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Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

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L. Das II. Diaetische Consilium
Ehe die
Diaet abge-
handelt
wird,

EHe und bevor ich zur Explication
desjenigen, was zu einer, zur Er-
haltung guter Gesundheit, höchst nöthi-
gen Diaet gehöret, schreite; wird nicht
undienlich seyn, zuförderst eine irrige
Meynung zu removiren, dadurch vie-
le, und besonders junge Menschen, nicht
selten also verführet werden, daß sel-
müssen ei-
nige irrige
Meynun-
gen ange-
führet
bige, nach Verwerffung aller Diaetischen
Vorschrifften, ohne Sorge, in ihre
sonst gute Naturen hineinstürmen, und
ein frühzeitiges Grab sich also selbst zu-
bereiten. Es will nehmlich von eini-
gen behauptet werden, daß der grosse
GOTT dem menschlichen Leben ein
gewisses Ziel gesetzet habe, welches auf
keine Weise könne vermieden, und we-
der verkürtzet noch verlängert werden,
es stelle auch der Mensch sein Leben an,
wie er immer wolle. Also könne z. E. ein
Debauchant, durch seine übel geführte
Diaet, doch nicht eher sterben, bevor sein
ihm von GOtt gesetztes Ziel verhan-
den. Von denen zu tode gestürtzten,
ertrunckenen, erstochenen, etc. saget
man: Sein Ende ist ihm also bescheeret

gewe-
L. Das II. Diætiſche Conſilium
Ehe die
Diæt abge-
handelt
wird,

EHe und bevor ich zur Explication
desjenigen, was zu einer, zur Er-
haltung guter Geſundheit, hoͤchſt noͤthi-
gen Diæt gehoͤret, ſchreite; wird nicht
undienlich ſeyn, zufoͤrderſt eine irrige
Meynung zu removiren, dadurch vie-
le, und beſonders junge Menſchen, nicht
ſelten alſo verfuͤhret werden, daß ſel-
muͤſſen ei-
nige irrige
Meynun-
gen ange-
fuͤhret
bige, nach Verwerffung aller Diætiſchen
Vorſchrifften, ohne Sorge, in ihre
ſonſt gute Naturen hineinſtuͤrmen, und
ein fruͤhzeitiges Grab ſich alſo ſelbſt zu-
bereiten. Es will nehmlich von eini-
gen behauptet werden, daß der groſſe
GOTT dem menſchlichen Leben ein
gewiſſes Ziel geſetzet habe, welches auf
keine Weiſe koͤnne vermieden, und we-
der verkuͤrtzet noch verlaͤngert werden,
es ſtelle auch der Menſch ſein Leben an,
wie er immer wolle. Alſo koͤnne z. E. ein
Debauchant, durch ſeine uͤbel gefuͤhrte
Diæt, doch nicht eher ſterben, bevor ſein
ihm von GOtt geſetztes Ziel verhan-
den. Von denen zu tode geſtuͤrtzten,
ertrunckenen, erſtochenen, ꝛc. ſaget
man: Sein Ende iſt ihm alſo beſcheeret

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[320/0342] L. Das II. Diætiſche Conſilium EHe und bevor ich zur Explication desjenigen, was zu einer, zur Er- haltung guter Geſundheit, hoͤchſt noͤthi- gen Diæt gehoͤret, ſchreite; wird nicht undienlich ſeyn, zufoͤrderſt eine irrige Meynung zu removiren, dadurch vie- le, und beſonders junge Menſchen, nicht ſelten alſo verfuͤhret werden, daß ſel- bige, nach Verwerffung aller Diætiſchen Vorſchrifften, ohne Sorge, in ihre ſonſt gute Naturen hineinſtuͤrmen, und ein fruͤhzeitiges Grab ſich alſo ſelbſt zu- bereiten. Es will nehmlich von eini- gen behauptet werden, daß der groſſe GOTT dem menſchlichen Leben ein gewiſſes Ziel geſetzet habe, welches auf keine Weiſe koͤnne vermieden, und we- der verkuͤrtzet noch verlaͤngert werden, es ſtelle auch der Menſch ſein Leben an, wie er immer wolle. Alſo koͤnne z. E. ein Debauchant, durch ſeine uͤbel gefuͤhrte Diæt, doch nicht eher ſterben, bevor ſein ihm von GOtt geſetztes Ziel verhan- den. Von denen zu tode geſtuͤrtzten, ertrunckenen, erſtochenen, ꝛc. ſaget man: Sein Ende iſt ihm alſo beſcheeret gewe- muͤſſen ei- nige irrige Meynun- gen ange- fuͤhret

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Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/342>, abgerufen am 22.11.2024.