Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
Die I. Anmerckung. (a)
Noch andere führen, nach dem ExempelDie Heuch-
ler sind.

derer heuchlerischen Pharisäer, ein äuserlich
erbahres Leben; aber nur darum, damit
sie die Leute vor fromm und in Ehren halten,
und sie nicht etwan in die Strafe der welt-
lichen Obrigkeit verfallen, und dadurch in
Schimpf und Schande gerathen mögen.
Jhr Symbolum heißt: Si non caste, tamen
caute.
Wann nun die Furcht der öffent-
lichen Schande und Strafe cessiret: so
offenbahren sie bey allen Gelegenheiten ihre
gottlosen Principia, erklären die vom Fres-
sen, Sauffen, Huren, Ehebrechen und
dergleichen handelnde Sprüche der heiligen
Schrifft nach ihrem fleischlichen Sinn und
Gemüthe, und machen dasjenige, was doch
die Bibel als eine verdammliche Sünde so
gar nachdrücklich verbeut, zu erlaubten
Sachen, oder wohl gar zu Tugenden.
Hierdurch finden sie bey jungen fleischlich-
gesinnten Menschen, (denn andern werden
sie so leicht nicht ihres Hertzens-Tücke zu
erkennen geben) ohne sonderliche Mühe
Gehör, und verleiten sie zu allerhand gehei-
men Sünden und Lastern.
Weiter sind noch andere, nehmlich dieDeren der
Bauch ihr
GOtt ist.

Feinde des Creutzes Christi, deren der
Bauch ihr Gott ist. Diese leben in allen
sinnlichen und fleischlichen Ergötzlichkeiten,
bey ihrem Reichthum, Ehre und Gesund-
heit dergestalt dissolut, daß sie keine Zeit
A 4
Die I. Anmerckung. (a)
Noch andere fuͤhren, nach dem ExempelDie Heuch-
ler ſind.

derer heuchleriſchen Phariſaͤer, ein aͤuſerlich
erbahres Leben; aber nur darum, damit
ſie die Leute vor fromm und in Ehren halten,
und ſie nicht etwan in die Strafe der welt-
lichen Obrigkeit verfallen, und dadurch in
Schimpf und Schande gerathen moͤgen.
Jhr Symbolum heißt: Si non caſte, tamen
caute.
Wann nun die Furcht der oͤffent-
lichen Schande und Strafe ceſſiret: ſo
offenbahren ſie bey allen Gelegenheiten ihre
gottloſen Principia, erklaͤren die vom Freſ-
ſen, Sauffen, Huren, Ehebrechen und
dergleichen handelnde Spruͤche der heiligen
Schrifft nach ihrem fleiſchlichen Sinn und
Gemuͤthe, und machen dasjenige, was doch
die Bibel als eine verdammliche Suͤnde ſo
gar nachdruͤcklich verbeut, zu erlaubten
Sachen, oder wohl gar zu Tugenden.
Hierdurch finden ſie bey jungen fleiſchlich-
geſinnten Menſchen, (denn andern werden
ſie ſo leicht nicht ihres Hertzens-Tuͤcke zu
erkennen geben) ohne ſonderliche Muͤhe
Gehoͤr, und verleiten ſie zu allerhand gehei-
men Suͤnden und Laſtern.
Weiter ſind noch andere, nehmlich dieDeren der
Bauch ihr
GOtt iſt.

Feinde des Creutzes Chriſti, deren der
Bauch ihr Gott iſt. Dieſe leben in allen
ſinnlichen und fleiſchlichen Ergoͤtzlichkeiten,
bey ihrem Reichthum, Ehre und Geſund-
heit dergeſtalt diſſolut, daß ſie keine Zeit
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <note xml:id="na" prev="#za" place="end" n="(a)"><pb facs="#f0029" n="7"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die <hi rendition="#aq">I.</hi> Anmerckung. <hi rendition="#aq">(a)</hi></hi></fw><lb/>
Noch andere fu&#x0364;hren, nach dem Exempel<note place="right">Die Heuch-<lb/>
ler &#x017F;ind.</note><lb/>
derer heuchleri&#x017F;chen Phari&#x017F;a&#x0364;er, ein a&#x0364;u&#x017F;erlich<lb/>
erbahres Leben; aber nur darum, damit<lb/>
&#x017F;ie die Leute vor fromm und in Ehren halten,<lb/>
und &#x017F;ie nicht etwan in die Strafe der welt-<lb/>
lichen Obrigkeit verfallen, und dadurch in<lb/>
Schimpf und Schande gerathen mo&#x0364;gen.<lb/>
Jhr <hi rendition="#aq">Symbolum</hi> heißt: <hi rendition="#aq">Si non ca&#x017F;te, tamen<lb/>
caute.</hi> Wann nun die Furcht der o&#x0364;ffent-<lb/>
lichen Schande und Strafe <hi rendition="#aq">ce&#x017F;&#x017F;i</hi>ret: &#x017F;o<lb/>
offenbahren &#x017F;ie bey allen Gelegenheiten ihre<lb/>
gottlo&#x017F;en <hi rendition="#aq">Principia,</hi> erkla&#x0364;ren die vom Fre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, Sauffen, Huren, Ehebrechen und<lb/>
dergleichen handelnde Spru&#x0364;che der heiligen<lb/>
Schrifft nach ihrem flei&#x017F;chlichen Sinn und<lb/>
Gemu&#x0364;the, und machen dasjenige, was doch<lb/>
die Bibel als eine verdammliche Su&#x0364;nde &#x017F;o<lb/>
gar nachdru&#x0364;cklich verbeut, zu erlaubten<lb/>
Sachen, oder wohl gar zu Tugenden.<lb/>
Hierdurch finden &#x017F;ie bey jungen flei&#x017F;chlich-<lb/>
ge&#x017F;innten Men&#x017F;chen, (denn andern werden<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o leicht nicht ihres Hertzens-Tu&#x0364;cke zu<lb/>
erkennen geben) ohne &#x017F;onderliche Mu&#x0364;he<lb/>
Geho&#x0364;r, und verleiten &#x017F;ie zu allerhand gehei-<lb/>
men Su&#x0364;nden und La&#x017F;tern.<lb/>
Weiter &#x017F;ind noch andere, nehmlich die<note place="right">Deren der<lb/>
Bauch ihr<lb/>
GOtt i&#x017F;t.</note><lb/>
Feinde des Creutzes Chri&#x017F;ti, deren der<lb/>
Bauch ihr Gott i&#x017F;t. Die&#x017F;e leben in allen<lb/>
&#x017F;innlichen und flei&#x017F;chlichen Ergo&#x0364;tzlichkeiten,<lb/>
bey ihrem Reichthum, Ehre und Ge&#x017F;und-<lb/>
heit derge&#x017F;talt <hi rendition="#aq">di&#x017F;&#x017F;olut,</hi> daß &#x017F;ie keine Zeit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;brig</fw><lb/></note>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0029] Die I. Anmerckung. (a) ⁽a⁾ Noch andere fuͤhren, nach dem Exempel derer heuchleriſchen Phariſaͤer, ein aͤuſerlich erbahres Leben; aber nur darum, damit ſie die Leute vor fromm und in Ehren halten, und ſie nicht etwan in die Strafe der welt- lichen Obrigkeit verfallen, und dadurch in Schimpf und Schande gerathen moͤgen. Jhr Symbolum heißt: Si non caſte, tamen caute. Wann nun die Furcht der oͤffent- lichen Schande und Strafe ceſſiret: ſo offenbahren ſie bey allen Gelegenheiten ihre gottloſen Principia, erklaͤren die vom Freſ- ſen, Sauffen, Huren, Ehebrechen und dergleichen handelnde Spruͤche der heiligen Schrifft nach ihrem fleiſchlichen Sinn und Gemuͤthe, und machen dasjenige, was doch die Bibel als eine verdammliche Suͤnde ſo gar nachdruͤcklich verbeut, zu erlaubten Sachen, oder wohl gar zu Tugenden. Hierdurch finden ſie bey jungen fleiſchlich- geſinnten Menſchen, (denn andern werden ſie ſo leicht nicht ihres Hertzens-Tuͤcke zu erkennen geben) ohne ſonderliche Muͤhe Gehoͤr, und verleiten ſie zu allerhand gehei- men Suͤnden und Laſtern. Weiter ſind noch andere, nehmlich die Feinde des Creutzes Chriſti, deren der Bauch ihr Gott iſt. Dieſe leben in allen ſinnlichen und fleiſchlichen Ergoͤtzlichkeiten, bey ihrem Reichthum, Ehre und Geſund- heit dergeſtalt diſſolut, daß ſie keine Zeit uͤbrig A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/29
Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/29>, abgerufen am 25.11.2024.