EHe und bevor ich zur Explication desjenigen, was zu einer, zur Er- haltung guter Gesundheit, höchst nöthi- gen Diaet gehöret, schreite; wird nicht undienlich seyn, zuförderst eine irrige Meynung zu removiren, dadurch vie- le, und besonders junge Menschen, nicht selten also verführet werden, daß sel- müssen ei- nige irrige Meynun- gen ange- führetbige, nach Verwerffung aller Diaetischen Vorschrifften, ohne Sorge, in ihre sonst gute Naturen hineinstürmen, und ein frühzeitiges Grab sich also selbst zu- bereiten. Es will nehmlich von eini- gen behauptet werden, daß der grosse GOTT dem menschlichen Leben ein gewisses Ziel gesetzet habe, welches auf keine Weise könne vermieden, und we- der verkürtzet noch verlängert werden, es stelle auch der Mensch sein Leben an, wie er immer wolle. Also könne z. E. ein Debauchant, durch seine übel geführte Diaet, doch nicht eher sterben, bevor sein ihm von GOtt gesetztes Ziel verhan- den. Von denen zu tode gestürtzten, ertrunckenen, erstochenen, etc. saget man: Sein Ende ist ihm also bescheeret
gewe-
L. Das II. Diætiſche Conſilium
Ehe die Diæt abge- handelt wird,
EHe und bevor ich zur Explication desjenigen, was zu einer, zur Er- haltung guter Geſundheit, hoͤchſt noͤthi- gen Diæt gehoͤret, ſchreite; wird nicht undienlich ſeyn, zufoͤrderſt eine irrige Meynung zu removiren, dadurch vie- le, und beſonders junge Menſchen, nicht ſelten alſo verfuͤhret werden, daß ſel- muͤſſen ei- nige irrige Meynun- gen ange- fuͤhretbige, nach Verwerffung aller Diætiſchen Vorſchrifften, ohne Sorge, in ihre ſonſt gute Naturen hineinſtuͤrmen, und ein fruͤhzeitiges Grab ſich alſo ſelbſt zu- bereiten. Es will nehmlich von eini- gen behauptet werden, daß der groſſe GOTT dem menſchlichen Leben ein gewiſſes Ziel geſetzet habe, welches auf keine Weiſe koͤnne vermieden, und we- der verkuͤrtzet noch verlaͤngert werden, es ſtelle auch der Menſch ſein Leben an, wie er immer wolle. Alſo koͤnne z. E. ein Debauchant, durch ſeine uͤbel gefuͤhrte Diæt, doch nicht eher ſterben, bevor ſein ihm von GOtt geſetztes Ziel verhan- den. Von denen zu tode geſtuͤrtzten, ertrunckenen, erſtochenen, ꝛc. ſaget man: Sein Ende iſt ihm alſo beſcheeret
gewe-
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L. Das II. Diætiſche Conſilium
EHe und bevor ich zur Explication
desjenigen, was zu einer, zur Er-
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gen Diæt gehoͤret, ſchreite; wird nicht
undienlich ſeyn, zufoͤrderſt eine irrige
Meynung zu removiren, dadurch vie-
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ſelten alſo verfuͤhret werden, daß ſel-
bige, nach Verwerffung aller Diætiſchen
Vorſchrifften, ohne Sorge, in ihre
ſonſt gute Naturen hineinſtuͤrmen, und
ein fruͤhzeitiges Grab ſich alſo ſelbſt zu-
bereiten. Es will nehmlich von eini-
gen behauptet werden, daß der groſſe
GOTT dem menſchlichen Leben ein
gewiſſes Ziel geſetzet habe, welches auf
keine Weiſe koͤnne vermieden, und we-
der verkuͤrtzet noch verlaͤngert werden,
es ſtelle auch der Menſch ſein Leben an,
wie er immer wolle. Alſo koͤnne z. E. ein
Debauchant, durch ſeine uͤbel gefuͤhrte
Diæt, doch nicht eher ſterben, bevor ſein
ihm von GOtt geſetztes Ziel verhan-
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ertrunckenen, erſtochenen, ꝛc. ſaget
man: Sein Ende iſt ihm alſo beſcheeret
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Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/342>, abgerufen am 22.11.2024.
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