Papille umbiegt und zur Basis der letztern zu- rückkehrt; dass die Arterien der einfachen Fäden, woraus die pilz- und kegelförmigen Wärzchen bestehen, mehr geschlängelte Bogen als die der kegelförmigen machen, und dass die abgestumpften Wärzchen nicht aus einfachen Fäden zusammengesetzt scheinen. Mehr als dies sahe Keiner, dessen Aussage von Gewicht ist. Aber eben dies und weiter nichts fand man auch in den Nervenwärzchen der Haut. Man hat also eben so viel für sich, die Zungen- wärzchen für Tastorgane anzusehen, als den Sitz des Geschmacks in ihnen anzunehmen.
Erwägt man alle Umstände näher, so er- scheint am wahrscheinlichsten, dass, wie Per- raulto) schon vermuthete, die Zungenwärz- chen nur zur Erhöhung des Geschmackssinns beytragen, ohne nothwendige Bedingung dessel- ben zu seyn, und dass sie sich im Allgemeinen mehr auf das Getast als auf den Geruch be- ziehen. Zur gehörigen Zermalmung der Spei- sen, zur Unterscheidung des Zermalmten von dem Ungekäuten, und zur Verhütung des Ver- schluckens von Substanzen, die den Verdau- ungsorganen auf mechanische Art nachtheilig seyn könnten, war dem Menschen und solchen Thieren, deren Magen keine bedeutende reibende
Kraft
o) Oeuvres de Phys. et de Mechan. p. 555.
Papille umbiegt und zur Basis der letztern zu- rückkehrt; daſs die Arterien der einfachen Fäden, woraus die pilz- und kegelförmigen Wärzchen bestehen, mehr geschlängelte Bogen als die der kegelförmigen machen, und daſs die abgestumpften Wärzchen nicht aus einfachen Fäden zusammengesetzt scheinen. Mehr als dies sahe Keiner, dessen Aussage von Gewicht ist. Aber eben dies und weiter nichts fand man auch in den Nervenwärzchen der Haut. Man hat also eben so viel für sich, die Zungen- wärzchen für Tastorgane anzusehen, als den Sitz des Geschmacks in ihnen anzunehmen.
Erwägt man alle Umstände näher, so er- scheint am wahrscheinlichsten, daſs, wie Per- raulto) schon vermuthete, die Zungenwärz- chen nur zur Erhöhung des Geschmackssinns beytragen, ohne nothwendige Bedingung dessel- ben zu seyn, und daſs sie sich im Allgemeinen mehr auf das Getast als auf den Geruch be- ziehen. Zur gehörigen Zermalmung der Spei- sen, zur Unterscheidung des Zermalmten von dem Ungekäuten, und zur Verhütung des Ver- schluckens von Substanzen, die den Verdau- ungsorganen auf mechanische Art nachtheilig seyn könnten, war dem Menschen und solchen Thieren, deren Magen keine bedeutende reibende
Kraft
o) Oeuvres de Phys. et de Mechan. p. 555.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0248"n="230"/>
Papille umbiegt und zur Basis der letztern zu-<lb/>
rückkehrt; daſs die Arterien der einfachen<lb/>
Fäden, woraus die pilz- und kegelförmigen<lb/>
Wärzchen bestehen, mehr geschlängelte Bogen<lb/>
als die der kegelförmigen machen, und daſs die<lb/>
abgestumpften Wärzchen nicht aus einfachen<lb/>
Fäden zusammengesetzt scheinen. Mehr als dies<lb/>
sahe Keiner, dessen Aussage von Gewicht ist.<lb/>
Aber eben dies und weiter nichts fand man<lb/>
auch in den Nervenwärzchen der Haut. Man<lb/>
hat also eben so viel für sich, die Zungen-<lb/>
wärzchen für Tastorgane anzusehen, als den<lb/>
Sitz des Geschmacks in ihnen anzunehmen.</p><lb/><p>Erwägt man alle Umstände näher, so er-<lb/>
scheint am wahrscheinlichsten, daſs, wie <hirendition="#k">Per-<lb/>
rault</hi><noteplace="foot"n="o)">Oeuvres de Phys. et de Mechan. p. 555.</note> schon vermuthete, die Zungenwärz-<lb/>
chen nur zur Erhöhung des Geschmackssinns<lb/>
beytragen, ohne nothwendige Bedingung dessel-<lb/>
ben zu seyn, und daſs sie sich im Allgemeinen<lb/>
mehr auf das Getast als auf den Geruch be-<lb/>
ziehen. Zur gehörigen Zermalmung der Spei-<lb/>
sen, zur Unterscheidung des Zermalmten von<lb/>
dem Ungekäuten, und zur Verhütung des Ver-<lb/>
schluckens von Substanzen, die den Verdau-<lb/>
ungsorganen auf mechanische Art nachtheilig<lb/>
seyn könnten, war dem Menschen und solchen<lb/>
Thieren, deren Magen keine bedeutende reibende<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Kraft</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[230/0248]
Papille umbiegt und zur Basis der letztern zu-
rückkehrt; daſs die Arterien der einfachen
Fäden, woraus die pilz- und kegelförmigen
Wärzchen bestehen, mehr geschlängelte Bogen
als die der kegelförmigen machen, und daſs die
abgestumpften Wärzchen nicht aus einfachen
Fäden zusammengesetzt scheinen. Mehr als dies
sahe Keiner, dessen Aussage von Gewicht ist.
Aber eben dies und weiter nichts fand man
auch in den Nervenwärzchen der Haut. Man
hat also eben so viel für sich, die Zungen-
wärzchen für Tastorgane anzusehen, als den
Sitz des Geschmacks in ihnen anzunehmen.
Erwägt man alle Umstände näher, so er-
scheint am wahrscheinlichsten, daſs, wie Per-
rault o) schon vermuthete, die Zungenwärz-
chen nur zur Erhöhung des Geschmackssinns
beytragen, ohne nothwendige Bedingung dessel-
ben zu seyn, und daſs sie sich im Allgemeinen
mehr auf das Getast als auf den Geruch be-
ziehen. Zur gehörigen Zermalmung der Spei-
sen, zur Unterscheidung des Zermalmten von
dem Ungekäuten, und zur Verhütung des Ver-
schluckens von Substanzen, die den Verdau-
ungsorganen auf mechanische Art nachtheilig
seyn könnten, war dem Menschen und solchen
Thieren, deren Magen keine bedeutende reibende
Kraft
o) Oeuvres de Phys. et de Mechan. p. 555.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/248>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.