Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Die Augen thät er heben, Die Schäferin vor ihm stand, Mit reichem Geschmeid' umgeben, Die blanke Kron' in der Hand. "Willkommen, du viel Schlimmer, In meines Vaters Haus! Sprich! willst du ziehn noch immer In's grüne Thal hinaus? So nimm doch zuvor die Krone, Die du mir liessest zum Pfand! Mit Wucher ich dir lohne, Sie herrscht nun über zwei Land'." Nicht länger blieben sie stehen Das Eine vom Andern fern. Was weiter nun geschehen, Das wüßtet ihr wohl gern? Und wollt' es ein Mädchen wissen, Dem thät' ich's plötzlich kund, Dürft' ich sie umfahn und küssen Auf den rosenrothen Mund. Die Augen thät er heben, Die Schäferin vor ihm ſtand, Mit reichem Geſchmeid’ umgeben, Die blanke Kron’ in der Hand. „Willkommen, du viel Schlimmer, In meines Vaters Haus! Sprich! willſt du ziehn noch immer In’s grüne Thal hinaus? So nimm doch zuvor die Krone, Die du mir lieſſeſt zum Pfand! Mit Wucher ich dir lohne, Sie herrſcht nun über zwei Land’.“ Nicht länger blieben ſie ſtehen Das Eine vom Andern fern. Was weiter nun geſchehen, Das wüßtet ihr wohl gern? Und wollt’ es ein Mädchen wiſſen, Dem thät’ ich’s plötzlich kund, Dürft’ ich ſie umfahn und küſſen Auf den roſenrothen Mund. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0208" n="202"/> <lg n="22"> <l>Die Augen thät er heben,</l><lb/> <l>Die Schäferin vor ihm ſtand,</l><lb/> <l>Mit reichem Geſchmeid’ umgeben,</l><lb/> <l>Die blanke Kron’ in der Hand.</l> </lg><lb/> <lg n="23"> <l>„Willkommen, du viel Schlimmer,</l><lb/> <l>In meines Vaters Haus!</l><lb/> <l>Sprich! willſt du ziehn noch immer</l><lb/> <l>In’s grüne Thal hinaus?</l> </lg><lb/> <lg n="24"> <l>So nimm doch zuvor die Krone,</l><lb/> <l>Die du mir lieſſeſt zum Pfand!</l><lb/> <l>Mit Wucher ich dir lohne,</l><lb/> <l>Sie herrſcht nun über zwei Land’.“</l> </lg><lb/> <lg n="25"> <l>Nicht länger blieben ſie ſtehen</l><lb/> <l>Das Eine vom Andern fern.</l><lb/> <l>Was weiter nun geſchehen,</l><lb/> <l>Das wüßtet ihr wohl gern?</l> </lg><lb/> <lg n="26"> <l>Und wollt’ es ein Mädchen wiſſen,</l><lb/> <l>Dem thät’ ich’s plötzlich kund,</l><lb/> <l>Dürft’ ich ſie umfahn und küſſen</l><lb/> <l>Auf den roſenrothen Mund.</l> </lg> </lg> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [202/0208]
Die Augen thät er heben,
Die Schäferin vor ihm ſtand,
Mit reichem Geſchmeid’ umgeben,
Die blanke Kron’ in der Hand.
„Willkommen, du viel Schlimmer,
In meines Vaters Haus!
Sprich! willſt du ziehn noch immer
In’s grüne Thal hinaus?
So nimm doch zuvor die Krone,
Die du mir lieſſeſt zum Pfand!
Mit Wucher ich dir lohne,
Sie herrſcht nun über zwei Land’.“
Nicht länger blieben ſie ſtehen
Das Eine vom Andern fern.
Was weiter nun geſchehen,
Das wüßtet ihr wohl gern?
Und wollt’ es ein Mädchen wiſſen,
Dem thät’ ich’s plötzlich kund,
Dürft’ ich ſie umfahn und küſſen
Auf den roſenrothen Mund.
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