Von dieser gemeinschaftlichen Thätigkeit der Sehenerven enthält wahrscheinlich die Vereini- gung derselben im Chiasma einen anatomischen Grund. Diese Verbindung ist nur da vorhan- den, wo beyde Augen ein gemeinschaftliches Gesichtsfeld haben, nicht aber bey denjenigen Fischen, deren Augen so liegen, dass keines derselben in den Wirkungskreis des andern mit eingreifen kann. Aus ihr allein lässt sich aber freylich nicht die Einfachheit des Gesichtsein- drucks bey der Richtung beyder Augen auf einerley Gegenstand erklären, wie Porter- fields) gegen Galen gezeigt hat.
Nach den Brechungsgesetzen der Licht- strahlen bilden sich die Gegenstände verkehrt auf dem Grunde des Auges ab. Die rechte Seite des Bildes entspricht der linken des Ob- jekts, die obere des erstern der untern des letz- tern, und umgekehrt. Ohne diese Umkehrung würde es nicht möglich seyn, die Augenaxe vermittelst blosser Drehung des Augapfels nach allen Seiten zu richten t). Warum uns hierbey doch nicht die Gegenstände umgekehrt erschei- nen, ist ebenfalls eine Frage, an deren Beant- wortung Viele ihren Scharfsinn versucht haben.
Ber-
s) A. a. O. Vol. I. p. 192.
t)Kepler Paralipom. ad Vitell. p. 206.
O o 3
Von dieser gemeinschaftlichen Thätigkeit der Sehenerven enthält wahrscheinlich die Vereini- gung derselben im Chiasma einen anatomischen Grund. Diese Verbindung ist nur da vorhan- den, wo beyde Augen ein gemeinschaftliches Gesichtsfeld haben, nicht aber bey denjenigen Fischen, deren Augen so liegen, daſs keines derselben in den Wirkungskreis des andern mit eingreifen kann. Aus ihr allein läſst sich aber freylich nicht die Einfachheit des Gesichtsein- drucks bey der Richtung beyder Augen auf einerley Gegenstand erklären, wie Porter- fields) gegen Galen gezeigt hat.
Nach den Brechungsgesetzen der Licht- strahlen bilden sich die Gegenstände verkehrt auf dem Grunde des Auges ab. Die rechte Seite des Bildes entspricht der linken des Ob- jekts, die obere des erstern der untern des letz- tern, und umgekehrt. Ohne diese Umkehrung würde es nicht möglich seyn, die Augenaxe vermittelst bloſser Drehung des Augapfels nach allen Seiten zu richten t). Warum uns hierbey doch nicht die Gegenstände umgekehrt erschei- nen, ist ebenfalls eine Frage, an deren Beant- wortung Viele ihren Scharfsinn versucht haben.
Ber-
s) A. a. O. Vol. I. p. 192.
t)Kepler Paralipom. ad Vitell. p. 206.
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Von dieser gemeinschaftlichen Thätigkeit der
Sehenerven enthält wahrscheinlich die Vereini-
gung derselben im Chiasma einen anatomischen
Grund. Diese Verbindung ist nur da vorhan-
den, wo beyde Augen ein gemeinschaftliches
Gesichtsfeld haben, nicht aber bey denjenigen
Fischen, deren Augen so liegen, daſs keines
derselben in den Wirkungskreis des andern mit
eingreifen kann. Aus ihr allein läſst sich aber
freylich nicht die Einfachheit des Gesichtsein-
drucks bey der Richtung beyder Augen auf
einerley Gegenstand erklären, wie Porter-
field s) gegen Galen gezeigt hat.
Nach den Brechungsgesetzen der Licht-
strahlen bilden sich die Gegenstände verkehrt
auf dem Grunde des Auges ab. Die rechte
Seite des Bildes entspricht der linken des Ob-
jekts, die obere des erstern der untern des letz-
tern, und umgekehrt. Ohne diese Umkehrung
würde es nicht möglich seyn, die Augenaxe
vermittelst bloſser Drehung des Augapfels nach
allen Seiten zu richten t). Warum uns hierbey
doch nicht die Gegenstände umgekehrt erschei-
nen, ist ebenfalls eine Frage, an deren Beant-
wortung Viele ihren Scharfsinn versucht haben.
Ber-
s) A. a. O. Vol. I. p. 192.
t) Kepler Paralipom. ad Vitell. p. 206.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/597>, abgerufen am 24.11.2024.
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