Gar stolz die Schäferin blicket, Sie ruft mit hohem Schall: "Ihr Blumen und Bäume, bücket, Ihr Lämmer, neigt euch all!"
Und als den Schmuck sie wieder Ihm beut mit lachendem Mund, Da wirft er die Krone nieder In des Bronnens klaren Grund.
"Die Kron' ich dir vertraue, Ein herzlich Liebespfand, Bis ich dich wiederschaue Nach manchem harten Stand.
Ein König liegt gebunden Schon sechszehn lange Jahr', Sein Land ist überwunden Von böser Feinde Schaar.
Ich will sein Land erretten Mit meinen Rittern traut, Ich will ihm brechen die Ketten, Daß er den Frühling schaut.
Ich ziehe zum ersten Kriege, Mir werden die Tage schwül. Sprich! labst du mich nach dem Siege Hier aus dem Bronnen kühl?"
Gar ſtolz die Schäferin blicket, Sie ruft mit hohem Schall: „Ihr Blumen und Bäume, bücket, Ihr Lämmer, neigt euch all!“
Und als den Schmuck ſie wieder Ihm beut mit lachendem Mund, Da wirft er die Krone nieder In des Bronnens klaren Grund.
„Die Kron’ ich dir vertraue, Ein herzlich Liebespfand, Bis ich dich wiederſchaue Nach manchem harten Stand.
Ein König liegt gebunden Schon ſechszehn lange Jahr’, Sein Land iſt überwunden Von böſer Feinde Schaar.
Ich will ſein Land erretten Mit meinen Rittern traut, Ich will ihm brechen die Ketten, Daß er den Frühling ſchaut.
Ich ziehe zum erſten Kriege, Mir werden die Tage ſchwül. Sprich! labſt du mich nach dem Siege Hier aus dem Bronnen kühl?“
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[197/0203]
Gar ſtolz die Schäferin blicket,
Sie ruft mit hohem Schall:
„Ihr Blumen und Bäume, bücket,
Ihr Lämmer, neigt euch all!“
Und als den Schmuck ſie wieder
Ihm beut mit lachendem Mund,
Da wirft er die Krone nieder
In des Bronnens klaren Grund.
„Die Kron’ ich dir vertraue,
Ein herzlich Liebespfand,
Bis ich dich wiederſchaue
Nach manchem harten Stand.
Ein König liegt gebunden
Schon ſechszehn lange Jahr’,
Sein Land iſt überwunden
Von böſer Feinde Schaar.
Ich will ſein Land erretten
Mit meinen Rittern traut,
Ich will ihm brechen die Ketten,
Daß er den Frühling ſchaut.
Ich ziehe zum erſten Kriege,
Mir werden die Tage ſchwül.
Sprich! labſt du mich nach dem Siege
Hier aus dem Bronnen kühl?“
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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/203>, abgerufen am 16.02.2025.
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