hängt, nämlich der, ob die Thiere, welche Kunst- triebe besitzen, die Werke, die sie hervorbrin- gen, auszuführen vermöchten, wenn nicht ein Bild ihres Kunstprodukts mit dem Erwachen des Triebes in ihnen aufstiege und ihnen bey ihrer Arbeit vorschwebte? Entweder wir müssen auf jede Erklärung der thierischen Kunstprodukte Verzicht thun, oder wir müssen sie aus diesem Gesichtspunkte betrachten. Entsteht denn auch auf andere Weise das Werk des Künstlers? Und ist es nicht erlaubt, aus Aehnlichkeit in allen Aeusserungen auf eine analoge Ursache zu schliessen? Mit Recht sagte ein Denker, der die Selbstthätigkeit des Princips alles lebendigen Daseyns erkannt hatte: selbst das Regen eines Wurms, dessen dumpfe Lust und Unlust, könn- ten nicht entstehen ohne eine, nach den Gesetzen seines Lebensprincips verknüpfende, die Vorstel- lung seines Zustandes erzeugende Einbildungs- kraft m). Zwischen dem thierischen Kunsttrieb und der schaffenden Kraft des Künstlers bleibt doch darum ein sehr weiter Abstand. Jener wirkt unwillkührlich, erschöpft sich an einem einzigen Produkt, welches für alle gleichartige Individuen stets das nämliche ist, und vollbringt nur das Zweckmässige. Diese kann der Wille wecken und lenken; ihre Wirkungen sind dauernd und der mannichfaltigsten Richtungen fähig, und
in
m)Jaconi an Fichte S. 61.
hängt, nämlich der, ob die Thiere, welche Kunst- triebe besitzen, die Werke, die sie hervorbrin- gen, auszuführen vermöchten, wenn nicht ein Bild ihres Kunstprodukts mit dem Erwachen des Triebes in ihnen aufstiege und ihnen bey ihrer Arbeit vorschwebte? Entweder wir müssen auf jede Erklärung der thierischen Kunstprodukte Verzicht thun, oder wir müssen sie aus diesem Gesichtspunkte betrachten. Entsteht denn auch auf andere Weise das Werk des Künstlers? Und ist es nicht erlaubt, aus Aehnlichkeit in allen Aeuſserungen auf eine analoge Ursache zu schlieſsen? Mit Recht sagte ein Denker, der die Selbstthätigkeit des Princips alles lebendigen Daseyns erkannt hatte: selbst das Regen eines Wurms, dessen dumpfe Lust und Unlust, könn- ten nicht entstehen ohne eine, nach den Gesetzen seines Lebensprincips verknüpfende, die Vorstel- lung seines Zustandes erzeugende Einbildungs- kraft m). Zwischen dem thierischen Kunsttrieb und der schaffenden Kraft des Künstlers bleibt doch darum ein sehr weiter Abstand. Jener wirkt unwillkührlich, erschöpft sich an einem einzigen Produkt, welches für alle gleichartige Individuen stets das nämliche ist, und vollbringt nur das Zweckmäſsige. Diese kann der Wille wecken und lenken; ihre Wirkungen sind dauernd und der mannichfaltigsten Richtungen fähig, und
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m)Jaconi an Fichte S. 61.
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hängt, nämlich der, ob die Thiere, welche Kunst-
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Bild ihres Kunstprodukts mit dem Erwachen des
Triebes in ihnen aufstiege und ihnen bey ihrer
Arbeit vorschwebte? Entweder wir müssen auf
jede Erklärung der thierischen Kunstprodukte
Verzicht thun, oder wir müssen sie aus diesem
Gesichtspunkte betrachten. Entsteht denn auch
auf andere Weise das Werk des Künstlers? Und
ist es nicht erlaubt, aus Aehnlichkeit in allen
Aeuſserungen auf eine analoge Ursache zu
schlieſsen? Mit Recht sagte ein Denker, der
die Selbstthätigkeit des Princips alles lebendigen
Daseyns erkannt hatte: selbst das Regen eines
Wurms, dessen dumpfe Lust und Unlust, könn-
ten nicht entstehen ohne eine, nach den Gesetzen
seines Lebensprincips verknüpfende, die Vorstel-
lung seines Zustandes erzeugende Einbildungs-
kraft m). Zwischen dem thierischen Kunsttrieb
und der schaffenden Kraft des Künstlers bleibt
doch darum ein sehr weiter Abstand. Jener
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einzigen Produkt, welches für alle gleichartige
Individuen stets das nämliche ist, und vollbringt
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/26>, abgerufen am 11.12.2024.
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