Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Pfeif' und Geige ruft zu Tänzen, Fackeln durch die Säle glänzen; Wankt ein großer Schatten drinnen. Er thät mit Sitten Des Königs Tochter bitten, Thät den Tanz mit ihr beginnen. Tanzt im schwarzen Kleid von Eisen, Tanzet schauerliche Weisen, Schlingt sich kalt um ihre Glieder. Von Brust und Haaren Entfallen ihr die klaren Blümlein welk zur Erde nieder. Und zur reichen Tafel kamen Alle Ritter, alle Damen. Zwischen Sohn und Tochter innen Mit bangem Muthe Der alte König ruhte, Sah sie an mit stillem Sinnen. Bleich die Kinder beide schienen, Bot der Gast den Becher ihnen: "Goldner Wein macht euch genesen." Die Kinder tranken, Sie thäten höflich danken: "Kühl ist dieser Trunk gewesen." Pfeif’ und Geige ruft zu Tänzen, Fackeln durch die Säle glänzen; Wankt ein großer Schatten drinnen. Er thät mit Sitten Des Königs Tochter bitten, Thät den Tanz mit ihr beginnen. Tanzt im ſchwarzen Kleid von Eiſen, Tanzet ſchauerliche Weiſen, Schlingt ſich kalt um ihre Glieder. Von Bruſt und Haaren Entfallen ihr die klaren Blümlein welk zur Erde nieder. Und zur reichen Tafel kamen Alle Ritter, alle Damen. Zwiſchen Sohn und Tochter innen Mit bangem Muthe Der alte König ruhte, Sah ſie an mit ſtillem Sinnen. Bleich die Kinder beide ſchienen, Bot der Gaſt den Becher ihnen: „Goldner Wein macht euch geneſen.“ Die Kinder tranken, Sie thäten höflich danken: „Kühl iſt dieſer Trunk geweſen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0192" n="186"/> <lg n="5"> <l>Pfeif’ und Geige ruft zu Tänzen,</l><lb/> <l>Fackeln durch die Säle glänzen;</l><lb/> <l>Wankt ein großer Schatten drinnen.</l><lb/> <l>Er thät mit Sitten</l><lb/> <l>Des Königs Tochter bitten,</l><lb/> <l>Thät den Tanz mit ihr beginnen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Tanzt im ſchwarzen Kleid von Eiſen,</l><lb/> <l>Tanzet ſchauerliche Weiſen,</l><lb/> <l>Schlingt ſich kalt um ihre Glieder.</l><lb/> <l>Von Bruſt und Haaren</l><lb/> <l>Entfallen ihr die klaren</l><lb/> <l>Blümlein welk zur Erde nieder.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Und zur reichen Tafel kamen</l><lb/> <l>Alle Ritter, alle Damen.</l><lb/> <l>Zwiſchen Sohn und Tochter innen</l><lb/> <l>Mit bangem Muthe</l><lb/> <l>Der alte König ruhte,</l><lb/> <l>Sah ſie an mit ſtillem Sinnen.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Bleich die Kinder beide ſchienen,</l><lb/> <l>Bot der Gaſt den Becher ihnen:</l><lb/> <l>„Goldner Wein macht euch geneſen.“</l><lb/> <l>Die Kinder tranken,</l><lb/> <l>Sie thäten höflich danken:</l><lb/> <l>„Kühl iſt dieſer Trunk geweſen.“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0192]
Pfeif’ und Geige ruft zu Tänzen,
Fackeln durch die Säle glänzen;
Wankt ein großer Schatten drinnen.
Er thät mit Sitten
Des Königs Tochter bitten,
Thät den Tanz mit ihr beginnen.
Tanzt im ſchwarzen Kleid von Eiſen,
Tanzet ſchauerliche Weiſen,
Schlingt ſich kalt um ihre Glieder.
Von Bruſt und Haaren
Entfallen ihr die klaren
Blümlein welk zur Erde nieder.
Und zur reichen Tafel kamen
Alle Ritter, alle Damen.
Zwiſchen Sohn und Tochter innen
Mit bangem Muthe
Der alte König ruhte,
Sah ſie an mit ſtillem Sinnen.
Bleich die Kinder beide ſchienen,
Bot der Gaſt den Becher ihnen:
„Goldner Wein macht euch geneſen.“
Die Kinder tranken,
Sie thäten höflich danken:
„Kühl iſt dieſer Trunk geweſen.“
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/192>, abgerufen am 21.07.2024. |