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Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sichtbar in den Gestalten der ersten Bekenner und Blutzeugen wandeln, diese Wunder und Mysterien, die ein fortgesetztes Leben in Einsamkeit und Beschauung erfordern, wie wollen Sie, daß er sie in Bildern wiedergebe? Nein. Wenn sie Alle, die innerlich leer und ertödtet sich fühlen, so aufrichtig zu Werke gingen, wie ich, daß sie den Geist nicht zwingen, Gestalten zu schaffen, die er nicht geschaut, so würden diese hohlen, nichtssagenden, das Heilige verhöhnenden Zerrbilder, die wir jetzt als kirchliche bezeichnen, aus unsern Galerien, unsern Gemächern, unsern Kirchen verschwinden. Warum, wenn es verboten ist, mit Worten zu lügen, warum es gestatten, mit Farben? Ist ein Heiligenbild, das wir lachend und mit Unglauben malen, nicht ein falscher Eid?

Die junge Künstlerin war zu erschüttert, um weiter sprechen zu können. Sie barg ihr Haupt an der Brust des Greises, der ihr schmeichelnd die langen dunkeln Locken mit segnender Hand berührte. Laß dir das Zwitterwesen unserer Zeit nicht allzusehr zu Herzen gehen, mein Kind, flüsterte er.

Es kostet mich das Leben! rief Scholastika mit Heftigkeit. Ich kann, da ich einmal das Heilige empfunden und mit Bewußtsein in mir bewahrt, nicht fürder ohne den Himmel leben. Segnen Sie mich, mein Vater, ich verlasse Paris.

Wie? rief der Greis; du willst Glück, Ruhm, Reichthum von dir weisen?

sichtbar in den Gestalten der ersten Bekenner und Blutzeugen wandeln, diese Wunder und Mysterien, die ein fortgesetztes Leben in Einsamkeit und Beschauung erfordern, wie wollen Sie, daß er sie in Bildern wiedergebe? Nein. Wenn sie Alle, die innerlich leer und ertödtet sich fühlen, so aufrichtig zu Werke gingen, wie ich, daß sie den Geist nicht zwingen, Gestalten zu schaffen, die er nicht geschaut, so würden diese hohlen, nichtssagenden, das Heilige verhöhnenden Zerrbilder, die wir jetzt als kirchliche bezeichnen, aus unsern Galerien, unsern Gemächern, unsern Kirchen verschwinden. Warum, wenn es verboten ist, mit Worten zu lügen, warum es gestatten, mit Farben? Ist ein Heiligenbild, das wir lachend und mit Unglauben malen, nicht ein falscher Eid?

Die junge Künstlerin war zu erschüttert, um weiter sprechen zu können. Sie barg ihr Haupt an der Brust des Greises, der ihr schmeichelnd die langen dunkeln Locken mit segnender Hand berührte. Laß dir das Zwitterwesen unserer Zeit nicht allzusehr zu Herzen gehen, mein Kind, flüsterte er.

Es kostet mich das Leben! rief Scholastika mit Heftigkeit. Ich kann, da ich einmal das Heilige empfunden und mit Bewußtsein in mir bewahrt, nicht fürder ohne den Himmel leben. Segnen Sie mich, mein Vater, ich verlasse Paris.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:43:38Z)

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Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/98>, abgerufen am 22.11.2024.