Eine ähnliche höhere Ausbildung für ein- zelne Zwecke fehlt jedoch auch nicht bey den übrigen Sinneswerkzeugen. Die Vögel z. B. besitzen in ihrem Auge den schwarzen Fächer, ein Organ, vermittelst welchem sie von ihrem Gesichtswerkzeug unter Umständen Gebrauch machen können, worunter der Mensch und die Säugthiere am Sehen verhindert sind, und man- che Grätenfische haben, bey allen übrigen Unvollkommenheiten ihrer Gehörswerkzeuge, doch verhältnissmässig grössere halbcirkelförmige Canäle als die höhern Thiere und, nach We- ber's Entdeckung, auch Gehörknöchelchen. Es lässt sich deswegen so wenig in Betreff der Sinnesorgane, als in Hinsicht auf alle übrige organische Systeme, eine gleichmässige und un- unterbrochene Stufenfolge im Thierreiche ange- ben. Der Unterbrechungen einer solchen Reihe und der Abweichungen von derselben werden desto mehrere und desto grössere, je mehr man nicht nur den Grad der körperlichen Ausbil- dung des Sinnesorgans, sondern auch die Funk- tionen desselben in Anschlag bringt. Die letz- tern hängen eben so sehr von dem Grade der Empfänglichkeit des Sinnesnerven für äussere Eindrücke, als von der Entwickelungsstufe der Theile ab, worin sich der Nerve ausbreitet, und sie sind ausserdem noch durch die Stufe der geistigen Kräfte des Thiers bedingt. Der
Mensch
Eine ähnliche höhere Ausbildung für ein- zelne Zwecke fehlt jedoch auch nicht bey den übrigen Sinneswerkzeugen. Die Vögel z. B. besitzen in ihrem Auge den schwarzen Fächer, ein Organ, vermittelst welchem sie von ihrem Gesichtswerkzeug unter Umständen Gebrauch machen können, worunter der Mensch und die Säugthiere am Sehen verhindert sind, und man- che Grätenfische haben, bey allen übrigen Unvollkommenheiten ihrer Gehörswerkzeuge, doch verhältniſsmäſsig gröſsere halbcirkelförmige Canäle als die höhern Thiere und, nach We- ber’s Entdeckung, auch Gehörknöchelchen. Es läſst sich deswegen so wenig in Betreff der Sinnesorgane, als in Hinsicht auf alle übrige organische Systeme, eine gleichmäſsige und un- unterbrochene Stufenfolge im Thierreiche ange- ben. Der Unterbrechungen einer solchen Reihe und der Abweichungen von derselben werden desto mehrere und desto gröſsere, je mehr man nicht nur den Grad der körperlichen Ausbil- dung des Sinnesorgans, sondern auch die Funk- tionen desselben in Anschlag bringt. Die letz- tern hängen eben so sehr von dem Grade der Empfänglichkeit des Sinnesnerven für äuſsere Eindrücke, als von der Entwickelungsstufe der Theile ab, worin sich der Nerve ausbreitet, und sie sind auſserdem noch durch die Stufe der geistigen Kräfte des Thiers bedingt. Der
Mensch
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Eine ähnliche höhere Ausbildung für ein-
zelne Zwecke fehlt jedoch auch nicht bey den
übrigen Sinneswerkzeugen. Die Vögel z. B.
besitzen in ihrem Auge den schwarzen Fächer,
ein Organ, vermittelst welchem sie von ihrem
Gesichtswerkzeug unter Umständen Gebrauch
machen können, worunter der Mensch und die
Säugthiere am Sehen verhindert sind, und man-
che Grätenfische haben, bey allen übrigen
Unvollkommenheiten ihrer Gehörswerkzeuge,
doch verhältniſsmäſsig gröſsere halbcirkelförmige
Canäle als die höhern Thiere und, nach We-
ber’s Entdeckung, auch Gehörknöchelchen. Es
läſst sich deswegen so wenig in Betreff der
Sinnesorgane, als in Hinsicht auf alle übrige
organische Systeme, eine gleichmäſsige und un-
unterbrochene Stufenfolge im Thierreiche ange-
ben. Der Unterbrechungen einer solchen Reihe
und der Abweichungen von derselben werden
desto mehrere und desto gröſsere, je mehr man
nicht nur den Grad der körperlichen Ausbil-
dung des Sinnesorgans, sondern auch die Funk-
tionen desselben in Anschlag bringt. Die letz-
tern hängen eben so sehr von dem Grade der
Empfänglichkeit des Sinnesnerven für äuſsere
Eindrücke, als von der Entwickelungsstufe der
Theile ab, worin sich der Nerve ausbreitet,
und sie sind auſserdem noch durch die Stufe
der geistigen Kräfte des Thiers bedingt. Der
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/217>, abgerufen am 26.11.2024.
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