Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Jener hub sich in den Bügeln, Wuthvoll seine Lanze schwingend; Don Massias ist durchbohret, Wie ein Schwan verschied er singend. Und der Graf, des Siegs versichert, Kehret nach Gallizien wieder. Eitler Wahn! es starb der Sänger, Doch es leben seine Lieder; Die durch alle span'schen Reiche Tönevoll, geflügelt, ziehen, Andern sind sie Philomelen, Jenem nur sind sie Harpyjen. Plötzlich oft vom Freudenmahle Haben sie ihn aufgeschrecket, Aus dem mitternächt'gen Schlummer Wird er peinlich oft erwecket: In den Gärten, in den Straßen Hört er Zithern hin und wieder, Und wie Geisterstimmen tönen Des Massias Liebeslieder. 5. Dante. War's ein Thor der Stadt Florenz, Oder war's ein Thor der Himmel, Draus am klarsten Frühlingsmorgen Zog so festliches Gewimmel? Kinder, hold wie Engelschaaren, Reich geschmückt mit Blumenkränzen, Zogen in das Rosenthal Zu den frohen Festestänzen. Jener hub ſich in den Bügeln, Wuthvoll ſeine Lanze ſchwingend; Don Maſſias iſt durchbohret, Wie ein Schwan verſchied er ſingend. Und der Graf, des Siegs verſichert, Kehret nach Gallizien wieder. Eitler Wahn! es ſtarb der Sänger, Doch es leben ſeine Lieder; Die durch alle ſpan’ſchen Reiche Tönevoll, geflügelt, ziehen, Andern ſind ſie Philomelen, Jenem nur ſind ſie Harpyjen. Plötzlich oft vom Freudenmahle Haben ſie ihn aufgeſchrecket, Aus dem mitternächt’gen Schlummer Wird er peinlich oft erwecket: In den Gärten, in den Straßen Hört er Zithern hin und wieder, Und wie Geiſterſtimmen tönen Des Maſſias Liebeslieder. 5. Dante. War’s ein Thor der Stadt Florenz, Oder war’s ein Thor der Himmel, Draus am klarſten Frühlingsmorgen Zog ſo feſtliches Gewimmel? Kinder, hold wie Engelſchaaren, Reich geſchmückt mit Blumenkränzen, Zogen in das Roſenthal Zu den frohen Feſtestänzen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0255" n="249"/> <l>Jener hub ſich in den Bügeln,</l><lb/> <l>Wuthvoll ſeine Lanze ſchwingend;</l><lb/> <l>Don Maſſias iſt durchbohret,</l><lb/> <l>Wie ein Schwan verſchied er ſingend.</l><lb/> <l>Und der Graf, des Siegs verſichert,</l><lb/> <l>Kehret nach Gallizien wieder.</l><lb/> <l>Eitler Wahn! es ſtarb der Sänger,</l><lb/> <l>Doch es leben ſeine Lieder;</l><lb/> <l>Die durch alle ſpan’ſchen Reiche</l><lb/> <l>Tönevoll, geflügelt, ziehen,</l><lb/> <l>Andern ſind ſie Philomelen,</l><lb/> <l>Jenem nur ſind ſie Harpyjen.</l><lb/> <l>Plötzlich oft vom Freudenmahle</l><lb/> <l>Haben ſie ihn aufgeſchrecket,</l><lb/> <l>Aus dem mitternächt’gen Schlummer</l><lb/> <l>Wird er peinlich oft erwecket:</l><lb/> <l>In den Gärten, in den Straßen</l><lb/> <l>Hört er Zithern hin und wieder,</l><lb/> <l>Und wie Geiſterſtimmen tönen</l><lb/> <l>Des Maſſias Liebeslieder.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>5. <hi rendition="#g">Dante</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>War’s ein Thor der Stadt Florenz,</l><lb/> <l>Oder war’s ein Thor der Himmel,</l><lb/> <l>Draus am klarſten Frühlingsmorgen</l><lb/> <l>Zog ſo feſtliches Gewimmel?</l><lb/> <l>Kinder, hold wie Engelſchaaren,</l><lb/> <l>Reich geſchmückt mit Blumenkränzen,</l><lb/> <l>Zogen in das Roſenthal</l><lb/> <l>Zu den frohen Feſtestänzen.</l><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0255]
Jener hub ſich in den Bügeln,
Wuthvoll ſeine Lanze ſchwingend;
Don Maſſias iſt durchbohret,
Wie ein Schwan verſchied er ſingend.
Und der Graf, des Siegs verſichert,
Kehret nach Gallizien wieder.
Eitler Wahn! es ſtarb der Sänger,
Doch es leben ſeine Lieder;
Die durch alle ſpan’ſchen Reiche
Tönevoll, geflügelt, ziehen,
Andern ſind ſie Philomelen,
Jenem nur ſind ſie Harpyjen.
Plötzlich oft vom Freudenmahle
Haben ſie ihn aufgeſchrecket,
Aus dem mitternächt’gen Schlummer
Wird er peinlich oft erwecket:
In den Gärten, in den Straßen
Hört er Zithern hin und wieder,
Und wie Geiſterſtimmen tönen
Des Maſſias Liebeslieder.
5. Dante.
War’s ein Thor der Stadt Florenz,
Oder war’s ein Thor der Himmel,
Draus am klarſten Frühlingsmorgen
Zog ſo feſtliches Gewimmel?
Kinder, hold wie Engelſchaaren,
Reich geſchmückt mit Blumenkränzen,
Zogen in das Roſenthal
Zu den frohen Feſtestänzen.
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/255>, abgerufen am 16.02.2025. |