ducirt der Sehenerve die in ihm erregte Ver- änderung blos durch eigene Thätigkeit. Er scheint selbst jeden schwächern Eindruck so lange festzuhalten, als die Zeit des Blinzens der Augen beträgt; er würde sonst von dieser Be- wegung im Sehen gestöhrt werden müssen z). Sieht man einen Fleck von einer lebhaften Farbe auf einem weissen Grunde lange und un- verwandt an, so entsteht nach und nach um denselben eine Krone von einer Farbe, welche der des Flecks entgegengesetzt ist, und blickt man hierauf von ihm weg auf den weissen Grund, so erscheint auf diesem ein Fleck, der mit dem erstern einerley Grösse und Figur hat, dessen Farbe aber die nämliche entgegengesetzte ist, von welcher der erstere vorher umgeben war. Auf diese Weise geht Roth in Grün, Gelb in Violet, Grün in Purpur, Blau in Orange, Schwarz in ein glänzendes Weiss, Weiss auf schwarzem Grunde in ein noch dunk- leres Schwarz über. Der Sehenerve erhält sich also nicht nur die Urbilder; er verwandelt auch ihre Farben nach gewissen Gesetzen. Betrachtet man ein Viereck von hohem Roth auf weissem Grunde noch anhaltender als im vorigen Ver- such, so entsteht auf demselben nach einiger
Zeit
z)Purkinje's Beytr. zur Kenntniss des Sehens in sub- jektiver Hinsicht. S. 166.
VI. Bd. N n
ducirt der Sehenerve die in ihm erregte Ver- änderung blos durch eigene Thätigkeit. Er scheint selbst jeden schwächern Eindruck so lange festzuhalten, als die Zeit des Blinzens der Augen beträgt; er würde sonst von dieser Be- wegung im Sehen gestöhrt werden müssen z). Sieht man einen Fleck von einer lebhaften Farbe auf einem weiſsen Grunde lange und un- verwandt an, so entsteht nach und nach um denselben eine Krone von einer Farbe, welche der des Flecks entgegengesetzt ist, und blickt man hierauf von ihm weg auf den weiſsen Grund, so erscheint auf diesem ein Fleck, der mit dem erstern einerley Gröſse und Figur hat, dessen Farbe aber die nämliche entgegengesetzte ist, von welcher der erstere vorher umgeben war. Auf diese Weise geht Roth in Grün, Gelb in Violet, Grün in Purpur, Blau in Orange, Schwarz in ein glänzendes Weiſs, Weiſs auf schwarzem Grunde in ein noch dunk- leres Schwarz über. Der Sehenerve erhält sich also nicht nur die Urbilder; er verwandelt auch ihre Farben nach gewissen Gesetzen. Betrachtet man ein Viereck von hohem Roth auf weiſsem Grunde noch anhaltender als im vorigen Ver- such, so entsteht auf demselben nach einiger
Zeit
z)Purkinje’s Beytr. zur Kenntniſs des Sehens in sub- jektiver Hinsicht. S. 166.
VI. Bd. N n
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0577"n="555"/>
ducirt der Sehenerve die in ihm erregte Ver-<lb/>
änderung blos durch eigene Thätigkeit. Er<lb/>
scheint selbst jeden schwächern Eindruck so<lb/>
lange festzuhalten, als die Zeit des Blinzens der<lb/>
Augen beträgt; er würde sonst von dieser Be-<lb/>
wegung im Sehen gestöhrt werden müssen <noteplace="foot"n="z)"><hirendition="#k">Purkinje</hi>’s Beytr. zur Kenntniſs des Sehens in sub-<lb/>
jektiver Hinsicht. S. 166.</note>.<lb/>
Sieht man einen Fleck von einer lebhaften<lb/>
Farbe auf einem weiſsen Grunde lange und un-<lb/>
verwandt an, so entsteht nach und nach um<lb/>
denselben eine Krone von einer Farbe, welche<lb/>
der des Flecks entgegengesetzt ist, und blickt<lb/>
man hierauf von ihm weg auf den weiſsen<lb/>
Grund, so erscheint auf diesem ein Fleck, der<lb/>
mit dem erstern einerley Gröſse und Figur hat,<lb/>
dessen Farbe aber die nämliche entgegengesetzte<lb/>
ist, von welcher der erstere vorher umgeben<lb/>
war. Auf diese Weise geht Roth in Grün,<lb/>
Gelb in Violet, Grün in Purpur, Blau in<lb/>
Orange, Schwarz in ein glänzendes Weiſs,<lb/>
Weiſs auf schwarzem Grunde in ein noch dunk-<lb/>
leres Schwarz über. Der Sehenerve erhält sich<lb/>
also nicht nur die Urbilder; er verwandelt auch<lb/>
ihre Farben nach gewissen Gesetzen. Betrachtet<lb/>
man ein Viereck von hohem Roth auf weiſsem<lb/>
Grunde noch anhaltender als im vorigen Ver-<lb/>
such, so entsteht auf demselben nach einiger<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Zeit</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#i">VI. Bd.</hi> N n</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[555/0577]
ducirt der Sehenerve die in ihm erregte Ver-
änderung blos durch eigene Thätigkeit. Er
scheint selbst jeden schwächern Eindruck so
lange festzuhalten, als die Zeit des Blinzens der
Augen beträgt; er würde sonst von dieser Be-
wegung im Sehen gestöhrt werden müssen z).
Sieht man einen Fleck von einer lebhaften
Farbe auf einem weiſsen Grunde lange und un-
verwandt an, so entsteht nach und nach um
denselben eine Krone von einer Farbe, welche
der des Flecks entgegengesetzt ist, und blickt
man hierauf von ihm weg auf den weiſsen
Grund, so erscheint auf diesem ein Fleck, der
mit dem erstern einerley Gröſse und Figur hat,
dessen Farbe aber die nämliche entgegengesetzte
ist, von welcher der erstere vorher umgeben
war. Auf diese Weise geht Roth in Grün,
Gelb in Violet, Grün in Purpur, Blau in
Orange, Schwarz in ein glänzendes Weiſs,
Weiſs auf schwarzem Grunde in ein noch dunk-
leres Schwarz über. Der Sehenerve erhält sich
also nicht nur die Urbilder; er verwandelt auch
ihre Farben nach gewissen Gesetzen. Betrachtet
man ein Viereck von hohem Roth auf weiſsem
Grunde noch anhaltender als im vorigen Ver-
such, so entsteht auf demselben nach einiger
Zeit
z) Purkinje’s Beytr. zur Kenntniſs des Sehens in sub-
jektiver Hinsicht. S. 166.
VI. Bd. N n
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/577>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.