Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

die Landstraße, auf der es nun flüchtig dahinging, wie auf Flügeln des Sturmwindes.

Man machte erst jenseit Kiew Halt. Dimitri und Gregor mußten sich bei der Militärbehörde melden. Scholastika war allein in dem Gasthause zurückgeblieben. Sie saß einsam in ihrem Zimmer, als die Thür sich öffnete und ein junger Offizier in glänzender Uniform, mit militärischen Ehrenzeichen bekleidet, zu ihr eintrat. Entsetzt fuhr sie in die Höhe, und gleich darauf stieß sie einen Schrei des freudigsten Staunens aus, als sie Dimitri erkannte. Gleich darauf trat Gregor herein, ebenfalls als Offizier. Er näherte sich dem jungen Mädchen und sagte mit einem Lächeln und einer ehrfurchtsvollen Verbeugung: Hier mein Fräulein, stelle ich Ihnen den Fürsten Gluboff vor, Capitän der Garde Sr. Majestät, und in mir, verehrungswerthes Fräulein, erkennen Sie Ihren treuesten Diener, Ihren ergebensten Knecht, und wenn Sie und der Fürst es gestatten, Ihren aufrichtigen Bewunderer und Anbeter, Gregor Milowitsch, leider nur Lieutenant bei demselben Regiment, aber mit der Hoffnung, bald dem Fürsten, meinem erhabenen Freund, in Allem, so auch im Range gleich zu sein.

Genug der Possen! rief Dimitri. Ich wiederhole, ob Fürst, ob Bauer, es entscheidet hier nichts. Du bist jetzt mein, Scholastika. Lege die lüstern Gewänder, die dich an eine trübe Zeit der Unterdrückung und Geistesknechtschaft mahnen, ab, lege die Kleider an, die die

die Landstraße, auf der es nun flüchtig dahinging, wie auf Flügeln des Sturmwindes.

Man machte erst jenseit Kiew Halt. Dimitri und Gregor mußten sich bei der Militärbehörde melden. Scholastika war allein in dem Gasthause zurückgeblieben. Sie saß einsam in ihrem Zimmer, als die Thür sich öffnete und ein junger Offizier in glänzender Uniform, mit militärischen Ehrenzeichen bekleidet, zu ihr eintrat. Entsetzt fuhr sie in die Höhe, und gleich darauf stieß sie einen Schrei des freudigsten Staunens aus, als sie Dimitri erkannte. Gleich darauf trat Gregor herein, ebenfalls als Offizier. Er näherte sich dem jungen Mädchen und sagte mit einem Lächeln und einer ehrfurchtsvollen Verbeugung: Hier mein Fräulein, stelle ich Ihnen den Fürsten Gluboff vor, Capitän der Garde Sr. Majestät, und in mir, verehrungswerthes Fräulein, erkennen Sie Ihren treuesten Diener, Ihren ergebensten Knecht, und wenn Sie und der Fürst es gestatten, Ihren aufrichtigen Bewunderer und Anbeter, Gregor Milowitsch, leider nur Lieutenant bei demselben Regiment, aber mit der Hoffnung, bald dem Fürsten, meinem erhabenen Freund, in Allem, so auch im Range gleich zu sein.

Genug der Possen! rief Dimitri. Ich wiederhole, ob Fürst, ob Bauer, es entscheidet hier nichts. Du bist jetzt mein, Scholastika. Lege die lüstern Gewänder, die dich an eine trübe Zeit der Unterdrückung und Geistesknechtschaft mahnen, ab, lege die Kleider an, die die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0079"/>
die Landstraße, auf der es nun flüchtig                dahinging, wie auf Flügeln des Sturmwindes.</p><lb/>
        <p>Man machte erst jenseit Kiew Halt. Dimitri und Gregor mußten sich bei der                Militärbehörde melden. Scholastika war allein in dem Gasthause zurückgeblieben. Sie                saß einsam in ihrem Zimmer, als die Thür sich öffnete und ein junger Offizier in                glänzender Uniform, mit militärischen Ehrenzeichen bekleidet, zu ihr eintrat.                Entsetzt fuhr sie in die Höhe, und gleich darauf stieß sie einen Schrei des                freudigsten Staunens aus, als sie Dimitri erkannte. Gleich darauf trat Gregor herein,                ebenfalls als Offizier. Er näherte sich dem jungen Mädchen und sagte mit einem                Lächeln und einer ehrfurchtsvollen Verbeugung: Hier mein Fräulein, stelle ich Ihnen                den Fürsten Gluboff vor, Capitän der Garde Sr. Majestät, und in mir,                verehrungswerthes Fräulein, erkennen Sie Ihren treuesten Diener, Ihren ergebensten                Knecht, und wenn Sie und der Fürst es gestatten, Ihren aufrichtigen Bewunderer und                Anbeter, Gregor Milowitsch, leider nur Lieutenant bei demselben Regiment, aber mit                der Hoffnung, bald dem Fürsten, meinem erhabenen Freund, in Allem, so auch im Range                gleich zu sein.</p><lb/>
        <p>Genug der Possen! rief Dimitri. Ich wiederhole, ob Fürst, ob Bauer, es entscheidet                hier nichts. Du bist jetzt mein, Scholastika. Lege die lüstern Gewänder, die dich an                eine trübe Zeit der Unterdrückung und Geistesknechtschaft mahnen, ab, lege die                Kleider an, die die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0079] die Landstraße, auf der es nun flüchtig dahinging, wie auf Flügeln des Sturmwindes. Man machte erst jenseit Kiew Halt. Dimitri und Gregor mußten sich bei der Militärbehörde melden. Scholastika war allein in dem Gasthause zurückgeblieben. Sie saß einsam in ihrem Zimmer, als die Thür sich öffnete und ein junger Offizier in glänzender Uniform, mit militärischen Ehrenzeichen bekleidet, zu ihr eintrat. Entsetzt fuhr sie in die Höhe, und gleich darauf stieß sie einen Schrei des freudigsten Staunens aus, als sie Dimitri erkannte. Gleich darauf trat Gregor herein, ebenfalls als Offizier. Er näherte sich dem jungen Mädchen und sagte mit einem Lächeln und einer ehrfurchtsvollen Verbeugung: Hier mein Fräulein, stelle ich Ihnen den Fürsten Gluboff vor, Capitän der Garde Sr. Majestät, und in mir, verehrungswerthes Fräulein, erkennen Sie Ihren treuesten Diener, Ihren ergebensten Knecht, und wenn Sie und der Fürst es gestatten, Ihren aufrichtigen Bewunderer und Anbeter, Gregor Milowitsch, leider nur Lieutenant bei demselben Regiment, aber mit der Hoffnung, bald dem Fürsten, meinem erhabenen Freund, in Allem, so auch im Range gleich zu sein. Genug der Possen! rief Dimitri. Ich wiederhole, ob Fürst, ob Bauer, es entscheidet hier nichts. Du bist jetzt mein, Scholastika. Lege die lüstern Gewänder, die dich an eine trübe Zeit der Unterdrückung und Geistesknechtschaft mahnen, ab, lege die Kleider an, die die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:43:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/79
Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/79>, abgerufen am 22.11.2024.