Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Pilger.

Es wallt ein Pilger hohen Dranges,
Er wallt zur sel'gen Gottesstadt,
Zur Stadt des himmlischen Gesanges,
Die ihm der Geist verheißen hat.
"Du klarer Strom! in deinem Spiegel
Wirst du die heil'ge bald umfahn.
Ihr sonnehellen Felsenhügel!
Ihr schaut sie schon von Weitem an.
Wie ferne Glocken hör' ich's klingen,
Das Abendroth durchblüht den Hain.
O hätt' ich Flügel, mich zu schwingen
Weit über Thal und Felsenreihn!"
Er ist von hoher Wonne trunken,
Er ist von süßen Schmerzen matt,
Und, in die Blumen hingesunken,
Gedenkt er seiner Gottesstadt.
"Sie sind zu groß noch, diese Räume,
Für meiner Sehnsucht Flammenqual;
Empfahet ihr mich, milde Träume,
Und zeigt mir das ersehnte Thal!"
Der Pilger.

Es wallt ein Pilger hohen Dranges,
Er wallt zur ſel’gen Gottesſtadt,
Zur Stadt des himmliſchen Geſanges,
Die ihm der Geiſt verheißen hat.
„Du klarer Strom! in deinem Spiegel
Wirſt du die heil’ge bald umfahn.
Ihr ſonnehellen Felſenhügel!
Ihr ſchaut ſie ſchon von Weitem an.
Wie ferne Glocken hör’ ich’s klingen,
Das Abendroth durchblüht den Hain.
O hätt’ ich Flügel, mich zu ſchwingen
Weit über Thal und Felſenreihn!“
Er iſt von hoher Wonne trunken,
Er iſt von ſüßen Schmerzen matt,
Und, in die Blumen hingeſunken,
Gedenkt er ſeiner Gottesſtadt.
„Sie ſind zu groß noch, dieſe Räume,
Für meiner Sehnſucht Flammenqual;
Empfahet ihr mich, milde Träume,
Und zeigt mir das erſehnte Thal!“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0181" n="175"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Der Pilger</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Es wallt ein Pilger hohen Dranges,</l><lb/>
              <l>Er wallt zur &#x017F;el&#x2019;gen Gottes&#x017F;tadt,</l><lb/>
              <l>Zur Stadt des himmli&#x017F;chen Ge&#x017F;anges,</l><lb/>
              <l>Die ihm der Gei&#x017F;t verheißen hat.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>&#x201E;Du klarer Strom! in deinem Spiegel</l><lb/>
              <l>Wir&#x017F;t du die heil&#x2019;ge bald umfahn.</l><lb/>
              <l>Ihr &#x017F;onnehellen Fel&#x017F;enhügel!</l><lb/>
              <l>Ihr &#x017F;chaut &#x017F;ie &#x017F;chon von Weitem an.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wie ferne Glocken hör&#x2019; ich&#x2019;s klingen,</l><lb/>
              <l>Das Abendroth durchblüht den Hain.</l><lb/>
              <l>O hätt&#x2019; ich Flügel, mich zu &#x017F;chwingen</l><lb/>
              <l>Weit über Thal und Fel&#x017F;enreihn!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Er i&#x017F;t von hoher Wonne trunken,</l><lb/>
              <l>Er i&#x017F;t von &#x017F;üßen Schmerzen matt,</l><lb/>
              <l>Und, in die Blumen hinge&#x017F;unken,</l><lb/>
              <l>Gedenkt er &#x017F;einer Gottes&#x017F;tadt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>&#x201E;Sie &#x017F;ind zu groß noch, die&#x017F;e Räume,</l><lb/>
              <l>Für meiner Sehn&#x017F;ucht Flammenqual;</l><lb/>
              <l>Empfahet ihr mich, milde Träume,</l><lb/>
              <l>Und zeigt mir das er&#x017F;ehnte Thal!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0181] Der Pilger. Es wallt ein Pilger hohen Dranges, Er wallt zur ſel’gen Gottesſtadt, Zur Stadt des himmliſchen Geſanges, Die ihm der Geiſt verheißen hat. „Du klarer Strom! in deinem Spiegel Wirſt du die heil’ge bald umfahn. Ihr ſonnehellen Felſenhügel! Ihr ſchaut ſie ſchon von Weitem an. Wie ferne Glocken hör’ ich’s klingen, Das Abendroth durchblüht den Hain. O hätt’ ich Flügel, mich zu ſchwingen Weit über Thal und Felſenreihn!“ Er iſt von hoher Wonne trunken, Er iſt von ſüßen Schmerzen matt, Und, in die Blumen hingeſunken, Gedenkt er ſeiner Gottesſtadt. „Sie ſind zu groß noch, dieſe Räume, Für meiner Sehnſucht Flammenqual; Empfahet ihr mich, milde Träume, Und zeigt mir das erſehnte Thal!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/181
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/181>, abgerufen am 22.11.2024.