs selbst ge- macht haben, um alle Schwierigkeiten, und die Gefahr zu fehlen und zu irren recht zu em- pfinden. Jch verlange übrigens für die Leh- ren selbst keine Nachsicht. Auf die Wahrheit ist es angesehen, und wo ich die nicht gefunden habe, da will ichs doch gern veranlassen sie zu finden. Daher bitte ich nur um eine reif- liche Ueberlegung meiner Gründe bey streitigen oder des Jrrthums verdächtigen Stellen. Jch habe bey diesem Werke, dem ich nichts desto- weniger allerdings Jrrthümer und noch mehr Mängel zutraue, in der That viel überlegt und wenig geschrieben, und verlange also mit Rechte, daß man auch überlege, ehe man strei- tet. Wird man dann wider einige Lehren et- was einwenden, wozu ich mein Wort zu geben hätte, es sey nun um es zu erkennen, oder ein- zuschränken, oder ein Misverständniß zu bes- sern, oder einen Jrrthum zu widerlegen; so werde ichs, bey dieser einzigen Schrift, aber schlechterdings nur was die Sache der Wahr- heit betrifft, und als ein ganz fremder Leser thun, der von Persönlichkeiten, sie mögen Höflichkeiten oder Grobheiten seyn, gar kein Gefühl hat, und für den nie ein Gegner, son- dern nur ein Einwurf existirt. Es ist sonst mein Gesetz, keinen Angriff meiner Schriften, noch viel weniger meines Characters und mei- ner Handlungen, zu beantworten, und ich lei- de es gern, daß sich Mancher dieses Vortheils bedient, der sich einbildet mir sehr beschwerlich zu fallen, und dem ich für alle Welt nicht
wünschte,
b 2
Vorrede.
man nur den Verſuch des Entwurfs ſelbſt ge- macht haben, um alle Schwierigkeiten, und die Gefahr zu fehlen und zu irren recht zu em- pfinden. Jch verlange uͤbrigens fuͤr die Leh- ren ſelbſt keine Nachſicht. Auf die Wahrheit iſt es angeſehen, und wo ich die nicht gefunden habe, da will ichs doch gern veranlaſſen ſie zu finden. Daher bitte ich nur um eine reif- liche Ueberlegung meiner Gruͤnde bey ſtreitigen oder des Jrrthums verdaͤchtigen Stellen. Jch habe bey dieſem Werke, dem ich nichts deſto- weniger allerdings Jrrthuͤmer und noch mehr Maͤngel zutraue, in der That viel uͤberlegt und wenig geſchrieben, und verlange alſo mit Rechte, daß man auch uͤberlege, ehe man ſtrei- tet. Wird man dann wider einige Lehren et- was einwenden, wozu ich mein Wort zu geben haͤtte, es ſey nun um es zu erkennen, oder ein- zuſchraͤnken, oder ein Misverſtaͤndniß zu beſ- ſern, oder einen Jrrthum zu widerlegen; ſo werde ichs, bey dieſer einzigen Schrift, aber ſchlechterdings nur was die Sache der Wahr- heit betrifft, und als ein ganz fremder Leſer thun, der von Perſoͤnlichkeiten, ſie moͤgen Hoͤflichkeiten oder Grobheiten ſeyn, gar kein Gefuͤhl hat, und fuͤr den nie ein Gegner, ſon- dern nur ein Einwurf exiſtirt. Es iſt ſonſt mein Geſetz, keinen Angriff meiner Schriften, noch viel weniger meines Characters und mei- ner Handlungen, zu beantworten, und ich lei- de es gern, daß ſich Mancher dieſes Vortheils bedient, der ſich einbildet mir ſehr beſchwerlich zu fallen, und dem ich fuͤr alle Welt nicht
wuͤnſchte,
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[0019]
Vorrede.
man nur den Verſuch des Entwurfs ſelbſt ge-
macht haben, um alle Schwierigkeiten, und
die Gefahr zu fehlen und zu irren recht zu em-
pfinden. Jch verlange uͤbrigens fuͤr die Leh-
ren ſelbſt keine Nachſicht. Auf die Wahrheit
iſt es angeſehen, und wo ich die nicht gefunden
habe, da will ichs doch gern veranlaſſen ſie
zu finden. Daher bitte ich nur um eine reif-
liche Ueberlegung meiner Gruͤnde bey ſtreitigen
oder des Jrrthums verdaͤchtigen Stellen. Jch
habe bey dieſem Werke, dem ich nichts deſto-
weniger allerdings Jrrthuͤmer und noch mehr
Maͤngel zutraue, in der That viel uͤberlegt
und wenig geſchrieben, und verlange alſo mit
Rechte, daß man auch uͤberlege, ehe man ſtrei-
tet. Wird man dann wider einige Lehren et-
was einwenden, wozu ich mein Wort zu geben
haͤtte, es ſey nun um es zu erkennen, oder ein-
zuſchraͤnken, oder ein Misverſtaͤndniß zu beſ-
ſern, oder einen Jrrthum zu widerlegen; ſo
werde ichs, bey dieſer einzigen Schrift, aber
ſchlechterdings nur was die Sache der Wahr-
heit betrifft, und als ein ganz fremder Leſer
thun, der von Perſoͤnlichkeiten, ſie moͤgen
Hoͤflichkeiten oder Grobheiten ſeyn, gar kein
Gefuͤhl hat, und fuͤr den nie ein Gegner, ſon-
dern nur ein Einwurf exiſtirt. Es iſt ſonſt
mein Geſetz, keinen Angriff meiner Schriften,
noch viel weniger meines Characters und mei-
ner Handlungen, zu beantworten, und ich lei-
de es gern, daß ſich Mancher dieſes Vortheils
bedient, der ſich einbildet mir ſehr beſchwerlich
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/19>, abgerufen am 16.02.2025.
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