Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815."Meine Flasche magst du haben, Noch Keinem macht' ich's schwer, Will Jeden daraus laben, Und wenn es ein König wär'." Zu schöpfen sie sich bücket, Aus der Flasch' ihn trinken läßt, Gar zärtlich er sie anblicket, Doch hält sie die Flasche fest. Er spricht von Lieb' bezwungen: "Wie bist du so holder Art! Als wärest du erst entsprungen Mit den andern Blumen zart. Und bist doch mit Würd' umfangen, Und stralest doch Adel aus, Als wärest hervorgegangen Aus eines Königs Haus." "Frag meinen Vater, den Schäfer: Ob er ein König was? Frag meine Mutter, die Schäfrin: Ob sie auf dem Throne saß?" Seinen Mantel legt er der Holden Um ihren Nacken klar, Er setzet die Krone golden In ihr nußbraunes Haar. „Meine Flaſche magſt du haben, Noch Keinem macht’ ich’s ſchwer, Will Jeden daraus laben, Und wenn es ein König wär’.“ Zu ſchöpfen ſie ſich bücket, Aus der Flaſch’ ihn trinken läßt, Gar zärtlich er ſie anblicket, Doch hält ſie die Flaſche feſt. Er ſpricht von Lieb’ bezwungen: „Wie biſt du ſo holder Art! Als wäreſt du erſt entſprungen Mit den andern Blumen zart. Und biſt doch mit Würd’ umfangen, Und ſtraleſt doch Adel aus, Als wäreſt hervorgegangen Aus eines Königs Haus.“ „Frag meinen Vater, den Schäfer: Ob er ein König was? Frag meine Mutter, die Schäfrin: Ob ſie auf dem Throne ſaß?“ Seinen Mantel legt er der Holden Um ihren Nacken klar, Er ſetzet die Krone golden In ihr nußbraunes Haar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0202" n="196"/> <lg n="12"> <l>„Meine Flaſche magſt du haben,</l><lb/> <l>Noch Keinem macht’ ich’s ſchwer,</l><lb/> <l>Will Jeden daraus laben,</l><lb/> <l>Und wenn es ein König wär’.“</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Zu ſchöpfen ſie ſich bücket,</l><lb/> <l>Aus der Flaſch’ ihn trinken läßt,</l><lb/> <l>Gar zärtlich er ſie anblicket,</l><lb/> <l>Doch hält ſie die Flaſche feſt.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Er ſpricht von Lieb’ bezwungen:</l><lb/> <l>„Wie biſt du ſo holder Art!</l><lb/> <l>Als wäreſt du erſt entſprungen</l><lb/> <l>Mit den andern Blumen zart.</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Und biſt doch mit Würd’ umfangen,</l><lb/> <l>Und ſtraleſt doch Adel aus,</l><lb/> <l>Als wäreſt hervorgegangen</l><lb/> <l>Aus eines Königs Haus.“</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>„Frag meinen Vater, den Schäfer:</l><lb/> <l>Ob er ein König was?</l><lb/> <l>Frag meine Mutter, die Schäfrin:</l><lb/> <l>Ob ſie auf dem Throne ſaß?“</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>Seinen Mantel legt er der Holden</l><lb/> <l>Um ihren Nacken klar,</l><lb/> <l>Er ſetzet die Krone golden</l><lb/> <l>In ihr nußbraunes Haar.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0202]
„Meine Flaſche magſt du haben,
Noch Keinem macht’ ich’s ſchwer,
Will Jeden daraus laben,
Und wenn es ein König wär’.“
Zu ſchöpfen ſie ſich bücket,
Aus der Flaſch’ ihn trinken läßt,
Gar zärtlich er ſie anblicket,
Doch hält ſie die Flaſche feſt.
Er ſpricht von Lieb’ bezwungen:
„Wie biſt du ſo holder Art!
Als wäreſt du erſt entſprungen
Mit den andern Blumen zart.
Und biſt doch mit Würd’ umfangen,
Und ſtraleſt doch Adel aus,
Als wäreſt hervorgegangen
Aus eines Königs Haus.“
„Frag meinen Vater, den Schäfer:
Ob er ein König was?
Frag meine Mutter, die Schäfrin:
Ob ſie auf dem Throne ſaß?“
Seinen Mantel legt er der Holden
Um ihren Nacken klar,
Er ſetzet die Krone golden
In ihr nußbraunes Haar.
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