Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.Das I. Capitul Diese Worte, als: Näher, Seher, lieben/üben, Wer wahre Busse thut, der kan vor seine Sünden, Sie seyn gleich noch so groß, bey GOtt Genade finden. Allein das kan man nicht passiren lassen, wenn einer mit Weil du mein GOtt und Vater bist, Dein Kind wirstu verlassen nicht, Du väterliches Hertz. Jch bin ein armer Erden-Kloß, Auf Erden weiß ich keinen Trost. Denn obgleich solche Worte, wenn man sie überhin an- Jch will in meinem gantzen Lebn, Begierig nach der Tugend strebn. Jngleichen: Das Wort sie sollen lassen stahn, Und kein'n Danck darzu haben, Er ist bey uns wohl auf dem Plan Mit seinem Geist und Gaben: Item:
Das I. Capitul Dieſe Worte, als: Naͤher, Seher, lieben/uͤben, Wer wahre Buſſe thut, der kan vor ſeine Suͤnden, Sie ſeyn gleich noch ſo groß, bey GOtt Genade finden. Allein das kan man nicht paſſiren laſſen, wenn einer mit Weil du mein GOtt und Vater biſt, Dein Kind wirſtu verlaſſen nicht, Du vaͤterliches Hertz. Jch bin ein armer Erden-Kloß, Auf Erden weiß ich keinen Troſt. Denn obgleich ſolche Worte, wenn man ſie uͤberhin an- Jch will in meinem gantzen Lebn, Begierig nach der Tugend ſtrebn. Jngleichen: Das Wort ſie ſollen laſſen ſtahn, Und kein’n Danck darzu haben, Er iſt bey uns wohl auf dem Plan Mit ſeinem Geiſt und Gaben: Item:
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Das I. Capitul
Dieſe Worte, als: Naͤher, Seher, lieben/uͤben,
nennen, koͤnnen, reimen ſich gantz gut mit einander,
ob ſchon in dem einen ein einfacher Vocalis, und in dem
andern ein Diphthongus gefunden wird, denn wenn
man ſolche pronunciren hoͤret, haben ſie einerley Thon.
Dannenhero wird mir dieſen Reim niemand tadeln
koͤnnen:
Wer wahre Buſſe thut, der kan vor ſeine Suͤnden,
Sie ſeyn gleich noch ſo groß, bey GOtt Genade finden.
Allein das kan man nicht paſſiren laſſen, wenn einer mit
den alten Meiſter-Saͤngern die Worte Sack, und
Stab, fein, und heim, Greiß und Geiſt ꝛc. oder mit
dem bekannten Poëten, Hans Sachſen, aus dem Liede:
Warum betruͤbſtu dich mein Hertz, folgendes mit
einander reimen wolte.
Weil du mein GOtt und Vater biſt,
Dein Kind wirſtu verlaſſen nicht,
Du vaͤterliches Hertz.
Jch bin ein armer Erden-Kloß,
Auf Erden weiß ich keinen Troſt.
Denn obgleich ſolche Worte, wenn man ſie uͤberhin an-
hoͤret, ſcheinen gleichlautend zu ſeyn, ſo geben ſie doch
bey accuraten Ohren keine Reime ab. Gleicher geſtalt
kan man auch dieſe Reime nicht gelten laſſen:
Jch will in meinem gantzen Lebn,
Begierig nach der Tugend ſtrebn.
Jngleichen:
Das Wort ſie ſollen laſſen ſtahn,
Und kein’n Danck darzu haben,
Er iſt bey uns wohl auf dem Plan
Mit ſeinem Geiſt und Gaben:
Item:
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