Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.dieser goldglühenden Sessel und dieser funkensprühenden Draperien ihre Lust am Glanze büßen zu lassen während die Hartherzigen, die das Elend ihrer Brüder nie hatten mildern wollen, jetzt in den engen, dumpfen, modernden Gruben, die sie selbst hatten aushöhlen helfen, schmachteten. Die Wälle und Plätze dieser Stadt wurden von Phantomen von grausiger Gestalt bewacht. Einige von ihnen trugen feurigglühende Panzer, und Flammenbüschel brannten über ihren Häuptern, andere sahen wie Steingeröll aus, wie verwitterte Thurmzinnen, wieder andere hatten die Gestalt von Thieren und hoben Elephantenrüssel in die Lüfte. Die Steine des Pflasters bildeten Menschenschädel, in denen ein weißes Feuer noch zuckend brannte, jene verdammten und gotteslästerlichen Gedanken veranschaulichend, die einst in diesen Köpfen gewüthet. Die Plätze und Straßen der Stadt waren mit Monumenten geziert, auf denen mit brennender Schrift irgend eine fluchwerthe That eingegraben war. Um diese Denksteine herum schwebten die Seelen der Verdammten in ewiger gräßlicher Klage. Ich betrat einen der Paläste und hatte Mühe, nicht auszugleiten auf dem Marmorboden, der in Blut schwamm. Eine Tafel war bereitet, aber in den goldnen Schüsseln schwammen die ekelerregendsten Speisen; in Gift gekochte Menschenherzen, Kindergehirn mit Schwefelflammen durchzuckt, Schlangen und Vipern in Blut ertränkt, und an diesen Speisen sättigten sich Söhne, die einst Gift gaben ihrem eignen Vater, um in sein Erbe zu treten, Mütter dieser goldglühenden Sessel und dieser funkensprühenden Draperien ihre Lust am Glanze büßen zu lassen während die Hartherzigen, die das Elend ihrer Brüder nie hatten mildern wollen, jetzt in den engen, dumpfen, modernden Gruben, die sie selbst hatten aushöhlen helfen, schmachteten. Die Wälle und Plätze dieser Stadt wurden von Phantomen von grausiger Gestalt bewacht. Einige von ihnen trugen feurigglühende Panzer, und Flammenbüschel brannten über ihren Häuptern, andere sahen wie Steingeröll aus, wie verwitterte Thurmzinnen, wieder andere hatten die Gestalt von Thieren und hoben Elephantenrüssel in die Lüfte. Die Steine des Pflasters bildeten Menschenschädel, in denen ein weißes Feuer noch zuckend brannte, jene verdammten und gotteslästerlichen Gedanken veranschaulichend, die einst in diesen Köpfen gewüthet. Die Plätze und Straßen der Stadt waren mit Monumenten geziert, auf denen mit brennender Schrift irgend eine fluchwerthe That eingegraben war. Um diese Denksteine herum schwebten die Seelen der Verdammten in ewiger gräßlicher Klage. Ich betrat einen der Paläste und hatte Mühe, nicht auszugleiten auf dem Marmorboden, der in Blut schwamm. Eine Tafel war bereitet, aber in den goldnen Schüsseln schwammen die ekelerregendsten Speisen; in Gift gekochte Menschenherzen, Kindergehirn mit Schwefelflammen durchzuckt, Schlangen und Vipern in Blut ertränkt, und an diesen Speisen sättigten sich Söhne, die einst Gift gaben ihrem eignen Vater, um in sein Erbe zu treten, Mütter <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0071"/> dieser goldglühenden Sessel und dieser funkensprühenden Draperien ihre Lust am Glanze büßen zu lassen während die Hartherzigen, die das Elend ihrer Brüder nie hatten mildern wollen, jetzt in den engen, dumpfen, modernden Gruben, die sie selbst hatten aushöhlen helfen, schmachteten. Die Wälle und Plätze dieser Stadt wurden von Phantomen von grausiger Gestalt bewacht. Einige von ihnen trugen feurigglühende Panzer, und Flammenbüschel brannten über ihren Häuptern, andere sahen wie Steingeröll aus, wie verwitterte Thurmzinnen, wieder andere hatten die Gestalt von Thieren und hoben Elephantenrüssel in die Lüfte. Die Steine des Pflasters bildeten Menschenschädel, in denen ein weißes Feuer noch zuckend brannte, jene verdammten und gotteslästerlichen Gedanken veranschaulichend, die einst in diesen Köpfen gewüthet. Die Plätze und Straßen der Stadt waren mit Monumenten geziert, auf denen mit brennender Schrift irgend eine fluchwerthe That eingegraben war. Um diese Denksteine herum schwebten die Seelen der Verdammten in ewiger gräßlicher Klage. Ich betrat einen der Paläste und hatte Mühe, nicht auszugleiten auf dem Marmorboden, der in Blut schwamm. Eine Tafel war bereitet, aber in den goldnen Schüsseln schwammen die ekelerregendsten Speisen; in Gift gekochte Menschenherzen, Kindergehirn mit Schwefelflammen durchzuckt, Schlangen und Vipern in Blut ertränkt, und an diesen Speisen sättigten sich Söhne, die einst Gift gaben ihrem eignen Vater, um in sein Erbe zu treten, Mütter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
dieser goldglühenden Sessel und dieser funkensprühenden Draperien ihre Lust am Glanze büßen zu lassen während die Hartherzigen, die das Elend ihrer Brüder nie hatten mildern wollen, jetzt in den engen, dumpfen, modernden Gruben, die sie selbst hatten aushöhlen helfen, schmachteten. Die Wälle und Plätze dieser Stadt wurden von Phantomen von grausiger Gestalt bewacht. Einige von ihnen trugen feurigglühende Panzer, und Flammenbüschel brannten über ihren Häuptern, andere sahen wie Steingeröll aus, wie verwitterte Thurmzinnen, wieder andere hatten die Gestalt von Thieren und hoben Elephantenrüssel in die Lüfte. Die Steine des Pflasters bildeten Menschenschädel, in denen ein weißes Feuer noch zuckend brannte, jene verdammten und gotteslästerlichen Gedanken veranschaulichend, die einst in diesen Köpfen gewüthet. Die Plätze und Straßen der Stadt waren mit Monumenten geziert, auf denen mit brennender Schrift irgend eine fluchwerthe That eingegraben war. Um diese Denksteine herum schwebten die Seelen der Verdammten in ewiger gräßlicher Klage. Ich betrat einen der Paläste und hatte Mühe, nicht auszugleiten auf dem Marmorboden, der in Blut schwamm. Eine Tafel war bereitet, aber in den goldnen Schüsseln schwammen die ekelerregendsten Speisen; in Gift gekochte Menschenherzen, Kindergehirn mit Schwefelflammen durchzuckt, Schlangen und Vipern in Blut ertränkt, und an diesen Speisen sättigten sich Söhne, die einst Gift gaben ihrem eignen Vater, um in sein Erbe zu treten, Mütter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/71 |
Zitationshilfe: | Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/71>, abgerufen am 28.07.2024. |