Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.von den Generibus der Verse. 2. Was die Madrigalischen Oden seyn. 18. Was ist denn ein Madrigal? Ein Madrigal ist ein kurtzes, dabey aber scharffsin- 1. Die Zeilen. Nun werden in den gemeinsten Ma- drigalen 7. 8. 9. 10. oder 11. Zeilen angetroffen: Doch giebt es auch Madrigale von 12. 13. 14. 15. bisweilen auch von 6. Zeilen; ingleichen fin- det man Madrigale von 6. auch wohl nur von 5. Zeilen. Und diese kleinen werden Madrigal- lettchen gennet. 2. Die Reime. Jn den Madrigalen bleibet biswei- len eine, manchmahl auch zwey bis drey Zeilen ungereimt, und das werden Wäysen-Verse genennet, weil sie gleichsam keine Eltern oder gleichlautende Reime haben, die sich ihrer an- nehmen, sondern als verlassene Waysen allei- ne stehen müssen. Hingegen bleibet in man- chen Madrigalen keine Zeile ungereimt, son- dern es finden sich darinnen wohl drey Zeilen, welche sich mit einander reimen. Doch hat man dabey die Freyheit, daß man die reimen- den Zeilen entweder bald hinter einander, oder andere darzwischen setzen kan. 3. Das Genus. Die Madrigale pflegen gemeiniglich aus Jambischen Versen zu bestehen: Jedoch gie-
von den Generibus der Verſe. 2. Was die Madrigaliſchen Oden ſeyn. 18. Was iſt denn ein Madrigal? Ein Madrigal iſt ein kurtzes, dabey aber ſcharffſin- 1. Die Zeilen. Nun werden in den gemeinſten Ma- drigalen 7. 8. 9. 10. oder 11. Zeilen angetroffen: Doch giebt es auch Madrigale von 12. 13. 14. 15. bisweilen auch von 6. Zeilen; ingleichen fin- det man Madrigale von 6. auch wohl nur von 5. Zeilen. Und dieſe kleinen werden Madrigal- lettchen gennet. 2. Die Reime. Jn den Madrigalen bleibet biswei- len eine, manchmahl auch zwey bis drey Zeilen ungereimt, und das werden Waͤyſen-Verſe genennet, weil ſie gleichſam keine Eltern oder gleichlautende Reime haben, die ſich ihrer an- nehmen, ſondern als verlaſſene Wayſen allei- ne ſtehen muͤſſen. Hingegen bleibet in man- chen Madrigalen keine Zeile ungereimt, ſon- dern es finden ſich darinnen wohl drey Zeilen, welche ſich mit einander reimen. Doch hat man dabey die Freyheit, daß man die reimen- den Zeilen entweder bald hinter einander, oder andere darzwiſchen ſetzen kan. 3. Das Genus. Die Madrigale pflegen gemeiniglich aus Jambiſchen Verſen zu beſtehen: Jedoch gie-
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von den Generibus der Verſe.
2. Was die Madrigaliſchen Oden ſeyn.
18. Was iſt denn ein Madrigal?
Ein Madrigal iſt ein kurtzes, dabey aber ſcharffſin-
niges Gedichte, da man die vorhabende Materie ent-
weder mit einer nachdencklichen Sentenz anfaͤnget, oder-
beſchlieſſet. Es iſt aber noͤthig, daß man bey den Ma-
drigalen betrachtet
1. Die Zeilen. Nun werden in den gemeinſten Ma-
drigalen 7. 8. 9. 10. oder 11. Zeilen angetroffen:
Doch giebt es auch Madrigale von 12. 13. 14.
15. bisweilen auch von 6. Zeilen; ingleichen fin-
det man Madrigale von 6. auch wohl nur von
5. Zeilen. Und dieſe kleinen werden Madrigal-
lettchen gennet.
2. Die Reime. Jn den Madrigalen bleibet biswei-
len eine, manchmahl auch zwey bis drey Zeilen
ungereimt, und das werden Waͤyſen-Verſe
genennet, weil ſie gleichſam keine Eltern oder
gleichlautende Reime haben, die ſich ihrer an-
nehmen, ſondern als verlaſſene Wayſen allei-
ne ſtehen muͤſſen. Hingegen bleibet in man-
chen Madrigalen keine Zeile ungereimt, ſon-
dern es finden ſich darinnen wohl drey Zeilen,
welche ſich mit einander reimen. Doch hat
man dabey die Freyheit, daß man die reimen-
den Zeilen entweder bald hinter einander, oder
andere darzwiſchen ſetzen kan.
3. Das Genus. Die Madrigale pflegen gemeiniglich
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Zitationshilfe: | Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/65>, abgerufen am 03.03.2025. |