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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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[Spaltenumbruch]

Hir
Schwere des Leibes, item nach
denen Jahren und nach der Viel-
heit seiner Enden, die er auf sei-
nem Gehörn hat, nemlich ob er
jagdbar sey oder nicht. Hier-
nächst wird auch von einem Hirsch-
gerechten Jäger erfodert, daß er
seinen Leit-Hund recht zu tracti-
ren und zu arbeiten wisse, sein
Thier zu Holtze richten und bestä-
tigen könne, dergestalt, daß man
bedörffenden Falles auf seinen Be-
richt das bestätigte oder veruener-
te stellen und einrichten könne.

Hirsch-Kalb,

Heißt das Junge, welches das
Wild gesetzet, davon siehe unten
Thier.

Hirsch-Kasten,

Jst ein Behältniß, worinn ein
Hirsch lebendig von einem Ort zum
andern gebracht werden kan. Man
hat deren zweyerley Sorten: Die
erste gehöret vor diejenigen Hir-
sche, welchen man, weil sie weit
oder fern geschicket werden sollen,
das Gehörne (als welches sie oh-
ne diß abwerffen und ihr vollkom-
men Gehörne wieder aufsetzen)
oberhalb denen Augen-Sprossen,
und auch diese abgesäget hat. Die-
ser Kasten wird etwas über vier
Ellen lang und drey Ellen hoch,
auf dem Boden aber eine Elle
weit gemacht, nur daß ein Hirsch
darinnen stehen und liegen kan,
auch nicht angestrichen, sondern
nur schlecht von guten Tannen-
Bretern zusammen geschlagen,
und mit eisernen Winckeln und
Bändern wohl verwahret. An
dem Ende, wo der Kopff ist, muß
er mit einer kleinen Krippe zum
Haber, und einem eisernen Räuff-
gen zum Heu unterwegens ver-
sorget seyn. Die andere Gattung
[Spaltenumbruch]

Hir
aber, so zu denen Jagd-Aufzügen,
oder zur Hof-Jagd gehöret, da
dem Hirsch sein Gehörn gelassen
werden muß, ist oben etwas wei-
ter und höher, nach Grösse des
Gehörns, und soll inwendig, da-
mit der Hirsch sich nicht zu Schan-
den stosse, billig mit Leinewand
ausgeschlagen, und mit Werck
und Haaren ausgestopffet, oder
wenigstens mit Stroh-Seilen
ausgeflochten; auswendig aber
auf den Ecken mit grossen eiser-
nen Ringen, um den Kasten da-
mit auf dem Wagen zu befestigen,
versehen, auch über und über mit
grüner Oel-Farbe angestrichen,
und Hirsche darauf gemahlet
seyn.

Hirsch-Thränen,

Jst ein Gewächse, welches in
den Augen-Winckeln der alten
Haupt-Hirsche wächset, und an-
fänglich so weich als Wachs oder
Hartz, mit der Zeit aber, wie ein
Horn oder Stein, so hart wird.
Der Geruch davon ist erstlich wi-
derwärtig, nachgehends aber wohl-
riechender. Wo sie aus den Au-
gen-Winckeln hervor ragen, schei-
nen sie rund, glatt und gläntzend,
gelblich und mit schwartzen Ae-
derlein durchzogen. Wenn nun
dieses Gewächse durch die Lufft er-
hartet, den Hirschen am Sehen
verhindert, reibt er sich an die
Bäume und Sträucher, und
streifft oder stößt es ab, da es
bisweilen von den Jägern gefun-
den, und als eine Hertz-stärckende
Schweiß-treibende und allen giff-
tigen und Pestilentialischen Seu-
chen widerstehende Artzney hoch
gehalten wird. Wiewol es Leute
giebt, die diesen Thränen wenig
oder gar keine Tugend zuschrei-

ben,

[Spaltenumbruch]

Hir
Schwere des Leibes, item nach
denen Jahren und nach der Viel-
heit ſeiner Enden, die er auf ſei-
nem Gehoͤrn hat, nemlich ob er
jagdbar ſey oder nicht. Hier-
naͤchſt wird auch von einem Hirſch-
gerechten Jaͤger erfodert, daß er
ſeinen Leit-Hund recht zu tracti-
ren und zu arbeiten wiſſe, ſein
Thier zu Holtze richten und beſtaͤ-
tigen koͤnne, dergeſtalt, daß man
bedoͤrffenden Falles auf ſeinen Be-
richt das beſtaͤtigte oder veruener-
te ſtellen und einrichten koͤnne.

Hirſch-Kalb,

Heißt das Junge, welches das
Wild geſetzet, davon ſiehe unten
Thier.

Hirſch-Kaſten,

Jſt ein Behaͤltniß, worinn ein
Hirſch lebendig von einem Ort zum
andern gebracht werden kan. Man
hat deren zweyerley Sorten: Die
erſte gehoͤret vor diejenigen Hir-
ſche, welchen man, weil ſie weit
oder fern geſchicket werden ſollen,
das Gehoͤrne (als welches ſie oh-
ne diß abwerffen und ihr vollkom-
men Gehoͤrne wieder aufſetzen)
oberhalb denen Augen-Sproſſen,
und auch dieſe abgeſaͤget hat. Die-
ſer Kaſten wird etwas uͤber vier
Ellen lang und drey Ellen hoch,
auf dem Boden aber eine Elle
weit gemacht, nur daß ein Hirſch
darinnen ſtehen und liegen kan,
auch nicht angeſtrichen, ſondern
nur ſchlecht von guten Tannen-
Bretern zuſammen geſchlagen,
und mit eiſernen Winckeln und
Baͤndern wohl verwahret. An
dem Ende, wo der Kopff iſt, muß
er mit einer kleinen Krippe zum
Haber, und einem eiſernen Raͤuff-
gen zum Heu unterwegens ver-
ſorget ſeyn. Die andere Gattung
[Spaltenumbruch]

Hir
aber, ſo zu denen Jagd-Aufzuͤgen,
oder zur Hof-Jagd gehoͤret, da
dem Hirſch ſein Gehoͤrn gelaſſen
werden muß, iſt oben etwas wei-
ter und hoͤher, nach Groͤſſe des
Gehoͤrns, und ſoll inwendig, da-
mit der Hirſch ſich nicht zu Schan-
den ſtoſſe, billig mit Leinewand
ausgeſchlagen, und mit Werck
und Haaren ausgeſtopffet, oder
wenigſtens mit Stroh-Seilen
ausgeflochten; auswendig aber
auf den Ecken mit groſſen eiſer-
nen Ringen, um den Kaſten da-
mit auf dem Wagen zu befeſtigen,
verſehen, auch uͤber und uͤber mit
gruͤner Oel-Farbe angeſtrichen,
und Hirſche darauf gemahlet
ſeyn.

Hirſch-Thraͤnen,

Jſt ein Gewaͤchſe, welches in
den Augen-Winckeln der alten
Haupt-Hirſche waͤchſet, und an-
faͤnglich ſo weich als Wachs oder
Hartz, mit der Zeit aber, wie ein
Horn oder Stein, ſo hart wird.
Der Geruch davon iſt erſtlich wi-
derwaͤrtig, nachgehends aber wohl-
riechender. Wo ſie aus den Au-
gen-Winckeln hervor ragen, ſchei-
nen ſie rund, glatt und glaͤntzend,
gelblich und mit ſchwartzen Ae-
derlein durchzogen. Wenn nun
dieſes Gewaͤchſe durch die Lufft er-
hartet, den Hirſchen am Sehen
verhindert, reibt er ſich an die
Baͤume und Straͤucher, und
ſtreifft oder ſtoͤßt es ab, da es
bisweilen von den Jaͤgern gefun-
den, und als eine Hertz-ſtaͤrckende
Schweiß-treibende und allen giff-
tigen und Peſtilentialiſchen Seu-
chen widerſtehende Artzney hoch
gehalten wird. Wiewol es Leute
giebt, die dieſen Thraͤnen wenig
oder gar keine Tugend zuſchrei-

ben,
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[0562] Hir Hir Schwere des Leibes, item nach denen Jahren und nach der Viel- heit ſeiner Enden, die er auf ſei- nem Gehoͤrn hat, nemlich ob er jagdbar ſey oder nicht. Hier- naͤchſt wird auch von einem Hirſch- gerechten Jaͤger erfodert, daß er ſeinen Leit-Hund recht zu tracti- ren und zu arbeiten wiſſe, ſein Thier zu Holtze richten und beſtaͤ- tigen koͤnne, dergeſtalt, daß man bedoͤrffenden Falles auf ſeinen Be- richt das beſtaͤtigte oder veruener- te ſtellen und einrichten koͤnne. Hirſch-Kalb, Heißt das Junge, welches das Wild geſetzet, davon ſiehe unten Thier. Hirſch-Kaſten, Jſt ein Behaͤltniß, worinn ein Hirſch lebendig von einem Ort zum andern gebracht werden kan. Man hat deren zweyerley Sorten: Die erſte gehoͤret vor diejenigen Hir- ſche, welchen man, weil ſie weit oder fern geſchicket werden ſollen, das Gehoͤrne (als welches ſie oh- ne diß abwerffen und ihr vollkom- men Gehoͤrne wieder aufſetzen) oberhalb denen Augen-Sproſſen, und auch dieſe abgeſaͤget hat. Die- ſer Kaſten wird etwas uͤber vier Ellen lang und drey Ellen hoch, auf dem Boden aber eine Elle weit gemacht, nur daß ein Hirſch darinnen ſtehen und liegen kan, auch nicht angeſtrichen, ſondern nur ſchlecht von guten Tannen- Bretern zuſammen geſchlagen, und mit eiſernen Winckeln und Baͤndern wohl verwahret. An dem Ende, wo der Kopff iſt, muß er mit einer kleinen Krippe zum Haber, und einem eiſernen Raͤuff- gen zum Heu unterwegens ver- ſorget ſeyn. Die andere Gattung aber, ſo zu denen Jagd-Aufzuͤgen, oder zur Hof-Jagd gehoͤret, da dem Hirſch ſein Gehoͤrn gelaſſen werden muß, iſt oben etwas wei- ter und hoͤher, nach Groͤſſe des Gehoͤrns, und ſoll inwendig, da- mit der Hirſch ſich nicht zu Schan- den ſtoſſe, billig mit Leinewand ausgeſchlagen, und mit Werck und Haaren ausgeſtopffet, oder wenigſtens mit Stroh-Seilen ausgeflochten; auswendig aber auf den Ecken mit groſſen eiſer- nen Ringen, um den Kaſten da- mit auf dem Wagen zu befeſtigen, verſehen, auch uͤber und uͤber mit gruͤner Oel-Farbe angeſtrichen, und Hirſche darauf gemahlet ſeyn. Hirſch-Thraͤnen, Jſt ein Gewaͤchſe, welches in den Augen-Winckeln der alten Haupt-Hirſche waͤchſet, und an- faͤnglich ſo weich als Wachs oder Hartz, mit der Zeit aber, wie ein Horn oder Stein, ſo hart wird. Der Geruch davon iſt erſtlich wi- derwaͤrtig, nachgehends aber wohl- riechender. Wo ſie aus den Au- gen-Winckeln hervor ragen, ſchei- nen ſie rund, glatt und glaͤntzend, gelblich und mit ſchwartzen Ae- derlein durchzogen. Wenn nun dieſes Gewaͤchſe durch die Lufft er- hartet, den Hirſchen am Sehen verhindert, reibt er ſich an die Baͤume und Straͤucher, und ſtreifft oder ſtoͤßt es ab, da es bisweilen von den Jaͤgern gefun- den, und als eine Hertz-ſtaͤrckende Schweiß-treibende und allen giff- tigen und Peſtilentialiſchen Seu- chen widerſtehende Artzney hoch gehalten wird. Wiewol es Leute giebt, die dieſen Thraͤnen wenig oder gar keine Tugend zuſchrei- ben,

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/562>, abgerufen am 25.11.2024.