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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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Schleimhaut der Zunge und der einsaugenden
Haut des dünnen Darms eine grosse Ueberein-
stimmung statt, wie sich vorzüglich bey meh-
rern Amphibien zeigt, wo die Zunge statt der
Wärzchen mit einem ähnlichen Netzwerk, wie
die innere Wand des dünnen Darms statt der
Zotten, besetzt ist. Die Zungenwärzchen dienen
also als einsaugende Organe dem Geschmack.
Sie sind aber darum nicht eigentliches, oder
wenigstens nicht erstes Geschmackswerkzeug.

Eine zweyte Eigenthümlichkeit, worin viel-
leicht der unterscheidende Charakter der Zunge
als Geschmacksorgans zu finden wäre, sind die
Nerven derselben. Bey dem Menschen und den
verwandten Thieren erhält sie diese von drey
verschiedenen Paaren der Hirnnerven: vom
fünften Paar, von den Zungenschlundkopf- und
den Zungenfleischnerven. Der gewöhnlichen,
schon von Galen p), Vesal q) und Vieus-
sens
r) vertheidigten Meinung nach, hängt der
Geschmack von dem Unterkinnladenzweig des
Trigeminus, die willkührliche Bewegung und
das Tastvermögen der Zunge aber von den
Nerven des neunten und zwölften Paars ab.

Wil-
p) De usu partium. L. IX. C. 13.
q) Opp. anat. p. 807.
r) Neurographia. p. 173.

Schleimhaut der Zunge und der einsaugenden
Haut des dünnen Darms eine groſse Ueberein-
stimmung statt, wie sich vorzüglich bey meh-
rern Amphibien zeigt, wo die Zunge statt der
Wärzchen mit einem ähnlichen Netzwerk, wie
die innere Wand des dünnen Darms statt der
Zotten, besetzt ist. Die Zungenwärzchen dienen
also als einsaugende Organe dem Geschmack.
Sie sind aber darum nicht eigentliches, oder
wenigstens nicht erstes Geschmackswerkzeug.

Eine zweyte Eigenthümlichkeit, worin viel-
leicht der unterscheidende Charakter der Zunge
als Geschmacksorgans zu finden wäre, sind die
Nerven derselben. Bey dem Menschen und den
verwandten Thieren erhält sie diese von drey
verschiedenen Paaren der Hirnnerven: vom
fünften Paar, von den Zungenschlundkopf- und
den Zungenfleischnerven. Der gewöhnlichen,
schon von Galen p), Vesal q) und Vieus-
sens
r) vertheidigten Meinung nach, hängt der
Geschmack von dem Unterkinnladenzweig des
Trigeminus, die willkührliche Bewegung und
das Tastvermögen der Zunge aber von den
Nerven des neunten und zwölften Paars ab.

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p) De usu partium. L. IX. C. 13.
q) Opp. anat. p. 807.
r) Neurographia. p. 173.
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[232/0250] Schleimhaut der Zunge und der einsaugenden Haut des dünnen Darms eine groſse Ueberein- stimmung statt, wie sich vorzüglich bey meh- rern Amphibien zeigt, wo die Zunge statt der Wärzchen mit einem ähnlichen Netzwerk, wie die innere Wand des dünnen Darms statt der Zotten, besetzt ist. Die Zungenwärzchen dienen also als einsaugende Organe dem Geschmack. Sie sind aber darum nicht eigentliches, oder wenigstens nicht erstes Geschmackswerkzeug. Eine zweyte Eigenthümlichkeit, worin viel- leicht der unterscheidende Charakter der Zunge als Geschmacksorgans zu finden wäre, sind die Nerven derselben. Bey dem Menschen und den verwandten Thieren erhält sie diese von drey verschiedenen Paaren der Hirnnerven: vom fünften Paar, von den Zungenschlundkopf- und den Zungenfleischnerven. Der gewöhnlichen, schon von Galen p), Vesal q) und Vieus- sens r) vertheidigten Meinung nach, hängt der Geschmack von dem Unterkinnladenzweig des Trigeminus, die willkührliche Bewegung und das Tastvermögen der Zunge aber von den Nerven des neunten und zwölften Paars ab. Wil- p) De usu partium. L. IX. C. 13. q) Opp. anat. p. 807. r) Neurographia. p. 173.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/250>, abgerufen am 16.07.2024.