Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Welt-Mann.
ein Mensch warhafftig kan glückseelig
genennet werden/ wofern er in Genies-
sung der jenigen Lüste/ so ihm so-
wohl zur Seele/ als zum Leibe ge-
deyen können/ lebet.
Durch diß Wort
Gedeyen siehet man wohl/ daß ich nicht
allein die verbotenen Lüste außschliesse/ zu-
sambt denjenigen so der Gesundheit scha-
den können/ sondern auch daß ich gewisse
Lüste verstehe/ so diesen Personen besser bey-
kommen/ als andern/ entweder wegen ihres
Geblütes/ oder wegen ihres Standes und
ihrer Würde. Es ist in Warheit nicht
genug/ daß ein Printz wohl gewachsen
sey/ klug und tapffer/ daß er Gesundheit
und Tugend habe/ alldieweil mit allen die-
sen Vortrefflichkeiten er dennoch wird un-
glückseelig seyn/ wann er sich nicht in dem
Stande befindet/ daß er seine Länder ver-
theidigen/ und seine Feinde abhalten kan.

Ein Soldat und ein Weltweiser wer-
den niemals einerley Lüste haben: Und ein
alter melancholischer Mann wird sich vor
der Welt verstecken und auff das Nach-
grüblen legen/ an statt daß ein junger
Mensch/ der die Gesellschafft liebet/ in der
Einsamkeit/ wo er sich hinverwiesen sehe/ kei-

nen
A 4

Welt-Mann.
ein Menſch warhafftig kan glückſeelig
genennet werden/ wofern er in Genieſ-
ſung der jenigen Lüſte/ ſo ihm ſo-
wohl zur Seele/ als zum Leibe ge-
deyen koͤnnen/ lebet.
Durch diß Wort
Gedeyen ſiehet man wohl/ daß ich nicht
allein die verbotenen Luͤſte außſchlieſſe/ zu-
ſambt denjenigen ſo der Geſundheit ſcha-
den koͤnnen/ ſondern auch daß ich gewiſſe
Luͤſte verſtehe/ ſo dieſen Perſonen beſſer bey-
kommen/ als andern/ entweder wegen ihres
Gebluͤtes/ oder wegen ihres Standes und
ihrer Wuͤrde. Es iſt in Warheit nicht
genug/ daß ein Printz wohl gewachſen
ſey/ klug und tapffer/ daß er Geſundheit
und Tugend habe/ alldieweil mit allen die-
ſen Vortrefflichkeiten er dennoch wird un-
gluͤckſeelig ſeyn/ wann er ſich nicht in dem
Stande befindet/ daß er ſeine Laͤnder ver-
theidigen/ und ſeine Feinde abhalten kan.

Ein Soldat und ein Weltweiſer wer-
den niemals einerley Luͤſte haben: Und ein
alter melancholiſcher Mann wird ſich vor
der Welt verſtecken und auff das Nach-
gruͤblen legen/ an ſtatt daß ein junger
Menſch/ der die Geſellſchafft liebet/ in der
Einſamkeit/ wo er ſich hinverwieſẽ ſehe/ kei-

nen
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <p><pb facs="#f0023" n="7"/><fw place="top" type="header">Welt-Mann.</fw><lb/>
ein Men&#x017F;ch warhafftig kan <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">glück&#x017F;eelig</hi></hi><lb/>
genennet werden/ <hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">wofern er in Genie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung der jenigen Lü&#x017F;te/ &#x017F;o ihm &#x017F;o-<lb/>
wohl zur Seele/ als zum Leibe ge-<lb/>
deyen ko&#x0364;nnen/ lebet.</hi></hi> Durch diß Wort<lb/><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Gedeyen</hi></hi> &#x017F;iehet man wohl/ daß ich nicht<lb/>
allein die verbotenen Lu&#x0364;&#x017F;te auß&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e/ zu-<lb/>
&#x017F;ambt denjenigen &#x017F;o der Ge&#x017F;undheit &#x017F;cha-<lb/>
den ko&#x0364;nnen/ &#x017F;ondern auch daß ich gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Lu&#x0364;&#x017F;te ver&#x017F;tehe/ &#x017F;o die&#x017F;en Per&#x017F;onen be&#x017F;&#x017F;er bey-<lb/>
kommen/ als andern/ entweder wegen ihres<lb/>
Geblu&#x0364;tes/ oder wegen ihres Standes und<lb/>
ihrer Wu&#x0364;rde. Es i&#x017F;t in Warheit nicht<lb/>
genug/ daß ein Printz wohl gewach&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ey/ klug und tapffer/ daß er Ge&#x017F;undheit<lb/>
und Tugend habe/ alldieweil mit allen die-<lb/>
&#x017F;en Vortrefflichkeiten er dennoch wird un-<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;eelig &#x017F;eyn/ wann er &#x017F;ich nicht in dem<lb/>
Stande befindet/ daß er &#x017F;eine La&#x0364;nder ver-<lb/>
theidigen/ und &#x017F;eine Feinde abhalten kan.</p><lb/>
        <p>Ein Soldat und ein Weltwei&#x017F;er wer-<lb/>
den niemals einerley Lu&#x0364;&#x017F;te haben: Und ein<lb/>
alter melancholi&#x017F;cher Mann wird &#x017F;ich vor<lb/>
der Welt ver&#x017F;tecken und auff das Nach-<lb/>
gru&#x0364;blen legen/ an &#x017F;tatt daß ein junger<lb/>
Men&#x017F;ch/ der die Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft liebet/ in der<lb/>
Ein&#x017F;amkeit/ wo er &#x017F;ich hinverwie&#x017F;e&#x0303; &#x017F;ehe/ kei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0023] Welt-Mann. ein Menſch warhafftig kan glückſeelig genennet werden/ wofern er in Genieſ- ſung der jenigen Lüſte/ ſo ihm ſo- wohl zur Seele/ als zum Leibe ge- deyen koͤnnen/ lebet. Durch diß Wort Gedeyen ſiehet man wohl/ daß ich nicht allein die verbotenen Luͤſte außſchlieſſe/ zu- ſambt denjenigen ſo der Geſundheit ſcha- den koͤnnen/ ſondern auch daß ich gewiſſe Luͤſte verſtehe/ ſo dieſen Perſonen beſſer bey- kommen/ als andern/ entweder wegen ihres Gebluͤtes/ oder wegen ihres Standes und ihrer Wuͤrde. Es iſt in Warheit nicht genug/ daß ein Printz wohl gewachſen ſey/ klug und tapffer/ daß er Geſundheit und Tugend habe/ alldieweil mit allen die- ſen Vortrefflichkeiten er dennoch wird un- gluͤckſeelig ſeyn/ wann er ſich nicht in dem Stande befindet/ daß er ſeine Laͤnder ver- theidigen/ und ſeine Feinde abhalten kan. Ein Soldat und ein Weltweiſer wer- den niemals einerley Luͤſte haben: Und ein alter melancholiſcher Mann wird ſich vor der Welt verſtecken und auff das Nach- gruͤblen legen/ an ſtatt daß ein junger Menſch/ der die Geſellſchafft liebet/ in der Einſamkeit/ wo er ſich hinverwieſẽ ſehe/ kei- nen A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/23
Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/23>, abgerufen am 21.11.2024.