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Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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geschändet hervor. In einem andern Bilde zeigten sich zwei Engel, die über der Erde schwebten, der eine streute Blumen, die im Fallen zu Steinen wurden, der andere warf Steine herab, die sich, bevor sie die Erde berührten, in Blumen verwandelten. So ist himmlische Strafe Gunst, himmlische Gunst Strafe; dem kurzsichtigen Sterblichen beides in Dunkel verhüllt.

Während dieses Dienstes am Krankenbette ließ die Schaffnerin eines Tages unsere Nonne zu sich kommen und verlangte einen Dienst von ihr. Seit einem Monat schon, sagte die strenge Patronin, arbeitet ein Maler von großem Ruf in der Seitenhalle unserer Kirche. Es handelt sich darum, das schon so oft copirte Bild, den heiligen Georg, für einen reichen Sammler und Liebhaber von Gemälden in der Hauptstadt getreu in Farben und Umriß wiederzugeben. Ich selbst bin zwar Kennerin von Gemälden, allein mein Auge ist seit einiger Zeit nicht mehr so hell und scharf wie sonst. Unsere alte Oberin fehlt uns jetzt, sie wußte in solchen Fällen Rath. Von allen Schwestern in unserm heiligen Hause bist du die Einzige, der ich Sinn und Urtheil zutraue. Begieb dich daher hinab in die Halle, ich habe Befehl gegeben, daß der Künstler sich entferne, betrachte sein Werk und statte mir Bericht ab. Ich werde meinerseits alsdann unserm Nachbar, dem Edelmann, der das Bild bestellt hat, meine Entscheidung zukommen lassen, ob seine Hoffnungen der Erfüllung nahe sind, oder nicht.

geschändet hervor. In einem andern Bilde zeigten sich zwei Engel, die über der Erde schwebten, der eine streute Blumen, die im Fallen zu Steinen wurden, der andere warf Steine herab, die sich, bevor sie die Erde berührten, in Blumen verwandelten. So ist himmlische Strafe Gunst, himmlische Gunst Strafe; dem kurzsichtigen Sterblichen beides in Dunkel verhüllt.

Während dieses Dienstes am Krankenbette ließ die Schaffnerin eines Tages unsere Nonne zu sich kommen und verlangte einen Dienst von ihr. Seit einem Monat schon, sagte die strenge Patronin, arbeitet ein Maler von großem Ruf in der Seitenhalle unserer Kirche. Es handelt sich darum, das schon so oft copirte Bild, den heiligen Georg, für einen reichen Sammler und Liebhaber von Gemälden in der Hauptstadt getreu in Farben und Umriß wiederzugeben. Ich selbst bin zwar Kennerin von Gemälden, allein mein Auge ist seit einiger Zeit nicht mehr so hell und scharf wie sonst. Unsere alte Oberin fehlt uns jetzt, sie wußte in solchen Fällen Rath. Von allen Schwestern in unserm heiligen Hause bist du die Einzige, der ich Sinn und Urtheil zutraue. Begieb dich daher hinab in die Halle, ich habe Befehl gegeben, daß der Künstler sich entferne, betrachte sein Werk und statte mir Bericht ab. Ich werde meinerseits alsdann unserm Nachbar, dem Edelmann, der das Bild bestellt hat, meine Entscheidung zukommen lassen, ob seine Hoffnungen der Erfüllung nahe sind, oder nicht.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:43:38Z)

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Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/48>, abgerufen am 21.11.2024.