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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Luc
Haaren bewachsen, die Klauen,
deren es an den Vörder-Läufften
fünff, an den Hinter-Läufften aber
nur vier hat, scharff, krumm und
spitzig, welche er ausser im Fan-
gen und Klettern meistens einge-
zogen hat. Der Schwantz ist
kurtz, gleich dicke, am Ende schwartz,
und kan von den Luchsen krumm
getragen werden. Er hat unter
allen Thieren das schärffste Ge-
sicht, und wenn er aus dem Fin-
stern siehet, sehen seine Augen
gantz feurig. Seine Spur ist
als einer Katze, und die Grösse
als eines Jagd-Hundes. Die
Luchsin ist kleiner als der Luchs,
und nicht so schön als derselbe,
wiewol es in den steinfelsigten
Gebirgen eine weit schönere und
spieglichtere Art von Luchsen giebt,
als die in den ebenen grossen Wäl-
dern wohnen. Sie halten sich
ausser solchen Wildnissen sonsten
nirgends auf, dahero es auch
kommt, daß er nur in den grossen
Gebirgen und hohen Wäldern,
wiewol auch ziemlich selten, gefan-
gen wird. Jhre Rantz- oder
Brunst-Zeit ist im Februario,
und träget alsdenn die Luchsin
gleich einer Katze auf neun Wo-
chen, welche hierauf ihre Jungen,
und zwar mehrentheils drey, sel-
ten viere, im Monat May zwi-
schen Ostern und Pfingsten in
Felsen, Höhen und Klippen setzet.
Die Jungen sind anfangs weiß,
und neun Tage blind, werden
aber im wachsen bald gelber, und
bleiben die Männlein allezeit
weisser als die Weiblein. Die
Alte ziehet ihre Junge mit ihrer
Milch auf so lange, bis sie sich selbst
mit Schnecken, Fröschen und der-
gleichen Ungeziefer ätzen kön-
nen. Sie bringet ihnen zu Zei-
[Spaltenumbruch]
Luc
ten einen grossen Vogel, oder jun-
gen Hasen, und wenn sie grösser
worden, ein junges Reh- oder
Wild-Kalb, welches sie, wenn
die Jungen herzu springen, los-
lassen, damit sie es würgen
und desto begieriger werden, selbst
nachzuschleichen und auf den Raub
loszugehen. Wenn sie erwach-
sen, kriechen sie auf einen Baum,
setzen sich auf einen Ast, und pas-
sen auf, wo das Wildpret wech-
selt, und so eines vorbey gehet,
springen sie ihme geschwind auf
den Rücken, halten sich feste mit
ihren Klauen, beissen es in das
Genicke, würgen solches so lange,
und saugen das Blut aus, das
Thier lauffe, wie es wolle, bis es
umfället. Ein Hirsch kan den
Luchs nicht leichte abstreiffen, weil
das Geweih, dahinter er sitzet,
denselben von dem Abstreiffen der
Aeste und Sträucher im Wege.
Hingegen wird selbiger noch eher
von dem Thiere, am besten aber
von den wilden Schweinen, wenn
sie mit grosser Ungestümigkeit
durch die dicken Sträucher fah-
ren, abgestrichen. Weil aber die
Schäden oder die Wunden dem
Wildpret von oben einwerts ge-
hen, so heilen sie schwerlich, son-
derlich in der Wärme des Som-
mers. Er fänget seinen Riß ins-
gemein am besten Wildpret, als
am Zimmel, Keulen oder im Dün-
nen an, doch thut er daran nicht
so viel Schaden als ein Wolff,
suchet den Riß auch nicht über
ein oder zweymal, und zwar die
erste Nacht, und ist ihm dahero
mit dem Eisen beym Risse nicht
so wohl, wie dem Wolffe, beyzu-
kommen, weshalber er auch für
schädlicher als jener gehalten wird,
weil er immer frischen Fraß haben

muß

[Spaltenumbruch]

Luc
Haaren bewachſen, die Klauen,
deren es an den Voͤrder-Laͤufften
fuͤnff, an den Hinter-Laͤufften aber
nur vier hat, ſcharff, krumm und
ſpitzig, welche er auſſer im Fan-
gen und Klettern meiſtens einge-
zogen hat. Der Schwantz iſt
kurtz, gleich dicke, am Ende ſchwartz,
und kan von den Luchſen krumm
getragen werden. Er hat unter
allen Thieren das ſchaͤrffſte Ge-
ſicht, und wenn er aus dem Fin-
ſtern ſiehet, ſehen ſeine Augen
gantz feurig. Seine Spur iſt
als einer Katze, und die Groͤſſe
als eines Jagd-Hundes. Die
Luchſin iſt kleiner als der Luchs,
und nicht ſo ſchoͤn als derſelbe,
wiewol es in den ſteinfelſigten
Gebirgen eine weit ſchoͤnere und
ſpieglichtere Art von Luchſen giebt,
als die in den ebenen groſſen Waͤl-
dern wohnen. Sie halten ſich
auſſer ſolchen Wildniſſen ſonſten
nirgends auf, dahero es auch
kommt, daß er nur in den groſſen
Gebirgen und hohen Waͤldern,
wiewol auch ziemlich ſelten, gefan-
gen wird. Jhre Rantz- oder
Brunſt-Zeit iſt im Februario,
und traͤget alsdenn die Luchſin
gleich einer Katze auf neun Wo-
chen, welche hierauf ihre Jungen,
und zwar mehrentheils drey, ſel-
ten viere, im Monat May zwi-
ſchen Oſtern und Pfingſten in
Felſen, Hoͤhen und Klippen ſetzet.
Die Jungen ſind anfangs weiß,
und neun Tage blind, werden
aber im wachſen bald gelber, und
bleiben die Maͤnnlein allezeit
weiſſer als die Weiblein. Die
Alte ziehet ihre Junge mit ihrer
Milch auf ſo lange, bis ſie ſich ſelbſt
mit Schnecken, Froͤſchen und der-
gleichen Ungeziefer aͤtzen koͤn-
nen. Sie bringet ihnen zu Zei-
[Spaltenumbruch]
Luc
ten einen groſſen Vogel, oder jun-
gen Haſen, und wenn ſie groͤſſer
worden, ein junges Reh- oder
Wild-Kalb, welches ſie, wenn
die Jungen herzu ſpringen, los-
laſſen, damit ſie es wuͤrgen
und deſto begieriger werden, ſelbſt
nachzuſchleichen und auf den Raub
loszugehen. Wenn ſie erwach-
ſen, kriechen ſie auf einen Baum,
ſetzen ſich auf einen Aſt, und paſ-
ſen auf, wo das Wildpret wech-
ſelt, und ſo eines vorbey gehet,
ſpringen ſie ihme geſchwind auf
den Ruͤcken, halten ſich feſte mit
ihren Klauen, beiſſen es in das
Genicke, wuͤrgen ſolches ſo lange,
und ſaugen das Blut aus, das
Thier lauffe, wie es wolle, bis es
umfaͤllet. Ein Hirſch kan den
Luchs nicht leichte abſtreiffen, weil
das Geweih, dahinter er ſitzet,
denſelben von dem Abſtreiffen der
Aeſte und Straͤucher im Wege.
Hingegen wird ſelbiger noch eher
von dem Thiere, am beſten aber
von den wilden Schweinen, wenn
ſie mit groſſer Ungeſtuͤmigkeit
durch die dicken Straͤucher fah-
ren, abgeſtrichen. Weil aber die
Schaͤden oder die Wunden dem
Wildpret von oben einwerts ge-
hen, ſo heilen ſie ſchwerlich, ſon-
derlich in der Waͤrme des Som-
mers. Er faͤnget ſeinen Riß ins-
gemein am beſten Wildpret, als
am Zimmel, Keulen oder im Duͤn-
nen an, doch thut er daran nicht
ſo viel Schaden als ein Wolff,
ſuchet den Riß auch nicht uͤber
ein oder zweymal, und zwar die
erſte Nacht, und iſt ihm dahero
mit dem Eiſen beym Riſſe nicht
ſo wohl, wie dem Wolffe, beyzu-
kommen, weshalber er auch fuͤr
ſchaͤdlicher als jener gehalten wird,
weil er immer friſchen Fraß haben

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[0710] Luc Luc Haaren bewachſen, die Klauen, deren es an den Voͤrder-Laͤufften fuͤnff, an den Hinter-Laͤufften aber nur vier hat, ſcharff, krumm und ſpitzig, welche er auſſer im Fan- gen und Klettern meiſtens einge- zogen hat. Der Schwantz iſt kurtz, gleich dicke, am Ende ſchwartz, und kan von den Luchſen krumm getragen werden. Er hat unter allen Thieren das ſchaͤrffſte Ge- ſicht, und wenn er aus dem Fin- ſtern ſiehet, ſehen ſeine Augen gantz feurig. Seine Spur iſt als einer Katze, und die Groͤſſe als eines Jagd-Hundes. Die Luchſin iſt kleiner als der Luchs, und nicht ſo ſchoͤn als derſelbe, wiewol es in den ſteinfelſigten Gebirgen eine weit ſchoͤnere und ſpieglichtere Art von Luchſen giebt, als die in den ebenen groſſen Waͤl- dern wohnen. Sie halten ſich auſſer ſolchen Wildniſſen ſonſten nirgends auf, dahero es auch kommt, daß er nur in den groſſen Gebirgen und hohen Waͤldern, wiewol auch ziemlich ſelten, gefan- gen wird. Jhre Rantz- oder Brunſt-Zeit iſt im Februario, und traͤget alsdenn die Luchſin gleich einer Katze auf neun Wo- chen, welche hierauf ihre Jungen, und zwar mehrentheils drey, ſel- ten viere, im Monat May zwi- ſchen Oſtern und Pfingſten in Felſen, Hoͤhen und Klippen ſetzet. Die Jungen ſind anfangs weiß, und neun Tage blind, werden aber im wachſen bald gelber, und bleiben die Maͤnnlein allezeit weiſſer als die Weiblein. Die Alte ziehet ihre Junge mit ihrer Milch auf ſo lange, bis ſie ſich ſelbſt mit Schnecken, Froͤſchen und der- gleichen Ungeziefer aͤtzen koͤn- nen. Sie bringet ihnen zu Zei- ten einen groſſen Vogel, oder jun- gen Haſen, und wenn ſie groͤſſer worden, ein junges Reh- oder Wild-Kalb, welches ſie, wenn die Jungen herzu ſpringen, los- laſſen, damit ſie es wuͤrgen und deſto begieriger werden, ſelbſt nachzuſchleichen und auf den Raub loszugehen. Wenn ſie erwach- ſen, kriechen ſie auf einen Baum, ſetzen ſich auf einen Aſt, und paſ- ſen auf, wo das Wildpret wech- ſelt, und ſo eines vorbey gehet, ſpringen ſie ihme geſchwind auf den Ruͤcken, halten ſich feſte mit ihren Klauen, beiſſen es in das Genicke, wuͤrgen ſolches ſo lange, und ſaugen das Blut aus, das Thier lauffe, wie es wolle, bis es umfaͤllet. Ein Hirſch kan den Luchs nicht leichte abſtreiffen, weil das Geweih, dahinter er ſitzet, denſelben von dem Abſtreiffen der Aeſte und Straͤucher im Wege. Hingegen wird ſelbiger noch eher von dem Thiere, am beſten aber von den wilden Schweinen, wenn ſie mit groſſer Ungeſtuͤmigkeit durch die dicken Straͤucher fah- ren, abgeſtrichen. Weil aber die Schaͤden oder die Wunden dem Wildpret von oben einwerts ge- hen, ſo heilen ſie ſchwerlich, ſon- derlich in der Waͤrme des Som- mers. Er faͤnget ſeinen Riß ins- gemein am beſten Wildpret, als am Zimmel, Keulen oder im Duͤn- nen an, doch thut er daran nicht ſo viel Schaden als ein Wolff, ſuchet den Riß auch nicht uͤber ein oder zweymal, und zwar die erſte Nacht, und iſt ihm dahero mit dem Eiſen beym Riſſe nicht ſo wohl, wie dem Wolffe, beyzu- kommen, weshalber er auch fuͤr ſchaͤdlicher als jener gehalten wird, weil er immer friſchen Fraß haben muß

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/710>, abgerufen am 21.11.2024.