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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
die davon nicht begeistert sind. Ein kühner
Mann trägt die Hoheit im Gesicht geprä-
get und in allen seinen Gebärden herumb/
die Ernsthafftigkeit siehet ihm zu den Au-
gen herauß/ und leuchtet auß seinen Tha-
ten/ er gehet denen gefährlichen Gelegen-
heiten getrost unter die Augen/ und dencket
nicht so wohl/ wie er die Gefahr meiden/ als
wie er sie überwinden wil. Er redet wenig
und thut viel/ aber was er thut/ das thut er
öffentlich/ und hält die heimlichsten Strei-
che und die Verstellungen vor Mittel/ die
seiner Hertzhafftigkeit nicht anstehen.

Die Vollblütigen sind meistentheils küh-
ner als die andern/ weil sie mehr Hitze ha-
ben. Auch hat man bemercket/ daß die Nor-
dischen Völcker viel tapfferer seynd als die
Südischen. Es ist nicht ohn/ daß diese letztere
nicht auch offt Feuer fangen solten wegen
der gelben Galle/ so in ihnen die Oberhand
hat. Aber wie diese gelbe Galle mit der
schwartzen vermischet ist/ so sind die Südi-
schen Völcker gemeiniglich sehr klug/ und
fürchten die Gefahr/ sehen derselben auch
nicht gar zukühnlich in die Augen/ es sey
dann/ daß sie von einer Begierde sich zurä-
chen darzu auffgemuntert werden. Es gibt

noch
D

Welt-Mann.
die davon nicht begeiſtert ſind. Ein kuͤhner
Mann traͤgt die Hoheit im Geſicht gepraͤ-
get und in allen ſeinen Gebaͤrden herumb/
die Ernſthafftigkeit ſiehet ihm zu den Au-
gen herauß/ und leuchtet auß ſeinen Tha-
ten/ er gehet denen gefaͤhrlichen Gelegen-
heiten getroſt unter die Augen/ und dencket
nicht ſo wohl/ wie er die Gefahr meiden/ als
wie er ſie uͤberwinden wil. Er redet wenig
und thut viel/ aber was er thut/ das thut er
oͤffentlich/ und haͤlt die heimlichſten Strei-
che und die Verſtellungen vor Mittel/ die
ſeiner Hertzhafftigkeit nicht anſtehen.

Die Vollbluͤtigẽ ſind meiſtentheils kuͤh-
ner als die andern/ weil ſie mehr Hitze ha-
ben. Auch hat man bemercket/ daß die Nor-
diſchen Voͤlcker viel tapfferer ſeynd als die
Suͤdiſchẽ. Es iſt nicht ohn/ daß dieſe letztere
nicht auch offt Feuer fangen ſolten wegen
der gelben Galle/ ſo in ihnen die Oberhand
hat. Aber wie dieſe gelbe Galle mit der
ſchwartzen vermiſchet iſt/ ſo ſind die Suͤdi-
ſchen Voͤlcker gemeiniglich ſehr klug/ und
fuͤrchten die Gefahr/ ſehen derſelben auch
nicht gar zukuͤhnlich in die Augen/ es ſey
dann/ daß ſie von einer Begierde ſich zuraͤ-
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[73/0089] Welt-Mann. die davon nicht begeiſtert ſind. Ein kuͤhner Mann traͤgt die Hoheit im Geſicht gepraͤ- get und in allen ſeinen Gebaͤrden herumb/ die Ernſthafftigkeit ſiehet ihm zu den Au- gen herauß/ und leuchtet auß ſeinen Tha- ten/ er gehet denen gefaͤhrlichen Gelegen- heiten getroſt unter die Augen/ und dencket nicht ſo wohl/ wie er die Gefahr meiden/ als wie er ſie uͤberwinden wil. Er redet wenig und thut viel/ aber was er thut/ das thut er oͤffentlich/ und haͤlt die heimlichſten Strei- che und die Verſtellungen vor Mittel/ die ſeiner Hertzhafftigkeit nicht anſtehen. Die Vollbluͤtigẽ ſind meiſtentheils kuͤh- ner als die andern/ weil ſie mehr Hitze ha- ben. Auch hat man bemercket/ daß die Nor- diſchen Voͤlcker viel tapfferer ſeynd als die Suͤdiſchẽ. Es iſt nicht ohn/ daß dieſe letztere nicht auch offt Feuer fangen ſolten wegen der gelben Galle/ ſo in ihnen die Oberhand hat. Aber wie dieſe gelbe Galle mit der ſchwartzen vermiſchet iſt/ ſo ſind die Suͤdi- ſchen Voͤlcker gemeiniglich ſehr klug/ und fuͤrchten die Gefahr/ ſehen derſelben auch nicht gar zukuͤhnlich in die Augen/ es ſey dann/ daß ſie von einer Begierde ſich zuraͤ- chen darzu auffgemuntert werden. Es gibt noch D

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/89>, abgerufen am 25.11.2024.