Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.von den Generibus der Verse. 2. Was zwingt dich, meine Freude,So zornig gegen mich zu seyn? Verdopple doch nicht meine Pein, Weil ich ohndem zur Gnüge leide; Du strafest mich ja gar zu sehr. Erhält denn ein getreues Lieben Bey dir schon kein' Erbarmniß mehr, Wo hast du denn, mein GOtt, die Feinde hingeschrieben? 3. Was wilst du ferner haben?Verlangest du mein Blut zum Lohn? Denn meine Seele hast du schon: So nimm es. Dir will ichs vergraben. Wird nur hierdurch dein Zorn gestillt, So will ich mich noch sterbend freuen; Und also mach' ichs, wie du wilt: Doch dich, du Lebens-Fürst, wird mein Verderben reuen. Wiewohl bey solcher Application muß man sich wohl II. Wenn zwey Gedichte gegen einander gerichtet werden, welche zwar meistens einerley Worte, jedoch ein gantz ander Absehen haben. z. e. Wenn ein Manns-Volck sein Geschlechte, ei- ne Frauens-Person aber das ihrige aus eben denselben Gründen erhübe. Manns-
von den Generibus der Verſe. 2. Was zwingt dich, meine Freude,So zornig gegen mich zu ſeyn? Verdopple doch nicht meine Pein, Weil ich ohndem zur Gnuͤge leide; Du ſtrafeſt mich ja gar zu ſehr. Erhaͤlt denn ein getreues Lieben Bey dir ſchon kein’ Erbarmniß mehr, Wo haſt du denn, mein GOtt, die Feinde hingeſchrieben? 3. Was wilſt du ferner haben?Verlangeſt du mein Blut zum Lohn? Denn meine Seele haſt du ſchon: So nimm es. Dir will ichs vergraben. Wird nur hierdurch dein Zorn geſtillt, So will ich mich noch ſterbend freuen; Und alſo mach’ ichs, wie du wilt: Doch dich, du Lebens-Fuͤrſt, wird mein Verderben reuen. Wiewohl bey ſolcher Application muß man ſich wohl II. Wenn zwey Gedichte gegen einander gerichtet werden, welche zwar meiſtens einerley Worte, jedoch ein gantz ander Abſehen haben. z. e. Wenn ein Manns-Volck ſein Geſchlechte, ei- ne Frauens-Perſon aber das ihrige aus eben denſelben Gruͤnden erhuͤbe. Manns-
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von den Generibus der Verſe.
2.
Was zwingt dich, meine Freude,
So zornig gegen mich zu ſeyn?
Verdopple doch nicht meine Pein,
Weil ich ohndem zur Gnuͤge leide;
Du ſtrafeſt mich ja gar zu ſehr.
Erhaͤlt denn ein getreues Lieben
Bey dir ſchon kein’ Erbarmniß mehr,
Wo haſt du denn, mein GOtt, die Feinde hingeſchrieben?
3.
Was wilſt du ferner haben?
Verlangeſt du mein Blut zum Lohn?
Denn meine Seele haſt du ſchon:
So nimm es. Dir will ichs vergraben.
Wird nur hierdurch dein Zorn geſtillt,
So will ich mich noch ſterbend freuen;
Und alſo mach’ ichs, wie du wilt:
Doch dich, du Lebens-Fuͤrſt, wird mein Verderben reuen.
Wiewohl bey ſolcher Application muß man ſich wohl
huͤten, daß man nicht etwan liederliche und garſti-
ge Sachen auf etwas Goͤttliches richte, denn das
wuͤrde ein Geſpoͤtte werden. Sonſt waͤre zu wuͤn-
ſchen, daß mancher aus ſeinen Liebes-Liedergen der-
gleichen geiſtliche Oden machte und ſolche ſtatt jener
abſaͤnge.
II. Wenn zwey Gedichte gegen einander gerichtet
werden, welche zwar meiſtens einerley Worte,
jedoch ein gantz ander Abſehen haben. z. e.
Wenn ein Manns-Volck ſein Geſchlechte, ei-
ne Frauens-Perſon aber das ihrige aus eben
denſelben Gruͤnden erhuͤbe.
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