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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Der vollkommene

Einer von den Alten will nicht/ daß ei[n]
Kriegs-General sich lasse vom Zorn ein-
nehmen/ dieweil er mehr mit dem Kopffe/
als mit dem Arme zufechten hat; und Titus
Livius
bemercket sehr nach dencklich/ daß der
erste Sabinische Krieg umb so viel desto ge-
fährlicher gewesen/ als weniger der Feind
darin ichtwas auß Zorn gethan.

Wir sehen offt genug auß der Erfah-
rung/ daß der Zorn gemeiniglich sich der
schwachen Leute bemeistert/ gleich als wolte
er denen zu Hülffe kommen/ die am meisten
nöthig hätten von ihm begeistert zuwerden;
die Weiber fangen eher Zorn als die Män-
ner/ die Krancken eher als die Gesunden/
und die Alten eher als die Jüngere. Wir
sehen auch daß die Leute/ so einem Laster
ergeben sind/ sich dieser Passion eher zum
Raube lassen. Ein Wohllüster stellet sich
erzürnet auff alles/ was seine Lust nicht be-
fördert. Ein guter Schmauß-Bruder
kampelt sich stets mit seinen Auffwärtern;
und ein Ehrgeitziger dencket auff nichts/
als wie er diejenigen/ so ihm Steine in den
Weg legen/ stürtzen wolle.

Diese Passion ist so feurig und so blind/
daß sie uns bißweilen wohl gar auff unbe-

seelte
Der vollkommene

Einer von den Alten will nicht/ daß ei[n]
Kriegs-General ſich laſſe vom Zorn ein-
nehmen/ dieweil er mehr mit dem Kopffe/
als mit dem Arme zufechten hat; und Titus
Livius
bemercket ſehr nach dencklich/ daß der
erſte Sabiniſche Krieg umb ſo viel deſto ge-
faͤhrlicher geweſen/ als weniger der Feind
darin ichtwas auß Zorn gethan.

Wir ſehen offt genug auß der Erfah-
rung/ daß der Zorn gemeiniglich ſich der
ſchwachen Leute bemeiſtert/ gleich als wolte
er denen zu Huͤlffe kommen/ die am meiſten
noͤthig haͤtten von ihm begeiſtert zuwerden;
die Weiber fangen eher Zorn als die Maͤn-
ner/ die Krancken eher als die Geſunden/
und die Alten eher als die Juͤngere. Wir
ſehen auch daß die Leute/ ſo einem Laſter
ergeben ſind/ ſich dieſer Paſſion eher zum
Raube laſſen. Ein Wohlluͤſter ſtellet ſich
erzuͤrnet auff alles/ was ſeine Luſt nicht be-
foͤrdert. Ein guter Schmauß-Bruder
kampelt ſich ſtets mit ſeinen Auffwaͤrtern;
und ein Ehrgeitziger dencket auff nichts/
als wie er diejenigen/ ſo ihm Steine in den
Weg legen/ ſtuͤrtzen wolle.

Dieſe Paſſion iſt ſo feurig und ſo blind/
daß ſie uns bißweilen wohl gar auff unbe-

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[84/0100] Der vollkommene Einer von den Alten will nicht/ daß ein Kriegs-General ſich laſſe vom Zorn ein- nehmen/ dieweil er mehr mit dem Kopffe/ als mit dem Arme zufechten hat; und Titus Livius bemercket ſehr nach dencklich/ daß der erſte Sabiniſche Krieg umb ſo viel deſto ge- faͤhrlicher geweſen/ als weniger der Feind darin ichtwas auß Zorn gethan. Wir ſehen offt genug auß der Erfah- rung/ daß der Zorn gemeiniglich ſich der ſchwachen Leute bemeiſtert/ gleich als wolte er denen zu Huͤlffe kommen/ die am meiſten noͤthig haͤtten von ihm begeiſtert zuwerden; die Weiber fangen eher Zorn als die Maͤn- ner/ die Krancken eher als die Geſunden/ und die Alten eher als die Juͤngere. Wir ſehen auch daß die Leute/ ſo einem Laſter ergeben ſind/ ſich dieſer Paſſion eher zum Raube laſſen. Ein Wohlluͤſter ſtellet ſich erzuͤrnet auff alles/ was ſeine Luſt nicht be- foͤrdert. Ein guter Schmauß-Bruder kampelt ſich ſtets mit ſeinen Auffwaͤrtern; und ein Ehrgeitziger dencket auff nichts/ als wie er diejenigen/ ſo ihm Steine in den Weg legen/ ſtuͤrtzen wolle. Dieſe Paſſion iſt ſo feurig und ſo blind/ daß ſie uns bißweilen wohl gar auff unbe- ſeelte

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/100>, abgerufen am 24.11.2024.