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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Ler
hinweg streichen, und im Früh-
ling selbige wieder mit sich brin-
gen; im Sommer aber werden
sie kürtzer, und hat man die Ursa-
che noch nicht ergründen können:
Warum doch der Schöpffer, der
nichts vergebens ordnet, eben zur
Streich-Zeit diesem Vogel so lan-
ge Klauen gegeben, welche man
Sporen nennet. Diese Lerche
ist der erste unter den Vögeln, die
im Frühling wieder kommen, so
daß, wenn alsdenn schön Wetter
einfället, in wenig Tagen das
Feld mit Lerchen bedeckt ist, wel-
che mit ihrem Singen die Gemü-
ther der Menschen, so in des Win-
ters Nacht und Kälte gleichsam
erstorben gelegen, wieder aufwe-
cken. Sie brüten meistens im
Getreide, daher sie Feld-Lerchen
und Korn-Lerchen heissen, und
haben den Sommer über mehren-
theils dreymal Junge, fünf, vier
und drey; doch trifft diese Ab-
wechslung der Zahl der Jungen
nicht allezeit ein, sondern ist nur
dahin zu verstehen, daß es mei-
stentheils also geschiehet; hingegen,
wenn es im Frühling zu kalt ist,
oder die Paar getrennet werden,
und sich neu paaren, ist es bey
diesen und andern Vögeln nichts
seltenes, daß sie das anderemal
oder gar das drittemal mehr Jun-
ge haben, als das erstemal. Die-
se ihre Brut fangen sie gemeinig-
lich zu Anfang des Aprils, zuwei-
len auch schon um Lichtmesse an,
zu welcher Zeit sie ihre Ankunfft
präcise haben, und in der grossen
Kälte ihre Jungen ausbringen,
daß man derer auf den Aeckern in
Mist-Hauffen, allwo sie die Brut
warm erhalten können, bey här-
tester Kälte und Schnee gefunden
hat, doch geschiehet dieses selten;
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Ler
wie sie denn auch zum Theil erst
im Augusto zu brüten aufhören.
So bald die Jungen ein wenig
Federn haben, da sie noch lange
nicht zum Fliegen geschickt sind,
lauffen sie schon aus dem Neste,
und halten sich vielmals gantze
Acker-Längen eine von der andern
auf; welches ihnen die Natur
um deswillen zu ihrem besten ein-
giebt, damit, weil sie auf der Er-
den sitzend viel mehrer Gefahr, als
andere Vögel unterworffen sind,
nicht alle auf einmal von ihren
Feinden erwischet werden mögen,
massen der Fuchs sie auch, des
starcken Geruchs halben, viel leich-
ter in dem Neste finden könnte.
Zu solcher Zeit siehet man die Al-
ten über dem Getreide herschwe-
ben, und durch gemaches Ruffen
von den Jungen erforschen, wo
sich dieselben befinden, sintemal
sobald eine Junge antwortet, die
Alte an derselbigen Stelle in das
Getreide hinein fällt, sodenn aufs
neue Speise holet, und auch die
andern wechsels-weise aufsuchet.
Jhr Aufenthalt ist beständig im
Felde, allwo sie, wenn es spat
schneyet, manchmal noch im De-
cember, zu drey und vieren bey-
sammen im Felde liegen; diese
verlieren sich aber, sobald es schney-
et. Hingegen, wenn um Lichtmeß
ihr Strich angehet, und es zur
selben Zeit schneyet, ist es nichts
seltsames, daß man sie zu hunder-
ten und mehrern mit einander auf
dem Schnee lauffen siehet, welche
iedoch, wenn der Schnee nicht
bald weggehet, auf einmal wieder
verschwinden, daß man nicht weiß,
wo sie hinkommen sind. Sie zie-
hen alle Herbst, wie andere Vögel,
und zwar am meisten um Micha-
elis, in einer solchen unglaubli-

chen

[Spaltenumbruch]

Ler
hinweg ſtreichen, und im Fruͤh-
ling ſelbige wieder mit ſich brin-
gen; im Sommer aber werden
ſie kuͤrtzer, und hat man die Urſa-
che noch nicht ergruͤnden koͤnnen:
Warum doch der Schoͤpffer, der
nichts vergebens ordnet, eben zur
Streich-Zeit dieſem Vogel ſo lan-
ge Klauen gegeben, welche man
Sporen nennet. Dieſe Lerche
iſt der erſte unter den Voͤgeln, die
im Fruͤhling wieder kommen, ſo
daß, wenn alsdenn ſchoͤn Wetter
einfaͤllet, in wenig Tagen das
Feld mit Lerchen bedeckt iſt, wel-
che mit ihrem Singen die Gemuͤ-
ther der Menſchen, ſo in des Win-
ters Nacht und Kaͤlte gleichſam
erſtorben gelegen, wieder aufwe-
cken. Sie bruͤten meiſtens im
Getreide, daher ſie Feld-Lerchen
und Korn-Lerchen heiſſen, und
haben den Sommer uͤber mehren-
theils dreymal Junge, fuͤnf, vier
und drey; doch trifft dieſe Ab-
wechslung der Zahl der Jungen
nicht allezeit ein, ſondern iſt nur
dahin zu verſtehen, daß es mei-
ſtentheils alſo geſchiehet; hingegen,
wenn es im Fruͤhling zu kalt iſt,
oder die Paar getrennet werden,
und ſich neu paaren, iſt es bey
dieſen und andern Voͤgeln nichts
ſeltenes, daß ſie das anderemal
oder gar das drittemal mehr Jun-
ge haben, als das erſtemal. Die-
ſe ihre Brut fangen ſie gemeinig-
lich zu Anfang des Aprils, zuwei-
len auch ſchon um Lichtmeſſe an,
zu welcher Zeit ſie ihre Ankunfft
praͤciſe haben, und in der groſſen
Kaͤlte ihre Jungen ausbringen,
daß man derer auf den Aeckern in
Miſt-Hauffen, allwo ſie die Brut
warm erhalten koͤnnen, bey haͤr-
teſter Kaͤlte und Schnee gefunden
hat, doch geſchiehet dieſes ſelten;
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Ler
wie ſie denn auch zum Theil erſt
im Auguſto zu bruͤten aufhoͤren.
So bald die Jungen ein wenig
Federn haben, da ſie noch lange
nicht zum Fliegen geſchickt ſind,
lauffen ſie ſchon aus dem Neſte,
und halten ſich vielmals gantze
Acker-Laͤngen eine von der andern
auf; welches ihnen die Natur
um deswillen zu ihrem beſten ein-
giebt, damit, weil ſie auf der Er-
den ſitzend viel mehrer Gefahr, als
andere Voͤgel unterworffen ſind,
nicht alle auf einmal von ihren
Feinden erwiſchet werden moͤgen,
maſſen der Fuchs ſie auch, des
ſtarcken Geruchs halben, viel leich-
ter in dem Neſte finden koͤnnte.
Zu ſolcher Zeit ſiehet man die Al-
ten uͤber dem Getreide herſchwe-
ben, und durch gemaches Ruffen
von den Jungen erforſchen, wo
ſich dieſelben befinden, ſintemal
ſobald eine Junge antwortet, die
Alte an derſelbigen Stelle in das
Getreide hinein faͤllt, ſodenn aufs
neue Speiſe holet, und auch die
andern wechſels-weiſe aufſuchet.
Jhr Aufenthalt iſt beſtaͤndig im
Felde, allwo ſie, wenn es ſpat
ſchneyet, manchmal noch im De-
cember, zu drey und vieren bey-
ſammen im Felde liegen; dieſe
verlieren ſich aber, ſobald es ſchney-
et. Hingegen, wenn um Lichtmeß
ihr Strich angehet, und es zur
ſelben Zeit ſchneyet, iſt es nichts
ſeltſames, daß man ſie zu hunder-
ten und mehrern mit einander auf
dem Schnee lauffen ſiehet, welche
iedoch, wenn der Schnee nicht
bald weggehet, auf einmal wieder
verſchwinden, daß man nicht weiß,
wo ſie hinkommen ſind. Sie zie-
hen alle Herbſt, wie andere Voͤgel,
und zwar am meiſten um Micha-
elis, in einer ſolchen unglaubli-

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[0680] Ler Ler hinweg ſtreichen, und im Fruͤh- ling ſelbige wieder mit ſich brin- gen; im Sommer aber werden ſie kuͤrtzer, und hat man die Urſa- che noch nicht ergruͤnden koͤnnen: Warum doch der Schoͤpffer, der nichts vergebens ordnet, eben zur Streich-Zeit dieſem Vogel ſo lan- ge Klauen gegeben, welche man Sporen nennet. Dieſe Lerche iſt der erſte unter den Voͤgeln, die im Fruͤhling wieder kommen, ſo daß, wenn alsdenn ſchoͤn Wetter einfaͤllet, in wenig Tagen das Feld mit Lerchen bedeckt iſt, wel- che mit ihrem Singen die Gemuͤ- ther der Menſchen, ſo in des Win- ters Nacht und Kaͤlte gleichſam erſtorben gelegen, wieder aufwe- cken. Sie bruͤten meiſtens im Getreide, daher ſie Feld-Lerchen und Korn-Lerchen heiſſen, und haben den Sommer uͤber mehren- theils dreymal Junge, fuͤnf, vier und drey; doch trifft dieſe Ab- wechslung der Zahl der Jungen nicht allezeit ein, ſondern iſt nur dahin zu verſtehen, daß es mei- ſtentheils alſo geſchiehet; hingegen, wenn es im Fruͤhling zu kalt iſt, oder die Paar getrennet werden, und ſich neu paaren, iſt es bey dieſen und andern Voͤgeln nichts ſeltenes, daß ſie das anderemal oder gar das drittemal mehr Jun- ge haben, als das erſtemal. Die- ſe ihre Brut fangen ſie gemeinig- lich zu Anfang des Aprils, zuwei- len auch ſchon um Lichtmeſſe an, zu welcher Zeit ſie ihre Ankunfft praͤciſe haben, und in der groſſen Kaͤlte ihre Jungen ausbringen, daß man derer auf den Aeckern in Miſt-Hauffen, allwo ſie die Brut warm erhalten koͤnnen, bey haͤr- teſter Kaͤlte und Schnee gefunden hat, doch geſchiehet dieſes ſelten; wie ſie denn auch zum Theil erſt im Auguſto zu bruͤten aufhoͤren. So bald die Jungen ein wenig Federn haben, da ſie noch lange nicht zum Fliegen geſchickt ſind, lauffen ſie ſchon aus dem Neſte, und halten ſich vielmals gantze Acker-Laͤngen eine von der andern auf; welches ihnen die Natur um deswillen zu ihrem beſten ein- giebt, damit, weil ſie auf der Er- den ſitzend viel mehrer Gefahr, als andere Voͤgel unterworffen ſind, nicht alle auf einmal von ihren Feinden erwiſchet werden moͤgen, maſſen der Fuchs ſie auch, des ſtarcken Geruchs halben, viel leich- ter in dem Neſte finden koͤnnte. Zu ſolcher Zeit ſiehet man die Al- ten uͤber dem Getreide herſchwe- ben, und durch gemaches Ruffen von den Jungen erforſchen, wo ſich dieſelben befinden, ſintemal ſobald eine Junge antwortet, die Alte an derſelbigen Stelle in das Getreide hinein faͤllt, ſodenn aufs neue Speiſe holet, und auch die andern wechſels-weiſe aufſuchet. Jhr Aufenthalt iſt beſtaͤndig im Felde, allwo ſie, wenn es ſpat ſchneyet, manchmal noch im De- cember, zu drey und vieren bey- ſammen im Felde liegen; dieſe verlieren ſich aber, ſobald es ſchney- et. Hingegen, wenn um Lichtmeß ihr Strich angehet, und es zur ſelben Zeit ſchneyet, iſt es nichts ſeltſames, daß man ſie zu hunder- ten und mehrern mit einander auf dem Schnee lauffen ſiehet, welche iedoch, wenn der Schnee nicht bald weggehet, auf einmal wieder verſchwinden, daß man nicht weiß, wo ſie hinkommen ſind. Sie zie- hen alle Herbſt, wie andere Voͤgel, und zwar am meiſten um Micha- elis, in einer ſolchen unglaubli- chen

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/680>, abgerufen am 22.11.2024.