pflanzung des Schalls durch den äussern Gehör- gang und regelmässigem Bau des Schädels, des Antlitzes u. s. w. der Schall einer Uhr nach Verstopfung der Ohren bey einigen Menschen nur von gewissen Stellen des Kopfs, bey andern von keiner aus vernommen wurde. Ein Taub- stummer hörte den Schlag einer Uhr, wenn diese die linke Seite seines Gesichts berührte, nicht aber, wenn man sie an die rechte Seite hielt. Ein Mann, der auf dem linken Ohre taub geworden war, hörte bey verstopftem rechten Ohr deutlich den Schlag bey Anlegung der Uhr an die rechte Wange; hingegen hörte er ihn kaum, wenn die linke Wange damit be- rührt wurde. Swan bemerkt mit Recht, dass, wäre hier der Schall blos mechanisch durch das Fleisch und die Knochen zum Ohr geleitet, die Verschiedenheit in der Leitung nicht so gross hätte seyn können, wie sie bey diesen Erfah- rungen war. Er nimmt aber, um die Ver- schiedenheit zu erklären, mit Unrecht zu der Annahme einer Verbindung des Antlitznerven mit dem Hörnerven seine Zuflucht. Die Lei- tung geschieht ohne Widerrede durch Nerven- verbindungen zum Antlitznerven. Es ist aber hinreichend, vorauszusetzen, dass die von dem Schall bewirkte Reitzung des letztern sich auf die Nerven der Muskeln des innern Ohrs fort- pflanzt, und dass diese Muskeln, hierdurch auf-
geregt,
pflanzung des Schalls durch den äuſsern Gehör- gang und regelmäſsigem Bau des Schädels, des Antlitzes u. s. w. der Schall einer Uhr nach Verstopfung der Ohren bey einigen Menschen nur von gewissen Stellen des Kopfs, bey andern von keiner aus vernommen wurde. Ein Taub- stummer hörte den Schlag einer Uhr, wenn diese die linke Seite seines Gesichts berührte, nicht aber, wenn man sie an die rechte Seite hielt. Ein Mann, der auf dem linken Ohre taub geworden war, hörte bey verstopftem rechten Ohr deutlich den Schlag bey Anlegung der Uhr an die rechte Wange; hingegen hörte er ihn kaum, wenn die linke Wange damit be- rührt wurde. Swan bemerkt mit Recht, daſs, wäre hier der Schall blos mechanisch durch das Fleisch und die Knochen zum Ohr geleitet, die Verschiedenheit in der Leitung nicht so groſs hätte seyn können, wie sie bey diesen Erfah- rungen war. Er nimmt aber, um die Ver- schiedenheit zu erklären, mit Unrecht zu der Annahme einer Verbindung des Antlitznerven mit dem Hörnerven seine Zuflucht. Die Lei- tung geschieht ohne Widerrede durch Nerven- verbindungen zum Antlitznerven. Es ist aber hinreichend, vorauszusetzen, daſs die von dem Schall bewirkte Reitzung des letztern sich auf die Nerven der Muskeln des innern Ohrs fort- pflanzt, und daſs diese Muskeln, hierdurch auf-
geregt,
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pflanzung des Schalls durch den äuſsern Gehör-
gang und regelmäſsigem Bau des Schädels, des
Antlitzes u. s. w. der Schall einer Uhr nach
Verstopfung der Ohren bey einigen Menschen
nur von gewissen Stellen des Kopfs, bey andern
von keiner aus vernommen wurde. Ein Taub-
stummer hörte den Schlag einer Uhr, wenn
diese die linke Seite seines Gesichts berührte,
nicht aber, wenn man sie an die rechte Seite
hielt. Ein Mann, der auf dem linken Ohre
taub geworden war, hörte bey verstopftem
rechten Ohr deutlich den Schlag bey Anlegung
der Uhr an die rechte Wange; hingegen hörte
er ihn kaum, wenn die linke Wange damit be-
rührt wurde. Swan bemerkt mit Recht, daſs,
wäre hier der Schall blos mechanisch durch das
Fleisch und die Knochen zum Ohr geleitet, die
Verschiedenheit in der Leitung nicht so groſs
hätte seyn können, wie sie bey diesen Erfah-
rungen war. Er nimmt aber, um die Ver-
schiedenheit zu erklären, mit Unrecht zu der
Annahme einer Verbindung des Antlitznerven
mit dem Hörnerven seine Zuflucht. Die Lei-
tung geschieht ohne Widerrede durch Nerven-
verbindungen zum Antlitznerven. Es ist aber
hinreichend, vorauszusetzen, daſs die von dem
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/411>, abgerufen am 22.11.2024.
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