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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
man sich schwerlich hierinnen vergleichen
können/ wie man diese Tugend gebürlich
zerlegen und schätzen müsse. Die Kriegs-
Leute werden ihr nachsagen/ daß sie der
Abneigung zur Ehren allzu sehr ähnlige.
Wann indessen die Philosophen durch ei-
ne gantz widrige Meinung die Leute zu ei-
ner noch zärtern Mässigung werden bere-
den wollen. Wir können derhalben nicht
besser thun/ als nochmalen von der Mässi-
gung sagen/ was wir schon an unter-
schiedlichen Orten gedacht/ und was wir
nicht allzuviel gedencken können/ daß man
nemlich die Tugenden bald so bald anders
betrachten müsse/ wornach die Umbstände
der Zeiten/ der Oerter/ und der Personen
sich so oder anders verhalten. Und warhaff-
tig ist die Mässigung der Frauen gemeini-
glich weit grösser/ als die Mässigung der
Männer. Ein Kriegs-General ist gantz
auff andere Weise mässig als ein Philo-
sophe.

Aristoteles zehlt auch noch die Leutseelig-
keit/ die Warheit/ und den erbaren Schertz
unter die Tugenden.

Allein weil wir ohne diß von der Con-
versation einen kleinen Tractat abfassen

müssen/

Welt-Mann.
man ſich ſchwerlich hierinnen vergleichen
koͤnnen/ wie man dieſe Tugend gebuͤrlich
zerlegen und ſchaͤtzen muͤſſe. Die Kriegs-
Leute werden ihr nachſagen/ daß ſie der
Abneigung zur Ehren allzu ſehr aͤhnlige.
Wann indeſſen die Philoſophen durch ei-
ne gantz widrige Meinung die Leute zu ei-
ner noch zaͤrtern Maͤſſigung werden bere-
den wollen. Wir koͤnnen derhalben nicht
beſſer thun/ als nochmalen von der Maͤſſi-
gung ſagen/ was wir ſchon an unter-
ſchiedlichen Orten gedacht/ und was wir
nicht allzuviel gedencken koͤnnen/ daß man
nemlich die Tugenden bald ſo bald anders
betrachten muͤſſe/ wornach die Umbſtaͤnde
der Zeiten/ der Oerter/ und der Perſonen
ſich ſo oder anders verhalten. Und warhaff-
tig iſt die Maͤſſigung der Frauen gemeini-
glich weit groͤſſer/ als die Maͤſſigung der
Maͤnner. Ein Kriegs-General iſt gantz
auff andere Weiſe maͤſſig als ein Philo-
ſophe.

Ariſtoteles zehlt auch noch die Leutſeelig-
keit/ die Warheit/ und den erbaren Schertz
unter die Tugenden.

Allein weil wir ohne diß von der Con-
verſation einen kleinen Tractat abfaſſen

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[39/0055] Welt-Mann. man ſich ſchwerlich hierinnen vergleichen koͤnnen/ wie man dieſe Tugend gebuͤrlich zerlegen und ſchaͤtzen muͤſſe. Die Kriegs- Leute werden ihr nachſagen/ daß ſie der Abneigung zur Ehren allzu ſehr aͤhnlige. Wann indeſſen die Philoſophen durch ei- ne gantz widrige Meinung die Leute zu ei- ner noch zaͤrtern Maͤſſigung werden bere- den wollen. Wir koͤnnen derhalben nicht beſſer thun/ als nochmalen von der Maͤſſi- gung ſagen/ was wir ſchon an unter- ſchiedlichen Orten gedacht/ und was wir nicht allzuviel gedencken koͤnnen/ daß man nemlich die Tugenden bald ſo bald anders betrachten muͤſſe/ wornach die Umbſtaͤnde der Zeiten/ der Oerter/ und der Perſonen ſich ſo oder anders verhalten. Und warhaff- tig iſt die Maͤſſigung der Frauen gemeini- glich weit groͤſſer/ als die Maͤſſigung der Maͤnner. Ein Kriegs-General iſt gantz auff andere Weiſe maͤſſig als ein Philo- ſophe. Ariſtoteles zehlt auch noch die Leutſeelig- keit/ die Warheit/ und den erbaren Schertz unter die Tugenden. Allein weil wir ohne diß von der Con- verſation einen kleinen Tractat abfaſſen muͤſſen/

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/55>, abgerufen am 28.11.2024.