Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.von Tschirnhauß Instruction. viel traue, nicht etwan in Vertraulich-keit unbescheiden, wenn es gleich wahr, von andern rede. Denn ich derglei-sonderlich mit aller Vorsichtig- keit befleis- sen; chen gekennet, die einen mit Fleiß aus- geholet, und solches hernach, um sich bey andern zu insinuiren, propaliret haben; dadurch grosse Ungelegenheit, Händel und Feindschafften entstanden sind, de- nen man gar wohl hätte entgehen können. Man soll vielmehr von allen alles gute reden, das vermeynte Böse zum besten kehren, und alles auch das Böse in sol- chem Fall gut ausdeuten; Weil man doch nur die Laster hassen, die Leute aber so solche begehen, dennoch zu lieben ver- bunden ist; Die Beständigkeit aber mit gutem Vorbedacht ausüben, damit sich iederman auf uns verlassen kan, und wir nicht veränderlich in unsern wol praepon- derirten Actionibus erfunden werden. XV. So mein Sohn was von Im-nichts im- Con-
von Tſchirnhauß Inſtruction. viel traue, nicht etwan in Vertraulich-keit unbeſcheiden, wenn es gleich wahr, von andern rede. Denn ich derglei-ſonderlich mit aller Vorſichtig- keit befleiſ- ſen; chen gekennet, die einen mit Fleiß aus- geholet, und ſolches hernach, um ſich bey andern zu inſinuiren, propaliret haben; dadurch groſſe Ungelegenheit, Haͤndel und Feindſchafften entſtanden ſind, de- nen man gar wohl haͤtte entgehen koͤñen. Man ſoll vielmehr von allen alles gute reden, das vermeynte Boͤſe zum beſten kehren, und alles auch das Boͤſe in ſol- chem Fall gut ausdeuten; Weil man doch nur die Laſter haſſen, die Leute aber ſo ſolche begehen, dennoch zu lieben ver- bunden iſt; Die Beſtaͤndigkeit aber mit gutem Vorbedacht ausuͤben, damit ſich iederman auf uns verlaſſen kan, und wir nicht veꝛaͤnderlich in unſeꝛn wol præpon- derirten Actionibus erfunden werden. XV. So mein Sohn was von Im-nichts im- Con-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="255"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Tſchirnhauß <hi rendition="#aq">Inſtruction.</hi></hi></fw><lb/> viel traue, nicht etwan in Vertraulich-<lb/> keit unbeſcheiden, wenn es gleich wahr,<lb/> von andern rede. Denn ich derglei-<note place="right">ſonderlich<lb/> mit aller<lb/> Vorſichtig-<lb/> keit befleiſ-<lb/> ſen;</note><lb/> chen gekennet, die einen mit Fleiß aus-<lb/> geholet, und ſolches hernach, um ſich bey<lb/> andern zu <hi rendition="#aq">inſinui</hi>ren, <hi rendition="#aq">propali</hi>ret haben;<lb/> dadurch groſſe Ungelegenheit, Haͤndel<lb/> und Feindſchafften entſtanden ſind, de-<lb/> nen man gar wohl haͤtte entgehen koͤñen.<lb/> Man ſoll vielmehr von allen alles gute<lb/> reden, das vermeynte Boͤſe zum beſten<lb/> kehren, und alles auch das Boͤſe in ſol-<lb/> chem Fall gut ausdeuten; Weil man<lb/> doch nur die Laſter haſſen, die Leute aber<lb/> ſo ſolche begehen, dennoch zu lieben ver-<lb/> bunden iſt; Die Beſtaͤndigkeit aber mit<lb/> gutem Vorbedacht ausuͤben, damit ſich<lb/> iederman auf uns verlaſſen kan, und wir<lb/> nicht veꝛaͤnderlich in unſeꝛn wol <hi rendition="#aq">præpon-<lb/> deri</hi>rten <hi rendition="#aq">Actionibus</hi> erfunden werden.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">XV.</hi> So mein Sohn was von <hi rendition="#aq">Im-</hi><note place="right">nichts <hi rendition="#aq">im-<lb/> portant</hi>es<lb/> verſchen-<lb/> cken;</note><lb/><hi rendition="#aq">portance</hi> verſchencken wolte, ſoll er es<lb/> hindern, und nicht zugeben; auch ſo es<lb/> geſchehen, nicht <hi rendition="#aq">paſſi</hi>ren noch gelten laſ-<lb/> ſen. Wie er denn auch keine <hi rendition="#aq">Promeſſe,</hi><lb/> noch Verſchreibung, noch Wette, auf<lb/> ſolche Weiſe, ohne ſeinen <hi rendition="#aq">expreſſ</hi>en<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Con-</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [255/0277]
von Tſchirnhauß Inſtruction.
viel traue, nicht etwan in Vertraulich-
keit unbeſcheiden, wenn es gleich wahr,
von andern rede. Denn ich derglei-
chen gekennet, die einen mit Fleiß aus-
geholet, und ſolches hernach, um ſich bey
andern zu inſinuiren, propaliret haben;
dadurch groſſe Ungelegenheit, Haͤndel
und Feindſchafften entſtanden ſind, de-
nen man gar wohl haͤtte entgehen koͤñen.
Man ſoll vielmehr von allen alles gute
reden, das vermeynte Boͤſe zum beſten
kehren, und alles auch das Boͤſe in ſol-
chem Fall gut ausdeuten; Weil man
doch nur die Laſter haſſen, die Leute aber
ſo ſolche begehen, dennoch zu lieben ver-
bunden iſt; Die Beſtaͤndigkeit aber mit
gutem Vorbedacht ausuͤben, damit ſich
iederman auf uns verlaſſen kan, und wir
nicht veꝛaͤnderlich in unſeꝛn wol præpon-
derirten Actionibus erfunden werden.
ſonderlich
mit aller
Vorſichtig-
keit befleiſ-
ſen;
XV. So mein Sohn was von Im-
portance verſchencken wolte, ſoll er es
hindern, und nicht zugeben; auch ſo es
geſchehen, nicht paſſiren noch gelten laſ-
ſen. Wie er denn auch keine Promeſſe,
noch Verſchreibung, noch Wette, auf
ſolche Weiſe, ohne ſeinen expreſſen
Con-
nichts im-
portantes
verſchen-
cken;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/277 |
Zitationshilfe: | Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/277>, abgerufen am 16.02.2025. |