den Organismus zu geben. Unter seinen Lehren ist es vorzüglich diese, die, so allgemein ausge- drückt, wie sie von ihm vorgetragen wurde, sich am leichtesten angreifen lässt und auch am häu- figsten angegriffen ist. Doch, auf gewisse Weise modifizirt, lässt sie sich rechtfertigen. Viele jener Wirkungen, die in einigen Thierfamilien für das Individuum, worin sie vorgehen, zwecklos oder selbst nachtheilig sind, haben in andern Familien allerdings eine Beziehung auf die Erhaltung des Individuums oder der Gattung. Der von Zorn oder Wuth in ein heftiges Gift verwandelte Gei- fer mancher Thiere dient ihnen als Mittel, sich zu vertheidigen, oder ihrer Beute habhaft zu wer- den. Die Lähmung aller Kräfte, die von der Furcht verursacht wird, ist bey einigen Thieren eine Art von Scheintod, wodurch sie sich ihren Verfolgern entziehen, und vermöge des Einflus- ses, den eben dieser Affekt auf die vermehrte Ab- sonderung und Ausscheidung der Darmsäfte hat, excerniren andere eine Flüssigkeit, die ihnen zum Schutz und zur Wehr gegen ihre Feinde dient. Die Wirkung ist also im Thierreiche überhaupt, aber die Zweckmässigkeit derselben nur bey ein- zelnen Familien oder Gattungen vorhanden. Es verhält sich mit diesen Erscheinungen auf glei- che Weise, wie mit vielen andern der lebenden Natur. Was die bildende Kraft bey gewissen Formen als Mittel zu bestimmten Zwecken her-
vor-
den Organismus zu geben. Unter seinen Lehren ist es vorzüglich diese, die, so allgemein ausge- drückt, wie sie von ihm vorgetragen wurde, sich am leichtesten angreifen läſst und auch am häu- figsten angegriffen ist. Doch, auf gewisse Weise modifizirt, läſst sie sich rechtfertigen. Viele jener Wirkungen, die in einigen Thierfamilien für das Individuum, worin sie vorgehen, zwecklos oder selbst nachtheilig sind, haben in andern Familien allerdings eine Beziehung auf die Erhaltung des Individuums oder der Gattung. Der von Zorn oder Wuth in ein heftiges Gift verwandelte Gei- fer mancher Thiere dient ihnen als Mittel, sich zu vertheidigen, oder ihrer Beute habhaft zu wer- den. Die Lähmung aller Kräfte, die von der Furcht verursacht wird, ist bey einigen Thieren eine Art von Scheintod, wodurch sie sich ihren Verfolgern entziehen, und vermöge des Einflus- ses, den eben dieser Affekt auf die vermehrte Ab- sonderung und Ausscheidung der Darmsäfte hat, excerniren andere eine Flüssigkeit, die ihnen zum Schutz und zur Wehr gegen ihre Feinde dient. Die Wirkung ist also im Thierreiche überhaupt, aber die Zweckmäſsigkeit derselben nur bey ein- zelnen Familien oder Gattungen vorhanden. Es verhält sich mit diesen Erscheinungen auf glei- che Weise, wie mit vielen andern der lebenden Natur. Was die bildende Kraft bey gewissen Formen als Mittel zu bestimmten Zwecken her-
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den Organismus zu geben. Unter seinen Lehren
ist es vorzüglich diese, die, so allgemein ausge-
drückt, wie sie von ihm vorgetragen wurde, sich
am leichtesten angreifen läſst und auch am häu-
figsten angegriffen ist. Doch, auf gewisse Weise
modifizirt, läſst sie sich rechtfertigen. Viele jener
Wirkungen, die in einigen Thierfamilien für das
Individuum, worin sie vorgehen, zwecklos oder
selbst nachtheilig sind, haben in andern Familien
allerdings eine Beziehung auf die Erhaltung des
Individuums oder der Gattung. Der von Zorn
oder Wuth in ein heftiges Gift verwandelte Gei-
fer mancher Thiere dient ihnen als Mittel, sich
zu vertheidigen, oder ihrer Beute habhaft zu wer-
den. Die Lähmung aller Kräfte, die von der
Furcht verursacht wird, ist bey einigen Thieren
eine Art von Scheintod, wodurch sie sich ihren
Verfolgern entziehen, und vermöge des Einflus-
ses, den eben dieser Affekt auf die vermehrte Ab-
sonderung und Ausscheidung der Darmsäfte hat,
excerniren andere eine Flüssigkeit, die ihnen zum
Schutz und zur Wehr gegen ihre Feinde dient.
Die Wirkung ist also im Thierreiche überhaupt,
aber die Zweckmäſsigkeit derselben nur bey ein-
zelnen Familien oder Gattungen vorhanden. Es
verhält sich mit diesen Erscheinungen auf glei-
che Weise, wie mit vielen andern der lebenden
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/74>, abgerufen am 24.11.2024.
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