Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Mei Rent-Meister und Marschalle,u. s. w. Von den Handwercks- meistern ist hier nicht zu reden. Meister-Sänger, Phonasci, Philomusi, Werden von dem gelehrten Melancholique, les chevaux melancholique, Sind solche Pferde, welche trau- Mel walt zum Zorn bewegt, werdensie gerne desperat und endlich gar Kollerer, dabey sind sie ungeler- nig, altschaffen, großköpffigt, mit grossen Ohren, kleinen Schweins- Augen, engen Naselöchern, schma- ler und enger Brust, kleinen und dünnen Athems, mager, rauhen Haar; von Farben gemeiniglich Mausfalb, Hirschfalb, gelbbraun, nicht venerisch, deswegen zur Ge- neration untüchtig, sind wohlge- freßig, geben doch nicht viel Zürch von sich. Melismatische Schreib- Art, Stylus Melismaticus, gehört Melismi, Sind lauffende Figuren, Läuffe sig
[Spaltenumbruch] Mei Rent-Meiſter und Marſchalle,u. ſ. w. Von den Handwercks- meiſtern iſt hier nicht zu reden. Meiſter-Saͤnger, Phonaſci, Philomuſi, Werden von dem gelehrten Melancholique, les chevaux melancholique, Sind ſolche Pferde, welche trau- Mel walt zum Zorn bewegt, werdenſie gerne deſperat und endlich gar Kollerer, dabey ſind ſie ungeler- nig, altſchaffen, großkoͤpffigt, mit groſſen Ohren, kleinen Schweins- Augen, engen Naſeloͤchern, ſchma- ler und enger Bruſt, kleinen und duͤnnen Athems, mager, rauhen Haar; von Farben gemeiniglich Mausfalb, Hirſchfalb, gelbbraun, nicht veneriſch, deswegen zur Ge- neration untuͤchtig, ſind wohlge- freßig, geben doch nicht viel Zuͤrch von ſich. Melismatiſche Schreib- Art, Stylus Meliſmaticus, gehoͤrt Meliſmi, Sind lauffende Figuren, Laͤuffe ſig
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Mei
Mel
Rent-Meiſter und Marſchalle,
u. ſ. w. Von den Handwercks-
meiſtern iſt hier nicht zu reden.
Meiſter-Saͤnger, Phonaſci,
Philomuſi,
Werden von dem gelehrten
Herrn Wagenſeil in ſeiner Be-
ſchreibung, die er von den deut-
ſchen Meiſter-Saͤngern giebet,
und welche ſeinem ſchoͤnen Com-
mentario de Civitate Noribergenſi
hinten angefuͤget, trefflich gelobet,
daß ſie nemlich die Lieder, die ſie
ſingen, mit groſſem Bedacht, und
nichts als ernſthaffte und mehren-
theils geiſtliche Geſaͤnge machen.
Jhres Ordens oder Geſellſchafft
Anfang wollen etliche von den
Zeiten Kayſers Ottonis I her rech-
nen. Nach dieſen hat ſich die
Meiſter-Singe-Kunſt in vielen
dieſer Kunſt Verwandten durch
gantz Deutſchland ausgebreitet,
alſo daß ſie nicht nur ſtatliche Pen-
fiones von Kayſern, Fuͤrſten und
Staͤdten, ſondern auch vom Kayſer
Carolo IV gar einen trefflichen
Wappen-Brief, in welchem der
Reichs-Adler und der Boͤhmiſche
Loͤwe zu erſehen, bekommen wiewol
ſie nach der Zeit ſehr wieder ins Ab-
nehmen gerathen, bis ſie der be-
ruͤhmte Hans Sachs wieder em-
por gebracht, alſo daß noch heutiges
Tages unterſchiedliche dieſer
Kunſt Genoſſen in Deutſchland,
ſonderlich in Nuͤrnberg zu finden.
Melancholique, les chevaux
melancholique,
Sind ſolche Pferde, welche trau-
riger Complexion, und kalt-tro-
ckener Natur ſind, dabey faul, ſchlaͤ-
frig, furchtſam, ungeſchickt, nicht
jaͤhzornig, ſo man ſie aber mit Ge-
walt zum Zorn bewegt, werden
ſie gerne deſperat und endlich gar
Kollerer, dabey ſind ſie ungeler-
nig, altſchaffen, großkoͤpffigt, mit
groſſen Ohren, kleinen Schweins-
Augen, engen Naſeloͤchern, ſchma-
ler und enger Bruſt, kleinen und
duͤnnen Athems, mager, rauhen
Haar; von Farben gemeiniglich
Mausfalb, Hirſchfalb, gelbbraun,
nicht veneriſch, deswegen zur Ge-
neration untuͤchtig, ſind wohlge-
freßig, geben doch nicht viel Zuͤrch
von ſich.
Melismatiſche Schreib-
Art,
Stylus Meliſmaticus, gehoͤrt
zum Theatro, und begreifft alle
luſtige Lieder und ſchertzende Ariet-
ten, die oft verſchiedene Geſetze
oder Abſchnitte haben. Die Jta-
liener halten ihre Schau- und
Sing-Spiele fuͤr viel zu vornehm,
daß ſie dergleichen Canzonetti da-
hinein bringen ſollten, es moͤchte
denn bisweilen zu Venedig ein
und anders meliſmatiſches den
Boots-Leuten zu Gefallen mit
unterlauffen. Wiewol auch die
Intramezzi oder Zwiſchenſpiele
bey ihnen den Verluſt dieſer
Schreib-Art in der Haupt-Hand-
lung an vielen Orten ſo reichlich
erſetzen, daß man es ſchwerlich
niedertraͤchtiger und gaſſenmaͤßi-
ger erdencken kan. Die Frantzo-
ſen und Engellaͤnder haben es ger-
ne, daß dieſe Schreib-Art ſich
bisweilen bey ihren Oden hoͤren
laſſe; aber von Pickel-Poſſen hal-
ten ſie nichts. ſ. Kammer-Styl.
Meliſmi,
Sind lauffende Figuren, Laͤuffe
oder Paſſaggi in der Muſic; es
muͤſſen aber dieſe Zierathen maͤſ-
ſig
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Zitationshilfe: | Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/756>, abgerufen am 03.03.2025. |