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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Men
mal nicht mehr Erde fasse, als das
andere, nicht ein Satz hoch,
der andere niedrig, einer lang-
sam, der andere geschwinde, son-
dern recht nach der Mensur ge-
schehe. V. Mesure.

Menton du cheval,

Nennet man den Kieffer oder
den Ort, wo die Kinn-Kette zu
liegen kommt, dieser soll nun wohl
eingebogen und nicht abgeschliffen
seyn; dann sonst bleibt keine
Kinn-Kette liegen auf einem dün-
nen, beinigten Kinn, sondern
steigen in Anziehung des Zaums
gemeiniglich über sich, und fället
das Pferd auf den Stangen durch,
dahero eine subtile geschmeidige
Kinn-Kette erfodert wird, wel-
che im Kieffer wohl anschliesset;
denn eine grosse, dicke, schwere
Kinn-Kette beisset nicht ein, son-
dern schlottert nur um das Kinn
herum; daher können auch die
Stangen ihre Wirckung nicht thun.

Menuet,

Ein Frantzösischer Tantz und
Tantz-Lied, so aus Poitou gekom-
men, und seinen Nahmen von
Menu, oder den kleinen und be-
sondern Schritten hat. Die Me-
lodie desselben hat ordentliche
Wiederholungen, deren iede zwey-
mal gespielet wird. Jede Reprise
hat 4 oder 5 Tacte, oder doch we-
nigstens keine ungerade Zahl oder
Tacte. Die Mensur ist ein Tri-
pel, nemlich drey Viertel, wel-
cher aber gewöhnlicher Weise fast
wie drey Achtel geschlagen wird.
Man hat Menuetten zum Spie-
len, Singen und Tantzen. Jhrem
Affecte nach soll sie mäßig, lustig,
nicht flüchtig oder rennend seyn,
was zärtliches u. eine edle Einfalt
an sich haben und solte man nicht
mit so viel schwermenden Füssen
[Spaltenumbruch]

Mer
und hüpfenden Figuren darinne
herumjagen, als mehrentheils ge-
schiehet. Wenn die Menuetten-
Melodie auch nur 16 Tacte lang
ist, kürtzer aber kan sie nicht wohl
seyn, so wird sie wenigstens eini-
ge Commata, ein Semicolon, ein
paar Cola, und ein paar Puncte
in ihrem Begriff auffzuweisen ha-
ben. An einigen Stellen kan man
auch, wo anders die Melodie
rechter Art ist, den Nachdruck
deutlich wahrnehmen, der Ac-
cente, Fragezeichen, zu geschwei-
gen. Der geometrische Verhalt,
oder numerus sectionalis, und der
arithmetische Verhalt oder rhyth-
mus
sind unentbehrliche Dinge bey
allen Tantz-Arten, und geben densel-
ben die rechte Maaß und Gestalt.

Merseburg,

Haupt-Stadt im Stiffte die-
ses Nahmens, und die Hertzogli-
che Residentz, 3 Meilen von Leip-
zig, und 2 Meilen von Halle, all-
wo ein schönes Schloß an der
Saale, ein ansehnliches Dom-
Capitel, und ein feines Gymna-
sium
ist, auch ein gutes Bier ge-
brauet wird. Nebst andern Cu-
riositäten ist der Marstall und das
Jagd-Zeug zu besehen. Zu Mer-
seburg wurde von Marckgrafen
Richarden zu Meissen An. 969 in
der Woche nach S. Andreae-Tage
der vierte Turnier gehalten, wor-
unter 362 Helmen, 7 Fürsten, 14
Grafen, und 11 Freyherren, da-
bey Hertzog Wentzel in Böhmen,
Graf Ortolff von Ascanien, An-
dreas Edler Herr zu Colditz wa-
ren. Nachdem dieses Fürstliche
Haus 1738 abgestorben, hat Chur-
Sachsen Merseburg und die Güter
in der Lausitz in Besitz genommen.

Merveilie,

Ein fingirter Nahme eines

wohl-

[Spaltenumbruch]

Men
mal nicht mehr Erde faſſe, als das
andere, nicht ein Satz hoch,
der andere niedrig, einer lang-
ſam, der andere geſchwinde, ſon-
dern recht nach der Menſur ge-
ſchehe. V. Meſure.

Menton du cheval,

Nennet man den Kieffer oder
den Ort, wo die Kinn-Kette zu
liegen kommt, dieſer ſoll nun wohl
eingebogen und nicht abgeſchliffen
ſeyn; dann ſonſt bleibt keine
Kinn-Kette liegen auf einem duͤn-
nen, beinigten Kinn, ſondern
ſteigen in Anziehung des Zaums
gemeiniglich uͤber ſich, und faͤllet
das Pferd auf den Stangen durch,
dahero eine ſubtile geſchmeidige
Kinn-Kette erfodert wird, wel-
che im Kieffer wohl anſchlieſſet;
denn eine groſſe, dicke, ſchwere
Kinn-Kette beiſſet nicht ein, ſon-
dern ſchlottert nur um das Kinn
herum; daher koͤnnen auch die
Stangen ihre Wirckung nicht thun.

Menuet,

Ein Frantzoͤſiſcher Tantz und
Tantz-Lied, ſo aus Poitou gekom-
men, und ſeinen Nahmen von
Menu, oder den kleinen und be-
ſondern Schritten hat. Die Me-
lodie deſſelben hat ordentliche
Wiederholungen, deren iede zwey-
mal geſpielet wird. Jede Repriſe
hat 4 oder 5 Tacte, oder doch we-
nigſtens keine ungerade Zahl oder
Tacte. Die Menſur iſt ein Tri-
pel, nemlich drey Viertel, wel-
cher aber gewoͤhnlicher Weiſe faſt
wie drey Achtel geſchlagen wird.
Man hat Menuetten zum Spie-
len, Singen und Tantzen. Jhrem
Affecte nach ſoll ſie maͤßig, luſtig,
nicht fluͤchtig oder rennend ſeyn,
was zaͤrtliches u. eine edle Einfalt
an ſich haben und ſolte man nicht
mit ſo viel ſchwermenden Fuͤſſen
[Spaltenumbruch]

Mer
und huͤpfenden Figuren darinne
herumjagen, als mehrentheils ge-
ſchiehet. Wenn die Menuetten-
Melodie auch nur 16 Tacte lang
iſt, kuͤrtzer aber kan ſie nicht wohl
ſeyn, ſo wird ſie wenigſtens eini-
ge Commata, ein Semicolon, ein
paar Cola, und ein paar Puncte
in ihrem Begriff auffzuweiſen ha-
ben. An einigen Stellen kan man
auch, wo anders die Melodie
rechter Art iſt, den Nachdruck
deutlich wahrnehmen, der Ac-
cente, Fragezeichen, zu geſchwei-
gen. Der geometriſche Verhalt,
oder numerus ſectionalis, und der
arithmetiſche Verhalt oder rhyth-
mus
ſind unentbehrliche Dinge bey
allen Tantz-Arten, und geben denſel-
ben die rechte Maaß und Geſtalt.

Merſeburg,

Haupt-Stadt im Stiffte die-
ſes Nahmens, und die Hertzogli-
che Reſidentz, 3 Meilen von Leip-
zig, und 2 Meilen von Halle, all-
wo ein ſchoͤnes Schloß an der
Saale, ein anſehnliches Dom-
Capitel, und ein feines Gymna-
ſium
iſt, auch ein gutes Bier ge-
brauet wird. Nebſt andern Cu-
rioſitaͤten iſt der Marſtall und das
Jagd-Zeug zu beſehen. Zu Mer-
ſeburg wurde von Marckgrafen
Richarden zu Meiſſen An. 969 in
der Woche nach S. Andreæ-Tage
der vierte Turnier gehalten, wor-
unter 362 Helmen, 7 Fuͤrſten, 14
Grafen, und 11 Freyherren, da-
bey Hertzog Wentzel in Boͤhmen,
Graf Ortolff von Aſcanien, An-
dreas Edler Herr zu Colditz wa-
ren. Nachdem dieſes Fuͤrſtliche
Haus 1738 abgeſtorben, hat Chur-
Sachſen Merſeburg und die Guͤter
in der Lauſitz in Beſitz genommen.

Merveilie,

Ein fingirter Nahme eines

wohl-
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[0760] Men Mer mal nicht mehr Erde faſſe, als das andere, nicht ein Satz hoch, der andere niedrig, einer lang- ſam, der andere geſchwinde, ſon- dern recht nach der Menſur ge- ſchehe. V. Meſure. Menton du cheval, Nennet man den Kieffer oder den Ort, wo die Kinn-Kette zu liegen kommt, dieſer ſoll nun wohl eingebogen und nicht abgeſchliffen ſeyn; dann ſonſt bleibt keine Kinn-Kette liegen auf einem duͤn- nen, beinigten Kinn, ſondern ſteigen in Anziehung des Zaums gemeiniglich uͤber ſich, und faͤllet das Pferd auf den Stangen durch, dahero eine ſubtile geſchmeidige Kinn-Kette erfodert wird, wel- che im Kieffer wohl anſchlieſſet; denn eine groſſe, dicke, ſchwere Kinn-Kette beiſſet nicht ein, ſon- dern ſchlottert nur um das Kinn herum; daher koͤnnen auch die Stangen ihre Wirckung nicht thun. Menuet, Ein Frantzoͤſiſcher Tantz und Tantz-Lied, ſo aus Poitou gekom- men, und ſeinen Nahmen von Menu, oder den kleinen und be- ſondern Schritten hat. Die Me- lodie deſſelben hat ordentliche Wiederholungen, deren iede zwey- mal geſpielet wird. Jede Repriſe hat 4 oder 5 Tacte, oder doch we- nigſtens keine ungerade Zahl oder Tacte. Die Menſur iſt ein Tri- pel, nemlich drey Viertel, wel- cher aber gewoͤhnlicher Weiſe faſt wie drey Achtel geſchlagen wird. Man hat Menuetten zum Spie- len, Singen und Tantzen. Jhrem Affecte nach ſoll ſie maͤßig, luſtig, nicht fluͤchtig oder rennend ſeyn, was zaͤrtliches u. eine edle Einfalt an ſich haben und ſolte man nicht mit ſo viel ſchwermenden Fuͤſſen und huͤpfenden Figuren darinne herumjagen, als mehrentheils ge- ſchiehet. Wenn die Menuetten- Melodie auch nur 16 Tacte lang iſt, kuͤrtzer aber kan ſie nicht wohl ſeyn, ſo wird ſie wenigſtens eini- ge Commata, ein Semicolon, ein paar Cola, und ein paar Puncte in ihrem Begriff auffzuweiſen ha- ben. An einigen Stellen kan man auch, wo anders die Melodie rechter Art iſt, den Nachdruck deutlich wahrnehmen, der Ac- cente, Fragezeichen, zu geſchwei- gen. Der geometriſche Verhalt, oder numerus ſectionalis, und der arithmetiſche Verhalt oder rhyth- mus ſind unentbehrliche Dinge bey allen Tantz-Arten, und geben denſel- ben die rechte Maaß und Geſtalt. Merſeburg, Haupt-Stadt im Stiffte die- ſes Nahmens, und die Hertzogli- che Reſidentz, 3 Meilen von Leip- zig, und 2 Meilen von Halle, all- wo ein ſchoͤnes Schloß an der Saale, ein anſehnliches Dom- Capitel, und ein feines Gymna- ſium iſt, auch ein gutes Bier ge- brauet wird. Nebſt andern Cu- rioſitaͤten iſt der Marſtall und das Jagd-Zeug zu beſehen. Zu Mer- ſeburg wurde von Marckgrafen Richarden zu Meiſſen An. 969 in der Woche nach S. Andreæ-Tage der vierte Turnier gehalten, wor- unter 362 Helmen, 7 Fuͤrſten, 14 Grafen, und 11 Freyherren, da- bey Hertzog Wentzel in Boͤhmen, Graf Ortolff von Aſcanien, An- dreas Edler Herr zu Colditz wa- ren. Nachdem dieſes Fuͤrſtliche Haus 1738 abgeſtorben, hat Chur- Sachſen Merſeburg und die Guͤter in der Lauſitz in Beſitz genommen. Merveilie, Ein fingirter Nahme eines wohl-

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/760>, abgerufen am 22.11.2024.