Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.3 Abschn. Der Nerven. Die Begehrungskräfte. lungskraft, §. 84. 86. die alle ihre materiellen Jdeen undEindrücke ins Gehirn machen. §. 25. Nun können die äußern sinnlichen Eindrücke der sinnlichen Reizungen, es mögen äußere Empfindungen oder daraus unmittelbar ge- sammlete sinnliche Vorstellungen seyn, entweder die Be- schaffenheit, oder es kann das Gehirn eines Thiers für al- le oder einige derselben von Natur die Einrichtung haben, daß ihre materielle Jdee die thierische Seelenkraft des Ge- hirns zu allen diesen die sinnlichen Begierden oder Verab- scheuungen entwickelnden materiellen Jdeen und Eindrü- cken aufreizet, und der Vorstellungskraft die dazu gehöri- gen Vorstellungen, nach Art der äußern Empfindungen, anzwingt: oder die äußern sinnlichen Reizungen, oder auch der Mechanismus der thierischen Seelenkräfte des Gehirns, sind nicht so beschaffen, daß sie diese materiellen Jdeen und Eindrücke im Gehirne zur Hervorbringung der sinnlichen Begierden oder Verabscheuungen natürlich noth- wendiger Weise nach sich ziehen müssen, sondern so, daß, wenn dieß geschehen soll, die Vorstellungskraft der Seele nach ihren psychologischen Gesetzen die dazu gehörigen Vor- stellungen und Anstrengungen eigenmächtig hinzufügen muß. §. 27. Jm ersten Falle folgen die sinnlichen Be- gierden und Verabscheuungen aus den sinnlichen Reizun- gen, so wie äußere Empfindungen aus ihren äußern sinnli- chen Eindrücken, natürlich nothwendig nach den Gesetzen der Wirkung des äußern sinnlichen Eindrucks in die thieri- schen Seelenkräfte, und sind eben so ganz sinnlich, wie die- se. Jm letzten Falle hingegen folgen die sinnlichen Be- gierden und Verabscheuungen aus den sinnlichen Reizun- gen nicht natürlich nothwendig, und man kann die Ent- wickelung derselben aus ihnen nicht erklären, wenn man nicht zugleich die Zwischenkunft der eigenmächtigen Vor- stellungen, die sie in der Seele veranlassen, und die sie nach ihren Gesetzen dazwischen mischet, in Erwägung zieht. Wenn nun die sinnlichen Begierden oder Verabscheuungen in die thierische Oekonomie ihre Wirkungen haben, so muß man
3 Abſchn. Der Nerven. Die Begehrungskraͤfte. lungskraft, §. 84. 86. die alle ihre materiellen Jdeen undEindruͤcke ins Gehirn machen. §. 25. Nun koͤnnen die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke der ſinnlichen Reizungen, es moͤgen aͤußere Empfindungen oder daraus unmittelbar ge- ſammlete ſinnliche Vorſtellungen ſeyn, entweder die Be- ſchaffenheit, oder es kann das Gehirn eines Thiers fuͤr al- le oder einige derſelben von Natur die Einrichtung haben, daß ihre materielle Jdee die thieriſche Seelenkraft des Ge- hirns zu allen dieſen die ſinnlichen Begierden oder Verab- ſcheuungen entwickelnden materiellen Jdeen und Eindruͤ- cken aufreizet, und der Vorſtellungskraft die dazu gehoͤri- gen Vorſtellungen, nach Art der aͤußern Empfindungen, anzwingt: oder die aͤußern ſinnlichen Reizungen, oder auch der Mechanismus der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns, ſind nicht ſo beſchaffen, daß ſie dieſe materiellen Jdeen und Eindruͤcke im Gehirne zur Hervorbringung der ſinnlichen Begierden oder Verabſcheuungen natuͤrlich noth- wendiger Weiſe nach ſich ziehen muͤſſen, ſondern ſo, daß, wenn dieß geſchehen ſoll, die Vorſtellungskraft der Seele nach ihren pſychologiſchen Geſetzen die dazu gehoͤrigen Vor- ſtellungen und Anſtrengungen eigenmaͤchtig hinzufuͤgen muß. §. 27. Jm erſten Falle folgen die ſinnlichen Be- gierden und Verabſcheuungen aus den ſinnlichen Reizun- gen, ſo wie aͤußere Empfindungen aus ihren aͤußern ſinnli- chen Eindruͤcken, natuͤrlich nothwendig nach den Geſetzen der Wirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks in die thieri- ſchen Seelenkraͤfte, und ſind eben ſo ganz ſinnlich, wie die- ſe. Jm letzten Falle hingegen folgen die ſinnlichen Be- gierden und Verabſcheuungen aus den ſinnlichen Reizun- gen nicht natuͤrlich nothwendig, und man kann die Ent- wickelung derſelben aus ihnen nicht erklaͤren, wenn man nicht zugleich die Zwiſchenkunft der eigenmaͤchtigen Vor- ſtellungen, die ſie in der Seele veranlaſſen, und die ſie nach ihren Geſetzen dazwiſchen miſchet, in Erwaͤgung zieht. Wenn nun die ſinnlichen Begierden oder Verabſcheuungen in die thieriſche Oekonomie ihre Wirkungen haben, ſo muß man
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3 Abſchn. Der Nerven. Die Begehrungskraͤfte.
lungskraft, §. 84. 86. die alle ihre materiellen Jdeen und
Eindruͤcke ins Gehirn machen. §. 25. Nun koͤnnen die
aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke der ſinnlichen Reizungen, es
moͤgen aͤußere Empfindungen oder daraus unmittelbar ge-
ſammlete ſinnliche Vorſtellungen ſeyn, entweder die Be-
ſchaffenheit, oder es kann das Gehirn eines Thiers fuͤr al-
le oder einige derſelben von Natur die Einrichtung haben,
daß ihre materielle Jdee die thieriſche Seelenkraft des Ge-
hirns zu allen dieſen die ſinnlichen Begierden oder Verab-
ſcheuungen entwickelnden materiellen Jdeen und Eindruͤ-
cken aufreizet, und der Vorſtellungskraft die dazu gehoͤri-
gen Vorſtellungen, nach Art der aͤußern Empfindungen,
anzwingt: oder die aͤußern ſinnlichen Reizungen, oder
auch der Mechanismus der thieriſchen Seelenkraͤfte des
Gehirns, ſind nicht ſo beſchaffen, daß ſie dieſe materiellen
Jdeen und Eindruͤcke im Gehirne zur Hervorbringung der
ſinnlichen Begierden oder Verabſcheuungen natuͤrlich noth-
wendiger Weiſe nach ſich ziehen muͤſſen, ſondern ſo, daß,
wenn dieß geſchehen ſoll, die Vorſtellungskraft der Seele
nach ihren pſychologiſchen Geſetzen die dazu gehoͤrigen Vor-
ſtellungen und Anſtrengungen eigenmaͤchtig hinzufuͤgen
muß. §. 27. Jm erſten Falle folgen die ſinnlichen Be-
gierden und Verabſcheuungen aus den ſinnlichen Reizun-
gen, ſo wie aͤußere Empfindungen aus ihren aͤußern ſinnli-
chen Eindruͤcken, natuͤrlich nothwendig nach den Geſetzen
der Wirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks in die thieri-
ſchen Seelenkraͤfte, und ſind eben ſo ganz ſinnlich, wie die-
ſe. Jm letzten Falle hingegen folgen die ſinnlichen Be-
gierden und Verabſcheuungen aus den ſinnlichen Reizun-
gen nicht natuͤrlich nothwendig, und man kann die Ent-
wickelung derſelben aus ihnen nicht erklaͤren, wenn man
nicht zugleich die Zwiſchenkunft der eigenmaͤchtigen Vor-
ſtellungen, die ſie in der Seele veranlaſſen, und die ſie
nach ihren Geſetzen dazwiſchen miſchet, in Erwaͤgung zieht.
Wenn nun die ſinnlichen Begierden oder Verabſcheuungen
in die thieriſche Oekonomie ihre Wirkungen haben, ſo muß
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