Da ruft der Greis so freudig bang: "Sagt an, was ihr erschaut! Mein Schwerdt, ich kenn's am guten Klang, Es gab so scharfen Laut." "Der Räuber ist gefallen, Er hat den blut'gen Lohn. Heil dir, du Held vor allen, Du starker Königssohn!"
Und wieder wird es still umher, Der König steht und lauscht: "Was hör' ich kommen über's Meer? Es rudert und es rauscht." "Sie kommen angefahren, Dein Sohn mit Schwerdt und Schild, In sonnehellen Haaren Dein Töchterlein Gunild."
"Willkommen! -- ruft vom hohen Stein Der blinde Greis hinab -- Nun wird mein Alter wonnig seyn Und ehrenvoll mein Grab. Du legst mir, Sohn, zur Seite Das Schwerdt von gutem Klang, Gunilde, du Befreite, Singst mir den Grabgesang."
Da ruft der Greis ſo freudig bang: „Sagt an, was ihr erſchaut! Mein Schwerdt, ich kenn’s am guten Klang, Es gab ſo ſcharfen Laut.“ „Der Räuber iſt gefallen, Er hat den blut’gen Lohn. Heil dir, du Held vor allen, Du ſtarker Königsſohn!“
Und wieder wird es ſtill umher, Der König ſteht und lauſcht: „Was hör’ ich kommen über’s Meer? Es rudert und es rauſcht.“ „Sie kommen angefahren, Dein Sohn mit Schwerdt und Schild, In ſonnehellen Haaren Dein Töchterlein Gunild.“
„Willkommen! — ruft vom hohen Stein Der blinde Greis hinab — Nun wird mein Alter wonnig ſeyn Und ehrenvoll mein Grab. Du legſt mir, Sohn, zur Seite Das Schwerdt von gutem Klang, Gunilde, du Befreite, Singſt mir den Grabgeſang.“
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Da ruft der Greis ſo freudig bang:
„Sagt an, was ihr erſchaut!
Mein Schwerdt, ich kenn’s am guten Klang,
Es gab ſo ſcharfen Laut.“
„Der Räuber iſt gefallen,
Er hat den blut’gen Lohn.
Heil dir, du Held vor allen,
Du ſtarker Königsſohn!“
Und wieder wird es ſtill umher,
Der König ſteht und lauſcht:
„Was hör’ ich kommen über’s Meer?
Es rudert und es rauſcht.“
„Sie kommen angefahren,
Dein Sohn mit Schwerdt und Schild,
In ſonnehellen Haaren
Dein Töchterlein Gunild.“
„Willkommen! — ruft vom hohen Stein
Der blinde Greis hinab —
Nun wird mein Alter wonnig ſeyn
Und ehrenvoll mein Grab.
Du legſt mir, Sohn, zur Seite
Das Schwerdt von gutem Klang,
Gunilde, du Befreite,
Singſt mir den Grabgeſang.“
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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/173>, abgerufen am 16.02.2025.
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