Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite
Das I. Capitul
Zu Marly fangen ietzt die Damen etwas an,
Worüber man sich fast nicht gnug verwundern kan,
Es werden selbige den Eseln aufgesetzt,
Die gröste Hertzogin * wird selbst dadurch ergetzt.
Zeig't dieses Demuth an, so lob ich ihre That,
Wiewohl es lässet mich derselben grosser Staat
Nicht so gesinnet seyn: Die Demuth ist gar weit
Aus Franckreich weggebannt, drum geb ich den Bescheid:
Der Vorwitz ist der Sporn, so diese Damen treibt,
Was ist wohl in der Welt, das unversuchet bleibt?
Absonderlich, wenn es ein Frauenzimmer sieht,
Jn deren geilen Brust die Wollust häuffig blüht.
Jetzt muß der Esel her: Vielleicht geschicht es bald,
Daß man diß freche Volck in anderer Gestalt
Auf einem Hirsche sieht: Denn Vorwitz kan nicht ruhn,
Und heute will er diß und morgen jenes thun.
Jhr Damen reitet nun auf euren Eseln hin,
Wer nicht geschossen ist, hat einen andern Sinn:
Wir Teutschen sind vergnügt, wenn ein galantes Pferd
Zu unsern Diensten steht; Eu'r Thun ist Lachens werth.
11. Solte es aber nicht besser klingen, wenn
in einem Gedichte theils männliche, theils
weibliche Reime angewendet
werden?

Es klinget solches freylich weit besser, und kan
man diese Manier auf unterschiedene Art vorneh-
men.

I. Man kan anfangs zwey männliche, und hernach
zwey weibliche Reime setzen. vid. Musen-Ca-
binet p. 5. 37. 62. 135. 154. 211. 388. 462. 488.
531. 541. 548. 559. 776. 796. 833. 875. 877. 1126.
1138.
* von Burgund.
Das I. Capitul
Zu Marly fangen ietzt die Damen etwas an,
Woruͤber man ſich faſt nicht gnug verwundern kan,
Es werden ſelbige den Eſeln aufgeſetzt,
Die groͤſte Hertzogin * wird ſelbſt dadurch ergetzt.
Zeig’t dieſes Demuth an, ſo lob ich ihre That,
Wiewohl es laͤſſet mich derſelben groſſer Staat
Nicht ſo geſinnet ſeyn: Die Demuth iſt gar weit
Aus Franckreich weggebannt, drum geb ich den Beſcheid:
Der Vorwitz iſt der Sporn, ſo dieſe Damen treibt,
Was iſt wohl in der Welt, das unverſuchet bleibt?
Abſonderlich, wenn es ein Frauenzimmer ſieht,
Jn deren geilen Bruſt die Wolluſt haͤuffig bluͤht.
Jetzt muß der Eſel her: Vielleicht geſchicht es bald,
Daß man diß freche Volck in anderer Geſtalt
Auf einem Hirſche ſieht: Denn Vorwitz kan nicht ruhn,
Und heute will er diß und morgen jenes thun.
Jhr Damen reitet nun auf euren Eſeln hin,
Wer nicht geſchoſſen iſt, hat einen andern Sinn:
Wir Teutſchen ſind vergnuͤgt, wenn ein galantes Pferd
Zu unſern Dienſten ſteht; Eu’r Thun iſt Lachens werth.
11. Solte es aber nicht beſſer klingen, wenn
in einem Gedichte theils maͤnnliche, theils
weibliche Reime angewendet
werden?

Es klinget ſolches freylich weit beſſer, und kan
man dieſe Manier auf unterſchiedene Art vorneh-
men.

I. Man kan anfangs zwey maͤnnliche, und hernach
zwey weibliche Reime ſetzen. vid. Muſen-Ca-
binet p. 5. 37. 62. 135. 154. 211. 388. 462. 488.
531. 541. 548. 559. 776. 796. 833. 875. 877. 1126.
1138.
* von Burgund.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0024" n="20"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitul</hi> </fw><lb/>
            <l>Zu <hi rendition="#aq">Marly</hi> fangen ietzt die Damen etwas an,</l><lb/>
            <l>Woru&#x0364;ber man &#x017F;ich fa&#x017F;t nicht gnug verwundern kan,</l><lb/>
            <l>Es werden &#x017F;elbige den E&#x017F;eln aufge&#x017F;etzt,</l><lb/>
            <l>Die gro&#x0364;&#x017F;te Hertzogin <note place="foot" n="*">von Burgund.</note> wird &#x017F;elb&#x017F;t dadurch ergetzt.</l><lb/>
            <l>Zeig&#x2019;t die&#x017F;es Demuth an, &#x017F;o lob ich ihre That,</l><lb/>
            <l>Wiewohl es la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et mich der&#x017F;elben gro&#x017F;&#x017F;er Staat</l><lb/>
            <l>Nicht &#x017F;o ge&#x017F;innet &#x017F;eyn: Die Demuth i&#x017F;t gar weit</l><lb/>
            <l>Aus Franckreich weggebannt, drum geb ich den Be&#x017F;cheid:</l><lb/>
            <l>Der Vorwitz i&#x017F;t der Sporn, &#x017F;o die&#x017F;e Damen treibt,</l><lb/>
            <l>Was i&#x017F;t wohl in der Welt, das unver&#x017F;uchet bleibt?</l><lb/>
            <l>Ab&#x017F;onderlich, wenn es ein Frauenzimmer &#x017F;ieht,</l><lb/>
            <l>Jn deren geilen Bru&#x017F;t die Wollu&#x017F;t ha&#x0364;uffig blu&#x0364;ht.</l><lb/>
            <l>Jetzt muß der E&#x017F;el her: Vielleicht ge&#x017F;chicht es bald,</l><lb/>
            <l>Daß man diß freche Volck in anderer Ge&#x017F;talt</l><lb/>
            <l>Auf einem Hir&#x017F;che &#x017F;ieht: Denn Vorwitz kan nicht ruhn,</l><lb/>
            <l>Und heute will er diß und morgen jenes thun.</l><lb/>
            <l>Jhr Damen reitet nun auf euren E&#x017F;eln hin,</l><lb/>
            <l>Wer nicht ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, hat einen andern Sinn:</l><lb/>
            <l>Wir Teut&#x017F;chen &#x017F;ind vergnu&#x0364;gt, wenn ein <hi rendition="#aq">galan</hi>tes Pferd</l><lb/>
            <l>Zu un&#x017F;ern Dien&#x017F;ten &#x017F;teht; Eu&#x2019;r Thun i&#x017F;t Lachens werth.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">11. Solte es aber nicht be&#x017F;&#x017F;er klingen, wenn<lb/>
in einem Gedichte theils ma&#x0364;nnliche, theils<lb/>
weibliche Reime angewendet<lb/>
werden?</hi> </head><lb/>
          <p>Es klinget &#x017F;olches freylich weit be&#x017F;&#x017F;er, und kan<lb/>
man die&#x017F;e Manier auf unter&#x017F;chiedene Art vorneh-<lb/>
men.</p><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">I.</hi> Man kan anfangs zwey ma&#x0364;nnliche, und hernach<lb/>
zwey weibliche Reime &#x017F;etzen. <hi rendition="#aq">vid</hi>. Mu&#x017F;en-Ca-<lb/>
binet <hi rendition="#aq">p.</hi> 5. 37. 62. 135. 154. 211. 388. 462. 488.<lb/>
531. 541. 548. 559. 776. 796. 833. 875. 877. 1126.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">1138.</fw><lb/></item>
          </list>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0024] Das I. Capitul Zu Marly fangen ietzt die Damen etwas an, Woruͤber man ſich faſt nicht gnug verwundern kan, Es werden ſelbige den Eſeln aufgeſetzt, Die groͤſte Hertzogin * wird ſelbſt dadurch ergetzt. Zeig’t dieſes Demuth an, ſo lob ich ihre That, Wiewohl es laͤſſet mich derſelben groſſer Staat Nicht ſo geſinnet ſeyn: Die Demuth iſt gar weit Aus Franckreich weggebannt, drum geb ich den Beſcheid: Der Vorwitz iſt der Sporn, ſo dieſe Damen treibt, Was iſt wohl in der Welt, das unverſuchet bleibt? Abſonderlich, wenn es ein Frauenzimmer ſieht, Jn deren geilen Bruſt die Wolluſt haͤuffig bluͤht. Jetzt muß der Eſel her: Vielleicht geſchicht es bald, Daß man diß freche Volck in anderer Geſtalt Auf einem Hirſche ſieht: Denn Vorwitz kan nicht ruhn, Und heute will er diß und morgen jenes thun. Jhr Damen reitet nun auf euren Eſeln hin, Wer nicht geſchoſſen iſt, hat einen andern Sinn: Wir Teutſchen ſind vergnuͤgt, wenn ein galantes Pferd Zu unſern Dienſten ſteht; Eu’r Thun iſt Lachens werth. 11. Solte es aber nicht beſſer klingen, wenn in einem Gedichte theils maͤnnliche, theils weibliche Reime angewendet werden? Es klinget ſolches freylich weit beſſer, und kan man dieſe Manier auf unterſchiedene Art vorneh- men. I. Man kan anfangs zwey maͤnnliche, und hernach zwey weibliche Reime ſetzen. vid. Muſen-Ca- binet p. 5. 37. 62. 135. 154. 211. 388. 462. 488. 531. 541. 548. 559. 776. 796. 833. 875. 877. 1126. 1138. * von Burgund.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/24
Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/24>, abgerufen am 13.11.2024.