Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.teriellen Wirken. In diesem herrscht um so Frägt l) Die obige Frage warf schon J. C. Scalicer auf,
der sich in seinen Exercitat. de subtilitate als den Vorgänger Stahl's zeigt, indem er die Seele zur wirkenden Ursache aller körperlichen Veränderun- gen macht, und, um die unbewussten und doch zweckmässigen Handlungen dieses Princips zu er- klären, zwischen Ratio und Ratiocinatio unterschei- det. Einen ähnlichen Unterschied nahm Stahl zwischen logos (Intellectus simplex, simplicium, imprimis autem subtilissimorum) und logismos (Ra- tiocinatio atque comparatio plurium et insuper qui- dem per crassissimas circumstantias sensibiles, vi- sibiles atque tangibiles notorum) an (Theoria me- dic. vera. p. 266.). Gegen diese dunkele Unterschei- dung lässt sich aber erinnern, dass von Vernunft (Ratio, logos) so wenig als von Urtheilen (Ratio- einatio, logismos) die Rede seyn kann, wo nicht Bewusstseyn zugegen ist, dass indess wohl eine von der Vernunft verschiedene, jedoch gemeinschaft- lich mit dieser wirkende Kraft unabhängig von der Vernunft Wirkungen hervorbringen kann, die den teriellen Wirken. In diesem herrscht um so Frägt l) Die obige Frage warf schon J. C. Scalicer auf,
der sich in seinen Exercitat. de subtilitate als den Vorgänger Stahl’s zeigt, indem er die Seele zur wirkenden Ursache aller körperlichen Veränderun- gen macht, und, um die unbewuſsten und doch zweckmäſsigen Handlungen dieses Princips zu er- klären, zwischen Ratio und Ratiocinatio unterschei- det. Einen ähnlichen Unterschied nahm Stahl zwischen λόγος (Intellectus simplex, simplicium, imprimis autem subtilissimorum) und λογισμὸς (Ra- tiocinatio atque comparatio plurium et insuper qui- dem per crassissimas circumstantias sensibiles, vi- sibiles atque tangibiles notorum) an (Theoria me- dic. vera. p. 266.). Gegen diese dunkele Unterschei- dung läſst sich aber erinnern, daſs von Vernunft (Ratio, λόγος) so wenig als von Urtheilen (Ratio- einatio, λογισμὸς) die Rede seyn kann, wo nicht Bewuſstseyn zugegen ist, daſs indeſs wohl eine von der Vernunft verschiedene, jedoch gemeinschaft- lich mit dieser wirkende Kraft unabhängig von der Vernunft Wirkungen hervorbringen kann, die den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0046" n="34"/> teriellen Wirken. In diesem herrscht um so<lb/> mehr Gleichförmigkeit und Beständigkeit, je viel-<lb/> seitiger jener Einfluſs ist, wie bey den höhern<lb/> Thieren. Die materiellen Produkte der bildenden<lb/> Kraft werden den Produkten der ungezügelten<lb/> Phantasie um so ähnlicher, je weniger Berüh-<lb/> rungspunkte sie mit den übrigen lebenden We-<lb/> sen hat, wie bey den Infusorien <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="l)">Die obige Frage warf schon J. C. <hi rendition="#k">Scalicer</hi> auf,<lb/> der sich in seinen Exercitat. de subtilitate als den<lb/> Vorgänger <hi rendition="#k">Stahl</hi>’s zeigt, indem er die Seele zur<lb/> wirkenden Ursache aller körperlichen Veränderun-<lb/> gen macht, und, um die unbewuſsten und doch<lb/> zweckmäſsigen Handlungen dieses Princips zu er-<lb/> klären, zwischen Ratio und Ratiocinatio unterschei-<lb/> det. Einen ähnlichen Unterschied nahm <hi rendition="#k">Stahl</hi><lb/> zwischen λόγος (Intellectus simplex, simplicium,<lb/> imprimis autem subtilissimorum) und λογισμὸς (Ra-<lb/> tiocinatio atque comparatio plurium et insuper qui-<lb/> dem per crassissimas circumstantias sensibiles, vi-<lb/> sibiles atque tangibiles notorum) an (Theoria me-<lb/> dic. vera. p. 266.). Gegen diese dunkele Unterschei-<lb/> dung läſst sich aber erinnern, daſs von Vernunft<lb/> (Ratio, λόγος) so wenig als von Urtheilen (Ratio-<lb/> einatio, λογισμὸς) die Rede seyn kann, wo nicht<lb/> Bewuſstseyn zugegen ist, daſs indeſs wohl eine<lb/> von der Vernunft verschiedene, jedoch gemeinschaft-<lb/> lich mit dieser wirkende Kraft unabhängig von<lb/> der Vernunft Wirkungen hervorbringen kann, die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den</fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Frägt</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0046]
teriellen Wirken. In diesem herrscht um so
mehr Gleichförmigkeit und Beständigkeit, je viel-
seitiger jener Einfluſs ist, wie bey den höhern
Thieren. Die materiellen Produkte der bildenden
Kraft werden den Produkten der ungezügelten
Phantasie um so ähnlicher, je weniger Berüh-
rungspunkte sie mit den übrigen lebenden We-
sen hat, wie bey den Infusorien l).
Frägt
l) Die obige Frage warf schon J. C. Scalicer auf,
der sich in seinen Exercitat. de subtilitate als den
Vorgänger Stahl’s zeigt, indem er die Seele zur
wirkenden Ursache aller körperlichen Veränderun-
gen macht, und, um die unbewuſsten und doch
zweckmäſsigen Handlungen dieses Princips zu er-
klären, zwischen Ratio und Ratiocinatio unterschei-
det. Einen ähnlichen Unterschied nahm Stahl
zwischen λόγος (Intellectus simplex, simplicium,
imprimis autem subtilissimorum) und λογισμὸς (Ra-
tiocinatio atque comparatio plurium et insuper qui-
dem per crassissimas circumstantias sensibiles, vi-
sibiles atque tangibiles notorum) an (Theoria me-
dic. vera. p. 266.). Gegen diese dunkele Unterschei-
dung läſst sich aber erinnern, daſs von Vernunft
(Ratio, λόγος) so wenig als von Urtheilen (Ratio-
einatio, λογισμὸς) die Rede seyn kann, wo nicht
Bewuſstseyn zugegen ist, daſs indeſs wohl eine
von der Vernunft verschiedene, jedoch gemeinschaft-
lich mit dieser wirkende Kraft unabhängig von
der Vernunft Wirkungen hervorbringen kann, die
den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |