[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.Welt-Mann. als wegen der Sitten. Man wird vielleichtsagen/ daß ich mich in der Beschreibung der Verzweiffelung ein wenig versehen/ weil ich gesaget/ daß sie sich auff was gutes bezöge/ welches man sich nicht trauete zuer- langen; An statt daß ich solte sagen/ es scheine/ daß die Verzweiffelung sich beziehe auff etwas böses/ welches man sich nicht trauet zuüberwinden. Aber es ist leicht zu antworten/ daß die zwey Meinungen in unterschiedlichen Worten einerley sagen. Ein Krancker/ den die Aertzte verlassen/ zielet mit seiner Verzweiffelung nicht auff die Kranckheit/ sondern auff die Gesund- heit/ welche er betrachtet als etwas gutes/ welches er sich zuerlangen nicht trauet. Man kan auch sagen/ daß es natürlicher die
Welt-Mann. als wegen der Sitten. Man wird vielleichtſagen/ daß ich mich in der Beſchreibung der Verzweiffelung ein wenig verſehen/ weil ich geſaget/ daß ſie ſich auff was gutes bezoͤge/ welches man ſich nicht trauete zuer- langen; An ſtatt daß ich ſolte ſagen/ es ſcheine/ daß die Verzweiffelung ſich beziehe auff etwas boͤſes/ welches man ſich nicht trauet zuuͤberwinden. Aber es iſt leicht zu antworten/ daß die zwey Meinungen in unterſchiedlichen Worten einerley ſagen. Ein Krancker/ den die Aertzte verlaſſen/ zielet mit ſeiner Verzweiffelung nicht auff die Kranckheit/ ſondern auff die Geſund- heit/ welche er betrachtet als etwas gutes/ welches er ſich zuerlangen nicht trauet. Man kan auch ſagen/ daß es natuͤrlicher die
<TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0087" n="71"/><fw place="top" type="header">Welt-Mann.</fw><lb/> als wegen der Sitten. Man wird vielleicht<lb/> ſagen/ daß ich mich in der Beſchreibung<lb/> der Verzweiffelung ein wenig verſehen/<lb/> weil ich geſaget/ daß ſie ſich auff was gutes<lb/> bezoͤge/ welches man ſich nicht trauete zuer-<lb/> langen; An ſtatt daß ich ſolte ſagen/ es<lb/> ſcheine/ daß die Verzweiffelung ſich beziehe<lb/> auff etwas boͤſes/ welches man ſich nicht<lb/> trauet zuuͤberwinden. Aber es iſt leicht zu<lb/> antworten/ daß die zwey Meinungen in<lb/> unterſchiedlichen Worten einerley ſagen.<lb/> Ein Krancker/ den die Aertzte verlaſſen/<lb/> zielet mit ſeiner Verzweiffelung nicht auff<lb/> die Kranckheit/ ſondern auff die Geſund-<lb/> heit/ welche er betrachtet als etwas gutes/<lb/> welches er ſich zuerlangen nicht trauet.</p><lb/> <p>Man kan auch ſagen/ daß es natuͤrlicher<lb/> iſt/ Furcht und Hoffnung einander entge-<lb/> gen ſetzen/ als Verzweiffelung und Hoff-<lb/> nung; und ich bekenne/ daß die Freyheit der<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Converſation</hi></hi> ſolches wohl zulaͤſt. Allein/<lb/> nicht wann man genau von der Sache re-<lb/> den wil. Jn warheit wir ſehen/ daß nicht<lb/> allein die Furcht der Hoffnung nicht ſtracks<lb/> entgegẽ geſetzet wird/ ſondern auch daß dieſe<lb/> zwo <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Paſſiones</hi></hi> ſich faſt ſtets unter einem Da-<lb/> che bey einander einfinden; an ſtatt daß<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [71/0087]
Welt-Mann.
als wegen der Sitten. Man wird vielleicht
ſagen/ daß ich mich in der Beſchreibung
der Verzweiffelung ein wenig verſehen/
weil ich geſaget/ daß ſie ſich auff was gutes
bezoͤge/ welches man ſich nicht trauete zuer-
langen; An ſtatt daß ich ſolte ſagen/ es
ſcheine/ daß die Verzweiffelung ſich beziehe
auff etwas boͤſes/ welches man ſich nicht
trauet zuuͤberwinden. Aber es iſt leicht zu
antworten/ daß die zwey Meinungen in
unterſchiedlichen Worten einerley ſagen.
Ein Krancker/ den die Aertzte verlaſſen/
zielet mit ſeiner Verzweiffelung nicht auff
die Kranckheit/ ſondern auff die Geſund-
heit/ welche er betrachtet als etwas gutes/
welches er ſich zuerlangen nicht trauet.
Man kan auch ſagen/ daß es natuͤrlicher
iſt/ Furcht und Hoffnung einander entge-
gen ſetzen/ als Verzweiffelung und Hoff-
nung; und ich bekenne/ daß die Freyheit der
Converſation ſolches wohl zulaͤſt. Allein/
nicht wann man genau von der Sache re-
den wil. Jn warheit wir ſehen/ daß nicht
allein die Furcht der Hoffnung nicht ſtracks
entgegẽ geſetzet wird/ ſondern auch daß dieſe
zwo Paſſiones ſich faſt ſtets unter einem Da-
che bey einander einfinden; an ſtatt daß
die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |