Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.Die XIII. Anmerckung. (w) dern kan. Wer aber zu seinem Zweck aufWer derCuriosität wegen rei- sen will, mag im- mer zu Hause blei- ben. Reisen, nechst denen Divertissemens, wovon oben bey der V. Anmerckung Lit. n. gehan- delt worden, die Curiosität ausgesetzet hat, der mag nur in seinem Vaterlande bleiben, allwo er aus denen Büchern viel Curiosa, ohne sonderliche Kosten, sich bekant machen kan. Es thun auch diejenigen sehr übel, wel- che aus eitler Ehrsucht, und unvernünffti- gem Kützel, vor grosse Herren in der WeltMan soll es in De- pensen nicht allen gleich thun zu passiren, schöne Equipagen und viel Leute annehmen, offt kostbare soupes geben, Maitressen entreteniren, und sonsten unver- antwortliche Dinge vornehmen. Denn wenn ein Bürger wie ein Freyherr, dieser wie ein Graf, und dieser wie ein Fürst leben will, so kan er gar bald mit seinen ausgesetz- ten Reise-Geldern fertig werden, und in ei- nem halben Jahre dasjenige mal a propos verzehren, wofür er gar wohl zwey Jahr hätte Standes-mäßig leben können. Einsondern sol- che nach sei- nem Ver- mögen ver- nünfftig einzurich- ten, vernünfftiger Reisender erweget bey iedem Groschen, den er ausgiebet, ob nehmlich die Ausgaben zu GOttes Ehren, des Nech- sten Besten, und zur Beförderung seiner ei- genen Wohlfahrt gereichen. Dahero pflegt er in allen Fällen seine Passiones zu bändi- gen, die Ausgaben gehörig zu moderiren, und durch einen nützlichen Zwang sich selbst eine löbliche Gewalt anzuthum. Denn J 2
Die XIII. Anmerckung. (w) dern kan. Wer aber zu ſeinem Zweck aufWer derCurioſitaͤt wegen rei- ſen will, mag im- mer zu Hauſe blei- ben. Reiſen, nechſt denen Divertiſſemens, wovon oben bey der V. Anmerckung Lit. n. gehan- delt worden, die Curioſitaͤt ausgeſetzet hat, der mag nur in ſeinem Vaterlande bleiben, allwo er aus denen Buͤchern viel Curioſa, ohne ſonderliche Koſten, ſich bekant machen kan. Es thun auch diejenigen ſehr uͤbel, wel- che aus eitler Ehrſucht, und unvernuͤnffti- gem Kuͤtzel, vor groſſe Herren in der WeltMan ſoll es in De- penſen nicht allen gleich thun zu paſſiren, ſchoͤne Equipagen und viel Leute annehmen, offt koſtbare ſoupés geben, Maitreſſen entreteniren, und ſonſten unver- antwortliche Dinge vornehmen. Denn wenn ein Buͤrger wie ein Freyherr, dieſer wie ein Graf, und dieſer wie ein Fuͤrſt leben will, ſo kan er gar bald mit ſeinen ausgeſetz- ten Reiſe-Geldern fertig werden, und in ei- nem halben Jahre dasjenige mal à propos verzehren, wofuͤr er gar wohl zwey Jahr haͤtte Standes-maͤßig leben koͤnnen. Einſondeꝛn ſol- che nach ſei- nem Ver- moͤgen ver- nuͤnfftig einzurich- ten, vernuͤnfftiger Reiſender erweget bey iedem Groſchen, den er ausgiebet, ob nehmlich die Ausgaben zu GOttes Ehren, des Nech- ſten Beſten, und zur Befoͤrderung ſeiner ei- genen Wohlfahrt gereichen. Dahero pflegt er in allen Faͤllen ſeine Paſſiones zu baͤndi- gen, die Ausgaben gehoͤrig zu moderiren, und durch einen nuͤtzlichen Zwang ſich ſelbſt eine loͤbliche Gewalt anzuthum. Denn J 2
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Die XIII. Anmerckung. (w)
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dern kan. Wer aber zu ſeinem Zweck auf
Reiſen, nechſt denen Divertiſſemens, wovon
oben bey der V. Anmerckung Lit. n. gehan-
delt worden, die Curioſitaͤt ausgeſetzet hat,
der mag nur in ſeinem Vaterlande bleiben,
allwo er aus denen Buͤchern viel Curioſa,
ohne ſonderliche Koſten, ſich bekant machen
kan.
Es thun auch diejenigen ſehr uͤbel, wel-
che aus eitler Ehrſucht, und unvernuͤnffti-
gem Kuͤtzel, vor groſſe Herren in der Welt
zu paſſiren, ſchoͤne Equipagen und viel
Leute annehmen, offt koſtbare ſoupés geben,
Maitreſſen entreteniren, und ſonſten unver-
antwortliche Dinge vornehmen. Denn
wenn ein Buͤrger wie ein Freyherr, dieſer
wie ein Graf, und dieſer wie ein Fuͤrſt leben
will, ſo kan er gar bald mit ſeinen ausgeſetz-
ten Reiſe-Geldern fertig werden, und in ei-
nem halben Jahre dasjenige mal à propos
verzehren, wofuͤr er gar wohl zwey Jahr
haͤtte Standes-maͤßig leben koͤnnen. Ein
vernuͤnfftiger Reiſender erweget bey iedem
Groſchen, den er ausgiebet, ob nehmlich die
Ausgaben zu GOttes Ehren, des Nech-
ſten Beſten, und zur Befoͤrderung ſeiner ei-
genen Wohlfahrt gereichen. Dahero pflegt
er in allen Faͤllen ſeine Paſſiones zu baͤndi-
gen, die Ausgaben gehoͤrig zu moderiren,
und durch einen nuͤtzlichen Zwang ſich ſelbſt
eine loͤbliche Gewalt anzuthum. Denn
das
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