Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Glossen. 1. Der Recensent. Süsse Liebe denkt in Tönen, Tieck. Schönste! du hast mir befohlen, Dieses Thema zu glossiren; Doch ich sag' es unverhohlen: Dieses heißt die Zeit verlieren, Und ich sitze wie auf Kohlen. Liebtet ihr nicht, stolze Schönen! Selbst die Logik zu verhöhnen, Würd' ich zu beweisen wagen, Daß es Unsinn ist, zu sagen: Süsse Liebe denkt in Tönen. Zwar versteh' ich wohl das Schema Dieser abgeschmackten Glossen, Aber solch verzwicktes Thema, Solche räthselhafte Possen Sind ein gordisches Problema. Dennoch macht' ich dir, mein Stern! Diese Freude gar zu gern. Hoffnunglos reib' ich die Hände, Nimmer bring' ich es zu Ende, Denn Gedanken stehn zu fern. Gloſſen. 1. Der Recenſent. Süſſe Liebe denkt in Tönen, Tieck. Schönſte! du haſt mir befohlen, Dieſes Thema zu gloſſiren; Doch ich ſag’ es unverhohlen: Dieſes heißt die Zeit verlieren, Und ich ſitze wie auf Kohlen. Liebtet ihr nicht, ſtolze Schönen! Selbſt die Logik zu verhöhnen, Würd’ ich zu beweiſen wagen, Daß es Unſinn iſt, zu ſagen: Süſſe Liebe denkt in Tönen. Zwar verſteh’ ich wohl das Schema Dieſer abgeſchmackten Gloſſen, Aber ſolch verzwicktes Thema, Solche räthſelhafte Poſſen Sind ein gordiſches Problema. Dennoch macht’ ich dir, mein Stern! Dieſe Freude gar zu gern. Hoffnunglos reib’ ich die Hände, Nimmer bring’ ich es zu Ende, Denn Gedanken ſtehn zu fern. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0129" n="123"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Gloſſen</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>1. <hi rendition="#g">Der Recenſent</hi>.</head><lb/> <cit> <quote><hi rendition="#g">Süſſe Liebe denkt in Tönen,<lb/> Denn Gedanken ſtehn zu fern;<lb/> Nur in Tönen mag ſie gern<lb/> Alles, was ſie will, verſchönen</hi>.</quote><lb/> <bibl> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Tieck</hi>.</hi> </bibl> </cit><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Schönſte! du haſt mir befohlen,</l><lb/> <l>Dieſes Thema zu gloſſiren;</l><lb/> <l>Doch ich ſag’ es unverhohlen:</l><lb/> <l>Dieſes heißt die Zeit verlieren,</l><lb/> <l>Und ich ſitze wie auf Kohlen.</l><lb/> <l>Liebtet ihr nicht, ſtolze Schönen!</l><lb/> <l>Selbſt die Logik zu verhöhnen,</l><lb/> <l>Würd’ ich zu beweiſen wagen,</l><lb/> <l>Daß es Unſinn iſt, zu ſagen:</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Süſſe Liebe denkt in Tönen</hi>.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Zwar verſteh’ ich wohl das Schema</l><lb/> <l>Dieſer abgeſchmackten Gloſſen,</l><lb/> <l>Aber ſolch verzwicktes Thema,</l><lb/> <l>Solche räthſelhafte Poſſen</l><lb/> <l>Sind ein gordiſches Problema.</l><lb/> <l>Dennoch macht’ ich dir, mein Stern!</l><lb/> <l>Dieſe Freude gar zu gern.</l><lb/> <l>Hoffnunglos reib’ ich die Hände,</l><lb/> <l>Nimmer bring’ ich es zu Ende,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Denn Gedanken ſtehn zu fern</hi>.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0129]
Gloſſen.
1. Der Recenſent.
Süſſe Liebe denkt in Tönen,
Denn Gedanken ſtehn zu fern;
Nur in Tönen mag ſie gern
Alles, was ſie will, verſchönen.
Tieck.
Schönſte! du haſt mir befohlen,
Dieſes Thema zu gloſſiren;
Doch ich ſag’ es unverhohlen:
Dieſes heißt die Zeit verlieren,
Und ich ſitze wie auf Kohlen.
Liebtet ihr nicht, ſtolze Schönen!
Selbſt die Logik zu verhöhnen,
Würd’ ich zu beweiſen wagen,
Daß es Unſinn iſt, zu ſagen:
Süſſe Liebe denkt in Tönen.
Zwar verſteh’ ich wohl das Schema
Dieſer abgeſchmackten Gloſſen,
Aber ſolch verzwicktes Thema,
Solche räthſelhafte Poſſen
Sind ein gordiſches Problema.
Dennoch macht’ ich dir, mein Stern!
Dieſe Freude gar zu gern.
Hoffnunglos reib’ ich die Hände,
Nimmer bring’ ich es zu Ende,
Denn Gedanken ſtehn zu fern.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |