Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch]
Mis Mistichanza, s. Messanza, Bey einigen ein Quodlibet, Mistichanza composta, Wird in der Music genennet, Mistio, Mixtio, War ein Theil der Melopoeiae Mistler, Schnarre, Schnerr, Jst eine Art von Krammets- Mis dern mehr weiß ist. Der Hahnund die Sicke, oder das Männ- lein und das Weiblein sehen ein- ander dermassen gleich, daß man auch den geringsten Unterscheid nicht wird machen können, ausser daß der Hahn unter denen Flü- geln auf ieder Seiten zwey schwar- tze Flecklein auf denen Federn ne- ben einander sitzend hat, in der Grösse einer grossen Steck-Nadel- Koppe, welches iedoch genau will wahrgenommen seyn; in der Ju- gend aber, wenn sie aufgeätzt wer- den, geben die Männlein sich durch ihr Dichten bald zu erken- nen. Sie halten sich nirgend an- ders, als im Walde auf, und suchen ihre meiste Nahrung darinnen, ob sie gleich zu Zeiten auf die Fel- der und Wiesen hinaus fallen, um daselbst Würme zu suchen. Jm Winter fliegen sie an etlichen Orten wol auch in die Gärten, wo sie Aepffel-Bäume finden, auf denen Mistel-Beere wachsen. Sie brüten des Jahrs zweymal, und das erste mal sehr früh, gleich im Martio, machen das Nest ge- meiniglich im schwartzen Gehöltze auf Tannen- oder Fichten-Bäu- men sehr hoch, wo aber grosse Ei- chen-Wälder sind, nisten sie auch vielfältig auf hohen Eichen, und haben meistens vier oder fünff Junge. Sein Gesang, den er auf den höchsten Gipffeln der Bäume, wiewol nur im Frühling hören lässet, ist sehr lieblich, und wie wild er von Natur ist, so zahm wird er hingegen, wenn er aus dem Neste genommen, und aufgezogen wird, so daß er auch auf der Hand singet, sonsten aber ist nicht viel mit ihm anzufangen, massen er von schlechter Gelernig- keit ist, doch solte er, wenn er sehr jung
[Spaltenumbruch]
Miſ Miſtichanza, ſ. Meſſanza, Bey einigen ein Quodlibet, Miſtichanza compoſta, Wird in der Muſic genennet, Miſtio, Mixtio, War ein Theil der Melopœïæ Miſtler, Schnarre, Schnerr, Jſt eine Art von Krammets- Miſ dern mehr weiß iſt. Der Hahnund die Sicke, oder das Maͤnn- lein und das Weiblein ſehen ein- ander dermaſſen gleich, daß man auch den geringſten Unterſcheid nicht wird machen koͤnnen, auſſer daß der Hahn unter denen Fluͤ- geln auf ieder Seiten zwey ſchwar- tze Flecklein auf denen Federn ne- ben einander ſitzend hat, in der Groͤſſe einer groſſen Steck-Nadel- Koppe, welches iedoch genau will wahrgenommen ſeyn; in der Ju- gend aber, wenn ſie aufgeaͤtzt wer- den, geben die Maͤnnlein ſich durch ihr Dichten bald zu erken- nen. Sie halten ſich nirgend an- ders, als im Walde auf, und ſuchen ihre meiſte Nahrung darinnen, ob ſie gleich zu Zeiten auf die Fel- der und Wieſen hinaus fallen, um daſelbſt Wuͤrme zu ſuchen. Jm Winter fliegen ſie an etlichen Orten wol auch in die Gaͤrten, wo ſie Aepffel-Baͤume finden, auf denen Miſtel-Beere wachſen. Sie bruͤten des Jahrs zweymal, und das erſte mal ſehr fruͤh, gleich im Martio, machen das Neſt ge- meiniglich im ſchwartzen Gehoͤltze auf Tannen- oder Fichten-Baͤu- men ſehr hoch, wo aber groſſe Ei- chen-Waͤlder ſind, niſten ſie auch vielfaͤltig auf hohen Eichen, und haben meiſtens vier oder fuͤnff Junge. Sein Geſang, den er auf den hoͤchſten Gipffeln der Baͤume, wiewol nur im Fruͤhling hoͤren laͤſſet, iſt ſehr lieblich, und wie wild er von Natur iſt, ſo zahm wird er hingegen, wenn er aus dem Neſte genommen, und aufgezogen wird, ſo daß er auch auf der Hand ſinget, ſonſten aber iſt nicht viel mit ihm anzufangen, maſſen er von ſchlechter Gelernig- keit iſt, doch ſolte er, wenn er ſehr jung
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Miſ
Miſ
Miſtichanza, ſ. Meſſanza,
Bey einigen ein Quodlibet,
wenn aus vielen Moteten und
Madrigalen, weltlichen und poſ-
ſierlichen Liedern eine halbe oder
gantze Zeile Text ſamt den Melo-
dien herausgenommen, und aus
ſolchen Fleckgen und Stuͤckgen
ein gantzes Lied gemacht wird.
Oder es iſt ein aus allerley Clau-
ſeln, auch unterſchiedlichen Tex-
ten, die keinen Zuſammenhang
haben, beſtehender Geſang.
Miſtichanza compoſta,
Wird in der Muſic genennet,
wenn lauffende und ſchwebende
Figuren zuſammengeſetzt werden.
Miſtio, Mixtio,
War ein Theil der Melopœïæ
bey den Griechen, welche lehrete,
wie die Klaͤnge fuͤglich an einan-
der gehaͤnget und unter einander
verbunden werden koͤnten. Wir
nennen ſie heutiges Tages Artem
melodicam.
Miſtler, Schnarre,
Schnerr,
Jſt eine Art von Krammets-
Voͤgeln, welcher ſeinen Nahmen
von den Miſtel-Beeren, die er
gerne friſſet, erhalten hat, und
in Bayern eine Scharre in Kaͤrn-
then aber ein Zerrer genannt wird.
Er uͤbertrifft an Groͤſſe den Kram-
mets-Vogel und die Droſſel.
Seiner Farbe nach aber kommt
er der Weiß-Droſſel oder Zipp-
Droſſel gaͤntzlich bey, ausgenom-
men, daß wie der Vogel groͤſſer
iſt, auch die ſchwartzen Flecken an
der Bruſt viel groͤſſer ausſehen,
und der Grund, worauf ſie gleich-
ſam geſtreuet ſind, nicht ſo braͤun-
licht, wie bey der Droſſel, ſon-
dern mehr weiß iſt. Der Hahn
und die Sicke, oder das Maͤnn-
lein und das Weiblein ſehen ein-
ander dermaſſen gleich, daß man
auch den geringſten Unterſcheid
nicht wird machen koͤnnen, auſſer
daß der Hahn unter denen Fluͤ-
geln auf ieder Seiten zwey ſchwar-
tze Flecklein auf denen Federn ne-
ben einander ſitzend hat, in der
Groͤſſe einer groſſen Steck-Nadel-
Koppe, welches iedoch genau will
wahrgenommen ſeyn; in der Ju-
gend aber, wenn ſie aufgeaͤtzt wer-
den, geben die Maͤnnlein ſich
durch ihr Dichten bald zu erken-
nen. Sie halten ſich nirgend an-
ders, als im Walde auf, und ſuchen
ihre meiſte Nahrung darinnen,
ob ſie gleich zu Zeiten auf die Fel-
der und Wieſen hinaus fallen,
um daſelbſt Wuͤrme zu ſuchen.
Jm Winter fliegen ſie an etlichen
Orten wol auch in die Gaͤrten,
wo ſie Aepffel-Baͤume finden, auf
denen Miſtel-Beere wachſen. Sie
bruͤten des Jahrs zweymal, und
das erſte mal ſehr fruͤh, gleich im
Martio, machen das Neſt ge-
meiniglich im ſchwartzen Gehoͤltze
auf Tannen- oder Fichten-Baͤu-
men ſehr hoch, wo aber groſſe Ei-
chen-Waͤlder ſind, niſten ſie auch
vielfaͤltig auf hohen Eichen, und
haben meiſtens vier oder fuͤnff
Junge. Sein Geſang, den er
auf den hoͤchſten Gipffeln der
Baͤume, wiewol nur im Fruͤhling
hoͤren laͤſſet, iſt ſehr lieblich, und
wie wild er von Natur iſt, ſo
zahm wird er hingegen, wenn er
aus dem Neſte genommen, und
aufgezogen wird, ſo daß er auch
auf der Hand ſinget, ſonſten aber
iſt nicht viel mit ihm anzufangen,
maſſen er von ſchlechter Gelernig-
keit iſt, doch ſolte er, wenn er ſehr
jung
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